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Das silberne Zeichen (German Edition)

Das silberne Zeichen (German Edition)

Titel: Das silberne Zeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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dieses Rattenloch von Gefängniszelle. Und vor den Schöffen hatte er wenigstens die Möglichkeit, sich zu verteidigen.
    Bevor der Wächter die Zellentür wieder verschloss, konnte Christoph noch sehen, wie einer der beiden Steinchenspieler es sich mit einem Grunzen auf seiner Grasmatte bequem machte und ihm schadenfroh zugrinste.
    Der Weg vom Grashaus zur Acht war kurz, dennoch liefen einige Schaulustige zusammen, als sie des Büttels und des mit Ketten gefesselten Mannes ansichtig wurden. Rufe wurden laut, einige fragend, andere verwundert. Zu erkennen schien ihn bislang niemand, bemerkte Christoph mit Erleichterung. Seine Zunftkleider hoben sich doch sehr von dem Habit ab, das er im Herbst getragen hatte. Als Ablasskrämer war er da schon nicht mehr in Erscheinung getreten. Es stand durchaus zu hoffen, dass zumindest der Großteil der Aachener Bürger keinerlei Verdacht schöpfte, es sei denn, die Verwechslung sprach sich herum.
    Er senkte den Kopf und drehte ihn so, dass man sein Gesicht nicht leicht erkennen konnte. Dabei fiel sein Blick auf den alten Amalrich, der nur wenige Schritte von ihm entfernt stand und sich in Bewegung setzte, als er sicher war, dass Christoph ihn erkannt hatte.
    «Gottes Segen über den armen Sünder», krächzte Amalrich und kam noch etwas näher, um – scheinbar segnend – Christoph am Ärmel zu berühren. «Möge die Gottesmutter mit dir sein.»
    «He, weg da, Alter», schimpfte der Büttel, dann erkannte er den Bettler. «Ach, du bist es, Amalrich. Geh zur Seite, behindere mich nicht. Ich muss den Mann hier vor das Schöffengericht bringen.»
    «Ja doch.» Amalrich verbeugte sich tief, blieb jedoch an Christophs Seite. «Aber es wird wohl erlaubt sein, ein Gebet für den Unglücklichen zu sprechen.»
    «Tu, was du nicht lassen kannst.» Abfällig zuckte der Büttel mit den Achseln. «Aber sein Unglück hat sich der Kerl selbst zuzuschreiben. Mit dem brauchst du kein Mitleid zu haben.»
    «O doch, Mitgefühl gehört einem jeden Sünder», dozierte Amalrich und lächelte milde. «Kommt, guter Mann», wandte er sich an Christoph. «Stimmt in mein kleines Gebet zur Gottesgebärerin ein. Das wird Eure Seele erleichtern.»
    Inzwischen hatten sie die Acht erreicht. Der Büttel übergab die Kette, an die Christoph gefesselt war, einem Gerichtsdiener, dem daraufhin ein weiterer Mann zu Hilfe eilte. Sie bewachten Christoph, während der Büttel seine Ankunft im Schöffensaal bekannt gab.
    Amalrich schob sich dicht neben Christoph und faltete die Hände. Leise murmelte er die Worte eines Gebets und blickte Christoph dabei auffordernd in die Augen. Dieser stimmte daraufhin ebenso leise in die Litanei ein, bis der Büttel wieder aus der Acht kam.
    «Los jetzt, hinein mit Euch», forderte er Christoph auf.
    «Wartet!», mischte Amalrich sich ein. «Der Mann muss noch seine Fürbitte aussprechen. Ihr wollt ihm doch nicht das Gebet verwehren, oder?»
    «Verflixt, dann aber schnell», brummte der Büttel und verschränkte die Arme vor der Brust. «Macht schon!»
    Christoph und Amalrich sahen einander kurz an, dann murmelte Christoph halblaut: «Ich bitte die Gottesmutter Maria demütig um Hilfe. Gebe sie, dass meine Verlobte wohlauf ist, und noch mehr, dass der Bote, den sie nach Frankfurt geschickt hat, unversehrt und heil wieder nach Aachen zurückkehrt.»
    «Amen», sagte Amalrich. «Ich wünsche Euch Glück, Meister Schreinemaker.» Im nächsten Augenblick war er verschwunden. Der Büttel brummte etwas Unverständliches. «Der Alte ist wirklich ein bisschen verrückt. Läuft herum und segnet die Schurken, anstatt sich an die wohlgefälligen Christenmenschen zu halten. Kommt jetzt!» Er zerrte an Christophs Handschellen und brachte ihn in den großen Schöffensaal.
***
    «Nichts zu machen.» Verärgert ging Bardolf wieder einmal in Marysas Stube auf und ab. «Die Schöffen wollten mir keine Auskunft geben. Offenbar hat sich das Stiftsgericht eingemischt, und bevor nicht geklärt ist, wer die Zuständigkeit in Christophs Fall hat, darf niemand für ihn sprechen, geschweige denn bürgen.»
    Marysa hatte sich auf die Bank gesetzt und sah Imela und Geruscha dabei zu, wie diese den Tisch für das Mittagsmahl deckten. Bei Bardolfs letztem Satz stand sie auf. «Der Domherr van Oenne will die Sache in die Hand nehmen», erklärte sie. «Er versucht, diesen Dominikaner als Inquisitor einzusetzen, der vergangenes Jahr die Stelle des verstorbenen Dombaumeisters übernommen hat. Weißt du noch? Er hat

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