Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das silberne Zeichen (German Edition)

Das silberne Zeichen (German Edition)

Titel: Das silberne Zeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
sich nur als Baumeister ausgegeben. In Wahrheit ist er ein Gefolgsmann des Erzbischofs von Köln und soll mit Dietrich von Moers verwandt sein.»
    Bardolf blieb vor ihr stehen und runzelte die Stirn. «Was man so hört, soll es Erzbischof Friedrich nicht gutgehen. Man munkelt, er liege sogar schon auf den Tod. Dietrich hat die besten Aussichten, sein Nachfolger zu werden.»
    Marysa nickte. «Darum ging es ja damals, weißt du nicht mehr? Wilhelm von Berg hat versucht, Dietrich auszustechen und …» Sie stockte. «Egal. Jedenfalls ist dieser Jacobus von Moers ein angesehener Mann.»
    «Das mag ja sein.» Bardolf machte ein skeptisches Gesicht. «Kann man ihm trauen? Er hat Christoph damals gesehen. Wenn er ein so guter und angesehener Inquisitor ist, wird er sicher nicht so leicht auf Christophs Possenspiel hereinfallen.»
    Verärgert funkelte Marysa ihren Stiefvater an. «Es ist kein Possenspiel!» Sie wandte sich ab. «Zumindest nicht so, wie alle glauben. Du weißt, dass Christoph seine Herkunft nachweisen kann.»
    «Bisher habe ich nicht eine seiner Urkunden gesehen», gab Bardolf zu bedenken. Bevor Marysa erneut protestieren konnte, hob er rasch die Hände. «Schon gut, reg dich nicht auf. Wenn ich ihm nicht trauen würde, hätte ich ihm schon vergangenen Herbst den Hals umgedreht. Aber du musst zugeben, dass diese ganze Angelegenheit nicht eben dazu angetan ist, das Vertrauen der Aachener Schöffen oder gar des Stiftsgerichts zu gewinnen.»
    «Der Domherr hat gesagt, dass sie Christoph Zeit geben werden, bis die neuen Urkunden hier sind.»
    «Wollen wir hoffen, dass es so ist», brummelte Bardolf. «Ich muss in meine Werkstatt zurückkehren. Schließlich habe ich noch eine Arbeit zu verrichten und Kunden, die auf mich warten.»
    «Ich weiß, Bardolf.» Marysa umarmte ihn kurz. «Ich danke dir, dass du dir die Mühe gemacht hast, zur Acht zu gehen.»
    «Viel herausgekommen ist ja nicht dabei.»
    «Trotzdem. Ich wüsste nicht, was ich ohne deine Hilfe tun sollte.» Marysa lächelte tapfer. «Grüß Mutter und Éliás von mir.»
    «Das werde ich.» Bardolf drückte noch einmal kurz ihre Hand und verließ dann die Stube.
    Einen Augenblick später streckte Geruscha den Kopf durch den Türspalt. «Herrin, sollen wir jetzt das Essen auftragen?»
    «Ja bitte. Und dann sagt den Gesellen Bescheid und den Knechten.»
    «Milo und Jaromir warten schon in der Küche», sagte Geruscha mit einem verstohlenen Lächeln. «Die beiden scheinen ziemlichen Hunger zu haben.»
    «Milo ist ein Fass ohne Boden», antwortete Marysa erheitert. «Dann schick sie herein. Ich will nicht, dass mein Gesinde verhungert.» Geruscha war wirklich sehr still, ruhiger und zurückhaltender noch als Imela. Soweit Marysa bisher sehen konnte, war sie fleißig und folgsam. Auch das Nachtwandeln hatte sich anscheinend nicht wiederholt.
    Wenigstens eine gute Tat, dachte Marysa, die ihr beim Jüngsten Gericht zu ihren Gunsten angerechnet werden würde. Wie sich das Lügengespinst, das sie mit Christoph verband, auswirken würde, darüber dachte sie lieber nicht nach. Vermutlich würde selbst der vollkommene Ablass, den sie schon als Kind bei einer der großen Heiltumsweisungen erhalten hatte, den Allmächtigen nicht wirklich milde stimmen. Dazu müsste er schon einen ausgeprägten Sinn für Humor besitzen.
***
    Marysa hatte eben mit dem Tischgebet begonnen, als ein lautes Pochen an der Haustür sie unterbrach. Erschrocken blickte sie auf. «Jaromir, sieh nach, wer dort ist.»
    Der Knecht sprang auf und eilte aus der Stube. Augenblicke später kam er zurück. «Herrin, da ist ein abgerissener Bettler und will Euch sprechen. Ich glaube, es ist dieser Amalrich, der ewige Pilger. Bestimmt kennt Ihr ihn.»
    «Der alte Amalrich will mich sprechen?» Marysa stand von ihrem Stuhl auf. «Natürlich weiß ich, wer er ist. Jeder in Aachen kennt ihn. Mein Vater hat ihm jeden Sonntag ein Almosen zukommen lassen, wenn er ihn vor der Kirche sah. Hat er gesagt, worum es geht?»
    «Er sagte etwas von der Fürbitte eines armen Sünders.» Jaromir zuckte mit den Schultern. «Er ist nicht ganz richtig im Kopf, wenn Ihr mich fragt.»
    «Der Alte spinnt nicht», mischte Milo sich ein. «Wenn er was zu sagen hat, dann ist es bestimmt wichtig. Vielleicht wegen dem Meister. Dem Schreinemaker, meine ich.»
    Marysa gab Jaromir ein Zeichen, ihr zu folgen. «Ich rede mit ihm.» Sie fand den kleinen, verhutzelten Mann mit dem langen weißen Bart geduldig wartend vor ihrer Haustür.

Weitere Kostenlose Bücher