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Das Skript

Das Skript

Titel: Das Skript Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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sollte, würde sie sowieso nicht unbemerkt bleiben, das musste auch Matthiessen klar sein.
    Gemeinsam beschäftigten sie sich zuerst mit dem französischen Bett, kneteten die Matratze durch, hoben sie an und betrachteten den Lattenrost darunter. Dann wandte sich Winkler dem Sideboard mit dem Spiegel darüber zu, während Erdmann zum Kleiderschrank ging. Kleidungsstücke landeten auf dem Bett, um alles schneller durchsehen zu können. Der Schrank bestand auf einer Seite aus vielen flachen, aber tiefen Fächern, die schlecht einzusehen waren. Erdmann nahm Pullover, Shirts und sonstige Kleidungsstücke heraus und legte sie ebenfalls auf dem Bett ab, wo er sie Schicht für Schicht durchsuchte, nachdem er sich versichert hatte, dass in den Fächern nichts versteckt war.
    Dann kam er an die Schubladen, in denen die Unterwäsche verstaut war. In der ersten waren die Slips aufbewahrt, und trotz seiner Erfahrung bei Durchsuchungen war es immer ein seltsames Gefühl für Erdmann, in den intimsten Kleidungsstücken einer fremden Frau herumzuschnüffeln.
    Als er fast durch war, kam Matthiessen herein. In der Hand hielt sie etwas, das aussah wie ein Fotoalbum. »Das haben die Kollegen gerade im Wohnzimmer hinter der Sockelleiste des Schrankes gefunden. Sehr aufschlussreich.« Sie legte das Album auf dem Bett ab und schlug es auf. Es war tatsächlich ein Fotoalbum, das allerdings zweckentfremdet worden war. Statt Fotos waren auf jeder Seite Zeitungsausschnitte eingeklebt. Alle befassten sich mit dem Kölner Fall.
Irrer Mörder bemalt nackte Leiche
war eine der reißerischen Überschriften der ersten Doppelseite. In den Artikeln wurde noch kein Bezug zu Jahns Buch erwähnt. Auf der zweiten Seite änderte sich das.
Krimiautor liefert Vorlage für den Nachtmaler
, prangte in fetten roten Lettern über einem Artikel. Einige Seiten später hieß es:
Mordvorlage schießt in die Bestsellerlisten.
    In diesem Stil ging es weiter bis zur letzten Seite. Während sie noch vor dem Bett standen und auf das Album starrten, kam ein Kollege herein und hatte einige weitere, lose Zeitungsausschnitte in der Hand. »Hier geht’s weiter«, sagte er und hielt sie Matthiessen entgegen. »Die haben wir auf der anderen Seite gefunden, wurden gerade erst ausgeschnitten.«
    Erdmann ahnte schon, um welche Artikel es sich handelte, bevor er den ersten las. Er stammte ausgerechnet aus der HAT und war vom vergangenen Samstag.
Tochter des Herausgebers der Hamburger Allgemeinen Tageszeitung verschwunden!
    »Mist«, entfuhr es Erdmann.
    »Wie man’s nimmt.« Matthiessen deutete auf die Artikel. »Zumindest verdichtet sich der Verdacht. Lass uns weitermachen.« Sie drückte dem Beamten die Zeitungsartikel wieder in die Hand und zeigte auf das Album auf dem Bett. »Nehmen Sie sich das vor, gehen jeden einzelnen Artikel durch und untersuchen ihn auf etwaige handschriftliche Anmerkungen, Notizen, Unterstreichungen, irgendwas.« Damit verschwand sie aus dem Schlafzimmer, und Erdmann widmete sich wieder dem Kleiderschrank. Es fehlten ihm nur noch zwei Schubladen, dann war er durch. In der vorletzten befanden sich Nylonstrümpfe und Strumpfhosen sowie ein paar Strumpfbänder. Er leerte den Inhalt aufs Bett, untersuchte alles und zog die unterste Schublade heraus. Sie war vollgestopft mit Büstenhaltern, die er ebenfalls auf dem Bett auskippte. Er stockte. Auf der Unterseite des Bodens war eine Klarsichthülle mit Paketband festgeklebt, in der sich ein Dokument befand. Erdmann legte die Schublade mit der Unterseite nach oben auf die Wäsche und versuchte, mit den Fingernägeln eine Ecke des Klebebandes zu lösen. Es gelang ihm anfangs nicht. Er bemerkte, dass seine Hände aufgeregt zitterten, und ärgerte sich darüber. Schließlich hatte er einen Zipfel der Hülle so weit angehoben, dass er das Band mit einem Ratsch abreißen konnte.
    Schon als er die Überschrift und die ersten Zeilen des Dokuments gelesen hatte, war ihm klar, dass er wahrscheinlich genau das in Händen hielt, wonach sie gesucht hatten. Er rannte aus dem Schlafzimmer und stieß sich dabei am Türrahmen die Schulter, weil er noch immer auf das Dokument starrte. Der stechende Schmerz in seiner Brust erinnerte ihn an den Sturz der vergangenen Nacht.
    Es war ein Mietvertrag, den er gefunden hatte, und das Mietobjekt war laut Beschreibung ein altes Haus, das – und das war ausdrücklich erwähnt – sich in einem nicht bewohnbaren Zustand befand. Die angegebene Adresse kannte Erdmann nicht. Matthiessen

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