Das silberne Zeichen (German Edition)
Erkennungszeichen mit dem Geldwechsler auszumachen, sodass außer ihm niemand an das Geld herankam.
Das wäre an sich ja nicht schlimm – er hatte inzwischen ein hübsches Sümmchen beisammen –, doch er war den ganzen Tag schon in übelster Stimmung. Er hatte den vermaledeiten Boten verpasst! Nun musste ihm etwas einfallen, wie er den Mann noch irgendwie einholen konnte. Oder er legte sich auf die Lauer und wartete ab, bis der Bote mit den neuen Urkunden zurückkehrte. Das war allerdings gefährlich, denn wer konnte wissen, wie lange es dauern und wann genau der Bote wieder in Aachen eintreffen würde? Es war ein zu großes Risiko, darauf zu vertrauen, dass er ihn rechtzeitig abfangen würde, denn er konnte schließlich nicht überall zugleich sein. Nein, er musste ihm folgen. Der Bote durfte Frankfurt nicht erreichen.
Leider konnte er nicht so einfach von hier weg. Zu viel war zu tun, abgesehen davon hätte es merkwürdig ausgesehen, wenn er ausgerechnet jetzt die Stadt verließ. Es sei denn …
Ein verschlagenes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus.
Es sei denn, er erfand einen wirklich guten Grund für eine kleine Reise …
17. KAPITEL
Die Grasmatte, auf der Christoph saß, war dünn und an den Rändern ausgefranst. Sie schützte weder vor dem harten Steinboden noch vor der klammen Kälte in der winzigen Zelle. Müde lehnte er den Kopf gegen die Steinwand und schloss die Augen. An Schlaf war allerdings nicht zu denken. Zwei der Gefangenen, mit denen er sich die Zelle teilen musste, spielten mit kleinen Steinchen irgendein selbsterdachtes Glücksspiel, lachten und grölten dabei unflätig. Ein dritter Mann, bärtig und verlaust wie seine Kumpane, hatte sich auf seiner Matte zusammengerollt und schnarchte.
Kurz dachte Christoph an Marysas bequemes, warmes Haus am Büchel, dann an die unzähligen Schlaflager, die er sich auf seiner Wanderschaft eingerichtet hatte. Jedes einzelne von ihnen war hundertfach angenehmer gewesen als dieses verdreckte Loch, in das man ihn gesteckt hatte. Wenn dies hier seine Aussicht für den Rest seiner Tage sein sollte, würde er freiwillig den Gang zum Richtplatz antreten.
Er öffnete die Augen einen Spalt weit und blickte zu dem winzigen vergitterten Fensterchen hinauf. Es ging nach vorne hinaus. Am frühen Morgen hatte er Stimmen von der Straße heraufschallen gehört und bildete sich ein, dass eine davon Marysas gewesen war. Man hatte sie allerdings nicht zu ihm eingelassen. Das wunderte ihn nicht. So viel er aus den Kommentaren und Gesprächen der Büttel herausgehört hatte, stand es nicht gut um ihn. Natürlich nicht! Mit dieser Entwicklung hatte er rechnen müssen. Der ach so genau kalkulierte Plan, den er sich erdacht hatte, war an einem winzigen, unverhofften Detail gescheitert. Jemand hatte ihn bestohlen. Jemand, der ganz genau wusste, wer Christoph Schreinemaker war. Doch wer? Diese Frage ließ Christoph keine Ruhe. Wer hatte ihn durchschaut? Wer hatte ihn und Marysa womöglich belauscht, als sie damals im Herbst ihren Plan geschmiedet hatten? Und noch etwas bereitete ihm Kopfzerbrechen: Weshalb wollte jemand, dass er – Christoph – zum Tode verurteilt wurde?
Darauf würde es nämlich hinauslaufen, das war ziemlich sicher. Irgendwie musste er Marysa eine Warnung zukommen lassen. Wahrscheinlich hatte sie bereits jemanden nach Frankfurt entsandt, um neue Urkunden einzuholen. Wer auch immer es war, der ihr diesen Dienst erwies, schwebte in Gefahr. Derjenige, der für den Diebstahl verantwortlich war, würde bestimmt nicht zusehen, wie die neuen Schriftstücke den Schöffen vorgelegt würden. Ein weiterer Anschlag stand also zu befürchten.
Christoph hatte bereits versucht, den Wächter zu bestechen, doch mit dem war nicht zu reden. Also musste er einen anderen Weg finden, mit Marysa in Kontakt zu treten.
Der Riegel an der Zellentür ratschte; Christophs Zellengenossen verstummten und blickten neugierig auf. Ein Büttel trat ein und machte eine auffordernde Geste in Christophs Richtung. «Mitkommen», knurrte er.
Christoph erhob sich und vermied es, sich über die Oberarme zu reiben. Er fror erbärmlich, doch in Gegenwart des Gesindels ließ er sich das lieber nicht anmerken. «Wohin bringt Ihr mich?», wollte er stattdessen von dem Büttel wissen.
«Ihr kommt jetzt vor die Schöffen», gab dieser Auskunft. «Sie wollen Euch befragen. In der Acht.» Er packte Christoph grob am Arm; dieser ließ sich bereitwillig hinausführen. Alles war besser als
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