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Das Skript

Das Skript

Titel: Das Skript Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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mal ein paar Gläser trinken. Na ja, und man weiß ja, dass Alkohol manchmal regelrechte Halluzinationen auslöst. Vielleicht denkt Ihr Programmchef, Ihre angeblichen Änderungen in Jahns Manuskripten wären auch so eine Art Halluzination. Immerhin ist er Ihr Chef und –«
    Durch Lorths Körper ging ein Ruck. »Eine Art Halluzination? Alkohol? Das hat er gesagt?« Erdmann sah ihn nur an. »Pah. Dann will ich Ihnen jetzt mal was erzählen.« Mit einer hastigen Bewegung lehnte er sich nach vorn und verzog prompt wieder schmerzvoll das Gesicht, aber er war mit einem Mal so erregt, dass er es gar nicht richtig wahrnahm. Hastig zog er gleich zweimal hintereinander an der Zigarette, inhalierte den Rauch tief und drückte die Kippe dann in den Aschenbecher. »Ich bin ein Feigling, jawoll, das bin ich. Als ich gestern von Ihnen hörte, dass jetzt ausgerechnet
Das Skript
von irgendeinem Irren nachgestellt wird, da konnte ich mein Glück kaum fassen. Ja, ich weiß, Sie denken, ich hätte kein Gefühl oder kein Mitleid oder was auch immer, was natürlich Quatsch ist. Klar tun diese Frauen mir leid, aber mir war auch sofort klar, dass das noch ganz andere Auswirkungen auf den Buchverkauf haben wird als vor ein paar Jahren die Sache mit dem
Nachtmaler
. Weil diese Morde und die ganze Geschichte drum herum viel grausamer sind. Die Leute stehen auf Grausamkeiten, das können Sie mir glauben. Und ich dachte mir, das ist für mich die Gelegenheit, endlich den Absprung zu schaffen, verstehen Sie? Und es ist wahr, ich
habe
große Teile von Jahns Romanen geschrieben. Er musste es per Unterschrift akzeptieren, damit der Verlag abgesichert ist. Ich –«
    »Haben Sie das, was er da unterschreiben musste, vielleicht noch?«, unterbrach Matthiessen ihn. »Oder eine Kopie davon?«
    »Nein, habe ich nicht, leider. Jedenfalls dachte ich, jetzt ist endlich der Moment gekommen, in dem alle erfahren, dass die Jahn-Romane im Grunde aus meiner Feder stammen. Selbst wenn der Verlag mich rauswirft, weil ich geredet habe. Wenn
Das Skript
nun in die Bestsellerliste kommt – und das wird es, und zwar ganz nach oben, denken Sie an meine Worte – und bekannt wird, dass ich es eigentlich geschrieben habe, kann ich endlich damit aufhören, die Romane von irgendwelchen Stümpern als Ghostwriter aufzumotzen, damit diese Typen anschließend das Geld und den Ruhm einsacken. Dann nimmt mich jeder Verlag, dem ich ein Manuskript anbiete, da bin ich mir sicher.«
    »Wann kommt die Stelle mit dem Feigling?«, fragte Erdmann trocken.
    »Jetzt. Irgendwann am späteren Abend wurde ich plötzlich feige. Ich bekam Angst vor meiner eigenen Courage, verstehen Sie?« Seine Stimme bekam wieder einen weinerlichen Klang. »Und dann habe ich Lüdtke angerufen, und ich habe ihm erzählt, was ich Ihnen alles gesagt habe. Und wissen Sie, was der Herr Programmchef getan hat? Er hat gesagt, das wäre zwar alles nicht so einfach, weil ich ja meinen Vertrag mit dem Verlag gebrochen hätte, in dem drinsteht, dass ich keine Interna weitergeben dürfe, aber er käme gleich mal kurz vorbei, und wir würden uns über alles unterhalten. Er kam, und er hatte zwei Flaschen Schnaps dabei, und nachdem ich ihm alles noch mal genau erzählt habe, hat er mir die Hand auf die Schulter gelegt und gesagt, ich solle mal ein paar Gläser trinken und den Montag einfach zu Hause bleiben. Er würde das alles schon regeln. Ich solle mir keine Sorgen machen und müsse ihm nur versprechen, alles, was ich gesagt habe, herunterzuspielen und zuzugeben, dass ich übertrieben habe. Was er damit gemeint hat, haben Sie heute Morgen ja selbst gehört.«
    Erdmann mochte diesen Kerl nicht, der da verkatert und stinkend wie die Mülltonne einer Kneipe vor ihm saß, und er musste sich selbst eingestehen, dass er das, was Lorth ihnen da gerade aufgetischt hatte, liebend gerne widerlegt hätte. Aber das konnte er nicht. Ebenso wenig, wie er einen Grund hatte, an Lüdtkes Aussage zu zweifeln.
    »Nur, dass Sie das alles nicht beweisen können, Herr Lorth«, sagte Erdmann.
    »Das brauche ich auch nicht zu beweisen. Fragen Sie Christoph Jahn. Denken Sie, der hat es freiwillig akzeptiert, dass seine Bücher letztendlich mehr von mir geschrieben worden sind als von ihm selbst? Lüdtke hat ihm gedroht, er müsse den Vorschuss zurückzahlen, weil das, was er abgegeben hat, nicht veröffentlichbar ist und er damit den Vertrag nicht erfüllt hat. Jahn hasst mich, aber er wird Ihnen sicher bestätigen, was ich gesagt habe.

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