Das Skript
aber stieß Lorth einen Schrei aus, fuhr prustend hoch und wand sich, strampelnd und wild um sich schlagend, aus der Wanne. Matthiessen machte einen Satz nach hinten, um nicht von seinen unkontrolliert zutretenden Füßen getroffen zu werden. Lorth schüttelte sich wie ein nasser Hund, Wassertropfen flogen durch das gesamte Bad und landeten unter anderem auf Erdmanns neuer Dieseljeans, was seine Laune nicht unbedingt hob. Als Lorth endlich ruhiger wurde und sich zitternd neben dem gammeligen Abflussrohr des Waschbeckens an die Wand kauerte, drehte Erdmann das Wasser ab.
»Was soll dieser Mist, verdammt?«, schimpfte Lorth und rieb sich dabei die Augen. Um ihn herum hatten sich mehrere kleine Pfützen gebildet. »Sind Sie verrückt geworden? Wie … wie spät ist es? Und wie kommen Sie überhaupt hier rein? Mist, verdammter.«
»Die Tür war offen, Herr Lorth«, sagte Erdmann. »Ich nehme an, Sie waren so … müde, dass Sie vergessen haben, sie abzuschließen, bevor sie sich auf dem Boden Ihres Wohnzimmers zum Schlafen hingelegt haben.«
»Es ist später Vormittag, und wir kommen gerade von Herrn Lüdtke«, ergänzte Matthiessen von der Badezimmertür aus. »Nach dem, was der uns erzählt hat, hielten wir es für wichtig, uns noch mal mit Ihnen zu unterhalten.«
»Nein, das geht nicht.« Er klang jetzt weinerlich. »Mir geht’s nicht gut. Mir ist schlecht, ich habe fürchterliche Kopfschmerzen. Außerdem bekomme ich bestimmt eine Erkältung, mir ist kalt. Kommen Sie heute Abend noch mal, jetzt geht es nicht.«
Erdmann sah zu Matthiessen. »Das hat so keinen Zweck, ich mache mich doch hier nicht zum Affen, weil der Herr seinen Rausch ausschlafen muss. Ich ruf jetzt einen Streifenwagen. Die Kollegen sollen ihn hier abholen und zum Präsidium bringen, wir unterhalten uns dort mit ihm.«
Matthiessen sah Lorth an, der einen jämmerlichen Anblick bot, und nickte. »Ja, das wird wohl –«
»Ja, ja, ist ja schon gut. Ahh … mein Kopf … Fragen Sie schon, was Sie wissen wollen.«
»Ich schlage vor, Sie ziehen sich erst mal was Trockenes an. Wir warten drüben in Ihrem Wohnzimmer auf Sie.« Matthiessen wandte sich ab, und Erdmann folgte ihr an Lorth vorbei in den Flur. Der Lektor saß noch immer auf dem Boden und murmelte unverständliches Zeug vor sich hin.
Im Wohnzimmer ging Erdmann auf direktem Weg zum Fenster. Er öffnete beide Flügel, blieb einen Moment stehen und atmete tief die frische Luft ein, die an ihm vorbei in den muffigen Raum strömte.
Es dauerte ein paar Minuten, bis Lorth endlich zu ihnen kam. Er trug eine graumelierte Baumwoll-Jogginghose, die um seine dürren Beine schlotterte, dazu hatte er ein blassrotes Sweatshirt mit dem Aufdruck einer amerikanischen Universität übergezogen. Er ging gebückt, rieb sich mit einer Hand unentwegt die Stirn.
»Da sind Sie ja«, begrüßte Matthiessen ihn, als hätte sie ihn längere Zeit nicht gesehen. »Setzen Sie sich bitte.«
Lorth ließ sich auf die Couch fallen und verzog stöhnend das Gesicht. »Sie tun ja gerade so, als wären
Sie
hier zu Hause.«
»Gott bewahre«, entfuhr es Erdmann. Matthiessen setzte sich Lorth gegenüber, der sich augenblicklich eine Zigarette in den Mund steckte und sie anzündete. Erdmann drehte es den Magen um, alles in ihm drängte danach, diese stinkende Wohnung und ihren stinkenden, qualmenden Besitzer sofort zu verlassen. »Um es kurz zu machen: Wir haben uns eben mit Herrn Lüdtke unterhalten und ihn unter anderem auch gefragt, wie er dazu steht, dass Sie Jahns Romane größtenteils umgeschrieben haben, wie Sie uns ja erzählten. Überraschenderweise weiß er davon nichts.«
Lorth fuhr sich mehrere Male mit der Hand über die spärlichen Bartstoppeln am Kinn, was ein kratzendes Geräusch verursachte. »Sagt er das? Na ja, kann sein, er hat das nicht so mitbekommen. Vielleicht habe ich es ihm auch gar nicht gesagt, ich weiß nicht mehr.« Erdmann war sicher, dass Lorth log. »Im Grunde ist es nicht so wichtig. Jahns Manuskripte mussten ein bisschen bearbeitet werden, das habe ich getan.«
»Ein bisschen bearbeitet? Das klang gestern aber noch ganz anders. Herr Lüdtke geht davon aus, dass Sie uns gegenüber angeben wollten. Er hat also offenbar recht mit seiner Vermutung.«
Lorth zuckte zusammen. »Ja und? Soll er doch denken, was er will.«
»Es hat sich auch so angehört, als halte er nicht so viel von Ihnen und Ihrem Können«, fuhr Erdmann im Plauderton fort. »Er erwähnte, dass Sie hier und da ganz gerne
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