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Das silberne Zeichen (German Edition)

Das silberne Zeichen (German Edition)

Titel: Das silberne Zeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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lernte das Tischlerhandwerk», fuhr Marysa fort. Sie versuchte sich so genau wie möglich daran zu erinnern, was Christoph ihr im Herbst über seine Vergangenheit und seine Familie erzählt hatte. «Sein Vater war ein angesehener Zunftmeister, jedoch pflegte er auch eine Freundschaft zu einem jüdischen Kaufmann. Dies sahen die Frankfurter nicht gerne. Eines Tages schlossen sich einige Leute zusammen und legten in ihrem Zorn auf den Tischler Feuer in dessen Werkstatt. Er und seine Frau kamen in den Flammen um; Christoph überlebte als Einziger. Wenig später schloss er sich als Novize ebenfalls den Dominikanern an.»
    «Er trat in den Konvent ein?»
    «Er hat nie das Gelübde abgelegt. Soweit ich weiß, ist er eines Tages seinem Lehrmeister davongelaufen, um … wieder als Tischler zu arbeiten.»
    «Das hätte er im Konvent auch tun können», gab van Oenne zu bedenken, winkte aber sogleich ab. «Nicht jeder Mann ist für dieses Leben geschaffen. Er verdingte sich also als Geselle?»
    «Soweit ich weiß, ja. Er sagte, in der Tasche mit seinen Urkunden hätten sich auch Briefe von Personen befunden, für die er einst gearbeitet hat.»
    «Briefe?» Fragend blickte der Domherr sie an.
    Marysa zuckte mit den Schultern. «Dankesbriefe. So sagte er wenigstens.»
    Um van Oennes Mundwinkel zuckte es kurz. «Mir scheint, Euer Verlobter und sein Bruder haben weit mehr gemein als nur dieselben Gesichtszüge.»
    Erschrocken hob Marysa den Kopf. «Wie meint Ihr das?»
    «Nun, soweit ich diesen Bruder Christophorus kennengelernt habe, hatte ich immer den Eindruck, dass er über ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein verfügte. Offenbar liegt das in der Familie.» Nun lächelte er tatsächlich. «Wie habt Ihr Christoph Schreinemaker kennengelernt?»
    Marysa zögerte kurz. Sie hatte mit Christoph bisher nicht besprochen, was sie auf diese Frage antworten sollte. Ihr war klar, dass der Domherr sie nicht ohne Hintergedanken dieser Befragung unterzog. Vermutlich würde er ihre Antworten mit denen vergleichen, die man Christoph vor den Schöffen entlockte. Sie konnte nur hoffen, dass sie das Richtige tat.
    «Ihr wisst, dass der Auftrag, den Johann Scheiffart», sie bekreuzigte sich, «mir im vergangenen Herbst gab, für meine Werkstatt eine große Herausforderung war. Mit nur zwei Gesellen hätte ich das nicht schaffen können. Bruder Christophorus weilte zu jener Zeit in Aachen, wie Ihr ja wisst. Er hat einst meinem Bruder auf dem Sterbebett gelobt, sich um mich zu kümmern. Und als er von den Reliquienschreinen hörte, die wir anfertigen sollten, sah er eine Möglichkeit, mir zu helfen. Er schickte seinem Bruder eine Nachricht und bat ihn, ebenfalls hierherzukommen.»
    «Was er dann auch tat», folgerte van Oenne. Er wandte sich um und machte eine unauffällige Handbewegung. Erst jetzt wurde Marysa bewusst, dass Bruder Weiland sich ebenfalls im Raum aufhielt. Er saß still in einer Ecke und schien alles, was sie bisher gesprochen hatten, mitgeschrieben zu haben. Van Oenne sprach weiter: «Ihr habt den Schreinemaker nicht bei der Zunft angemeldet.»
    Marysa biss sich auf die Lippen. «Nein, zunächst nicht. Ich konnte ja nicht wissen, ob er als Handwerker den Ansprüchen genügte, die ich stellen musste, um den Auftrag des Marienstifts ausführen zu können.» Sie hielt inne, denn plötzlich war ihr eine Idee gekommen. Sie faltete ihre Hände und blickte verlegen zu dem Domherrn auf, der, mittlerweile an sein Pult gelehnt, vor ihr stand. «Und dann, nun ja, wisst Ihr …» Sie verhaspelte sich und hoffte, er würde ihr das Zaudern abnehmen. «Als ich Christoph begegnete … also … Es war nicht ganz einfach …»
    Van Oenne beugte sich mit einem verständnisvollen Lächeln ein wenig vor und gab gleichzeitig seinem Schreiber erneut ein Handzeichen. «Es bestand also von Beginn an eine … sagen wir, eine Anziehung zwischen Euch? Ihr wolltet die Sache nicht an die große Glocke hängen, das ist verständlich. Nun ja, immerhin handelte der Schreinemaker ehrenhaft und bat um Eure Hand.»
    Marysa atmete erleichtert aus. «Ja, das tat er. Und danach habe ich auch sofort die Zunft verständigt.» Vorsichtig drehte sie sich zu Bruder Weiland um, der aufmerksam zuhörte. Marysa konnte sehen, dass die Wachstafel auf seinem Schoß bereits dicht beschrieben war. Fragend blickte sie den Domherrn an.
    «Keine Angst, Frau Marysa», beeilte er sich zu sagen. «Delikate Einzelheiten wird Bruder Weiland in seiner Niederschrift auslassen. Verzeiht,

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