Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler
geblasen wurde, und wahrscheinlich glaubt er, dass dieser verdammte Krieg nur deswegen noch anhält, weil er und seinesgleichen bis jetzt nicht daran beteiligt waren.
»Was mich das angeht? Ich will einfach nicht über deine Beine stolpern und mir den verdammten Hals brechen«, fahre ich ihn an. »Wenn du dich hier so ausbreitest, bist du eine Gefahr für jeden von uns.«
Er pfeift durch die Zähne, schüttelt lachend den Kopf und wedelt mit den Händen vor sich, als wollte er mich verscheuchen. Er kann sich von mir nicht so anfahren lassen, schon deshalb nicht, weil ein paar andere Rekruten zu uns hersehen, die alle auf einen Streit aus sind und auf eine Abwechslung in ihrer öden Routine hoffen.
»Wie wäre es, wenn du deinen Kopf aus den Wolken nimmst, Sadler, dann stolperst du auch nicht über alles«, schlägt er vor, schiebt sich den Helm zurück über die Augen und tut so, als schliefe er bereits wieder ein, obwohl er natürlich nur sein Gesicht verbergen will, bis er sicher weiß, wie unser Gespräch ausgehen wird. Ich mache das ohne jeden Plan, und als mein Arm vorschnellt, bin ich fast überrascht über mich, aber es dauert nur einen Augenblick, dann halte ich seinen Helm in der Hand und schicke ihn in einem perfekten Bogen durch die Luft in den Dreck. Dabei gräbt er sich mit dem Rand so in den Matsch, dass er gesäubert werden muss, bevor man ihn wieder aufsetzen kann.
»Zum Teufel, Mann«, ruft Marshall, springt auf und sieht mich mit einer Mischung aus Wut und Verdrossenheit an. »Was soll denn das jetzt? Warum machst du das?«
»Weil du ein verdammter Idiot bist«, antworte ich.
»Heb meinen Helm auf«, sagt Marshall und kann seine Wut kaum noch im Zaum halten. Ich merke, dass einige Männer näher treten, und höre, wie Streichhölzer angerissen und Zigaretten entzündet werden. Das Publikum bereitet sich auf ein bisschen Unterhaltung vor.
»Heb ihn selbst auf, Marshall«, sage ich. »Und reiß dich das nächste Mal zusammen, wenn ein Ranghöherer vorbeikommt.«
»Ein Ranghöherer?«, fragt er und bricht in Lachen aus. »Und ich dachte schon, du wärst genau so ein schnöder Gefreiter wie ich.«
»Ich bin länger hier«, sage ich, und die Worte klingen selbst in meinen Ohren erbärmlich, »und weiß dreimal besser, wer hier wer ist und was hier wie zu sein hat.«
»Wenn das so bleiben soll, würde ich dir raten, jetzt meinen Helm aufzuheben«, sagt Marshall lächelnd, und seine gelben Zähne widern mich an.
Ich spüre, wie sich meine Lippen zu einem höhnischen Grinsen verziehen. Burschen wie ihn erlebe ich nicht das erste Mal. Großkotze, die andere terrorisieren. Schon in der Schule gab es die, und ich konnte sie noch nie ausstehen. Der Ausschlag auf meinem Arm tut sündhaft weh, und ich bin so dermaßen frustriert darüber, was mit Will geschieht, dass ich kaum noch vernünftig denken kann.
»Wie ich sehe, machst du keinerlei Anstalten zu kämpfen«, sagt Marshall einen Moment später und sieht sich Beifall heischend um. »Bist du auch einer von denen?«
»Was?«, frage ich.
»So einer wie dein Kumpel. Wie heißt er noch, Bancroft?«
»Genau«, kommt da ein Kommentar von einem der jungen Rekruten. »Genau so einer ist er, Tom. Bancroft und er sind schon von Anfang an die dicksten Freunde gewesen, wenigstens hab ich das gehört.«
»Bist du auch so ein Feigling wie er?«, fragt Marshall. »Und hast Angst zu kämpfen?«
»Will hat keine Angst zu kämpfen«, sage ich und trete so nahe vor ihn hin, dass ich seinen fauligen Atem riechen kann.
»Ach, Will heißt der Gute?«, fragt er und lacht verächtlich. »Will ist ein Tapferer, oder? Was nicht schwer ist, wenn du sicher eingesperrt bist, drei Mahlzeiten täglich kriegst und ein Bett zum Schlafen hast. Vielleicht möchtest du gern bei deinem Will sein, Sadler, ist es das? Oder soll ich Tristan sagen? Würde es dir besser gefallen, wenn ihr euch zu zweit unter eine Decke kuscheln und darunter ein bisschen rumfummeln könntet?«
Er dreht den Kopf, um seinen Freunden zuzugrinsen, und die brechen über seinen plumpen Witz in Lachen aus, aber mir reicht es jetzt. Schon eine Sekunde später trifft meine Faust auf sein Kinn, und ich schicke ihn mit der gleichen Präzision zu Boden, wie ich vorher seinen Helm in den Dreck befördert habe. Sein Kopf kracht gegen einen der Balken in der Grabenwand, aber er braucht nicht lange, um sich hochzurappeln und unter dem Gejohle der Männer auf mich loszugehen. Sie schreien laut auf, wenn einer von
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