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Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler

Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler

Titel: Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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überlegen, wie sie mich am besten loswerden.«
    »Sie werden dich nicht erschießen«, sage ich. »Das können sie nicht. Sie müssen dich anhören.«
    »Nicht hier draußen. Nicht auf dem Schlachtfeld. Und wer hätte mich angeschwärzt, wenn ich Milton erledigt hätte? Du?«
    Bevor ich ihm antworten kann, ruft jemand von links »Bancroft!«, und ich drehe mich um und sehe Harding, den neuen Corporal, der als Ersatz für Moody vom Hauptquartier geschickt worden ist. »Was machen Sie da? Und wer zum Teufel sind Sie?«, fragt er, als ich aufspringe.
    »Gefreiter Sadler«, sage ich.
    »Warum zum Teufel reden Sie mit dem Gefangenen?«
    »Nun, er saß hier, Sir«, sage ich und weiß nicht, was für ein Verbrechen ich begangen haben soll. »Und ich kam vorbei, das ist alles. Ich wusste nicht, dass er in Isolationshaft ist.«
    Harding verengt die Augen und mustert mich von Kopf bis Fuß, als wollte er ergründen, ob ich ihn zum Besten halte. »Gehen Sie zurück in Ihren Graben, Sadler«, sagt er. »Ich bin sicher, Sie werden da gebraucht.«
    »Ja, Sir«, sage ich und nicke Will noch einmal zu, bevor ich gehe. Er erwidert meinen Gruß nicht, sondern starrt mich nur seltsam an, als ich mich abwende.
    Es ist Abend.
    Irgendwo links von mir kommt eine Bombe herunter und reißt mir die Füße weg. Ich schlage flach hin und liege einen Moment lang da, keuche und frage mich, ob es das war. Hat es mir die Beine abgerissen? Die Arme? Fließen mir die Innereien aus dem Leib und sickern in den Matsch? Aber die Sekunden vergehen, und ich spüre keinerlei Schmerz. Ich setze die Hände auf und drücke mich hoch.
    Ich bin okay. Unverletzt. Ich lebe.
    Ich stürze mich vorwärts in den Graben, blicke nach links und rechts und versuche, die Situation abzuschätzen. Soldaten eilen vorbei und stellen sich in Dreierreihen auf. Corporal Wells steht ganz am Ende und brüllt uns Befehle zu. Sein Arm hebt und senkt sich, als zerteilte er etwas, und dann tritt die erste Gruppe zurück, während die zweite vorrückt und sich die dritte, zu der auch ich gehöre, hinter ihr aufstellt.
    Durch den Lärm des Granat- und Gewehrfeuers ist nichts zu verstehen, aber ich sehe genau hin, atme flach und kann erkennen, dass Wells den fünfzehn Mann in der ersten Reihe schnelle Anweisungen gibt, worauf die sich gegenseitig kurz ansehen, um gleich darauf die Leitern hinaufzuklettern und sich mit tief geducktem Kopf über die Sandsäcke ins Niemandsland zu werfen, das immer wieder wie eine erleuchtete Festwiese aus der Dunkelheit gerissen wird.
    Wells zieht ein Periskop heran, sieht hindurch, und ich studiere sein Gesicht, das jedes Mal, wenn einer unserer Männer getroffen wird, einen kurzen Ausdruck von Schmerz zeigen lässt. Schon schiebt er das Periskop wieder weg, und die nächste Reihe tritt vor.
    Sergeant Clayton ist ebenfalls da. Er steht auf der anderen Seite der Reihe und brüllt Befehle heraus. Ich schließe einen Moment lang die Augen. Wie lange wird es noch dauern, frage ich mich, zwei, drei Minuten, bis auch ich mich über die Sandsäcke katapultiere? Findet mein Leben heute sein Ende? Ich bin schon öfter da oben gewesen und habe es überlebt, aber heute … heute fühlt es sich anders an, und ich weiß, warum.
    Vor mir steht ein zitternder junger Bursche. Er war noch nicht da draußen, ein neuer Rekrut. Ich glaube, er ist vorgestern angekommen. Er dreht sich um und starrt mich an, als könnte ich ihm helfen. Offenbar befindet er sich in einem Zustand völliger Panik. Er kann nicht viel jünger sein als ich, vielleicht ist er sogar älter, aber er wirkt wie ein Kind, ein kleiner Junge, der einfach nicht weiß, was er hier soll.
    »Ich kann nicht«, sagt er mit leiser, flehender Stimme, er kommt aus Yorkshire, und ich verenge die Augen und zwinge ihn dazu, mich anzusehen.
    »Du kannst«, sage ich.
    »Nein«, sagt er und schüttelt den Kopf. »Ich kann nicht.«
    Von oben sind Schreie zu hören, dann fällt ein Körper herunter, wie vom Himmel geworfen landet er im Graben. Es ist ein anderer von den neuen Rekruten, der mir eben erst wegen seines vorzeitig ergrauten Haars aufgefallen war. Blut pulst aus einem Loch in seiner Kehle. Der Junge vor mir schreit auf und weicht einen Schritt zurück, fast stößt er gegen mich, und ich schiebe ihn weg. Niemand kann von mir erwarten, dass ich mich um ihn kümmere, selbst so kurz vor dem Ende. Das ist nicht fair.
    »Bitte«, beschwört der Junge mich, als hätte ich Einfluss darauf, was passiert.
    »Schnauze«,

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