Das spanische Erbe
dachte sie, das ist wirklich keine gute Idee. “Ich würde lieber nach Hause gehen.”
“Abgelehnt.” Er beugte sich herunter und zog sie hoch. “Du bist eine anstrengende Nachbarin, Annalisa Wilson.”
“Und eine teure.” Sie lachte nervös, denn seine Berührung ließ sie erbeben.
“Hast du heute Abend schon etwas gegessen?”
“Nein.”
“Dann holen wir das gleich nach.”
Sie wusste aus Erfahrung, dass es besser war nachzugeben. “Also gut.” Sie sah zu ihm auf. “Du hast mir das Leben gerettet”, sagte sie leise. “Wie kann ich dir das jemals …”
Er unterbrach sie brüsk. “Indem du mir versprichst, nie wieder so einen Unsinn zu machen. Du hättest sterben können!
Madre de Dios!”
Sie zuckte zusammen. Er war immer noch über alle Maße wütend. “Es tut mir leid …”
Er packte sie am Arm. “Hast du meinetwegen so eine Dummheit begangen?”
“Nein!” Sie schüttelte energisch den Kopf und versuchte, nicht daran zu denken, dass sie beide beinahe nackt waren.
Er betrachtete sie lange und ließ sie dann los. “Du zitterst. Das ist nach dem Schock ja auch kein Wunder. Lass uns gehen.”
Annalisa saß mit angezogenen Knien auf ihrem Bett. Fudge hatte es sich zu ihren Füßen gemütlich gemacht, und sie konnte die Katzen hören, die draußen auf die Jagd gingen.
Eigentlich hätte ihr Aufenthalt auf der Yacht ganz anders verlaufen können …, sollen … Immerhin hatte Ramon sie auf dramatische Weise vor dem Ertrinken gerettet, und was lag näher als ein rauschendes Finale? Aber es war ganz anders gekommen. Sie hatte geduscht, sich dann einen weißen Bademantel übergestreift – ein weiteres “Geschenk” aus dem Crianza-Perez-Haushalt – und danach mit Ramon zu Abend gegessen. Er war nicht mehr wütend auf sie gewesen, sondern hatte sie ausgesucht höflich behandelt. Genau das wollte sie aber auch nicht. Je mehr sie von diesem Mann sah, desto …
In diesem Moment klingelte das Telefon. Erleichtert nahm sie den Hörer ab. Sie konnte jede Ablenkung gebrauchen. Doch als sie Ramons Stimme hörte, atmete sie tief durch.
“Ich wollte nur hören, ob alles in Ordnung ist”, sagte er, und es schien, als würde er lächeln.
“Ich möchte mich noch einmal dafür entschuldigen, was heute geschehen ist”, erwiderte sie und versuchte, das Gespräch in ungefährlichere Bahnen zu lenken. “Vielen Dank für deine Hilfe.”
“Warum bist du noch wach? Nach dem, was geschehen ist, solltest du dich ausruhen.”
“Ich habe schon geschlafen. Dein Anruf hat mich aus dem Bett geholt.”
“Lügnerin”, sagte er sanft.
Seine Stimme war betörend, und Annalisa spürte, wie die Leidenschaft wieder in ihr hochstieg. Sie begehrte diesen Mann – und doch war er unerreichbar.
“Ich verspreche dir, nie wieder so etwas Dummes zu tun”, antwortete sie schließlich.
Er lachte leise. “Das heißt wohl, dass ich recht habe. Dieses eine Mal jedenfalls.”
“Kann sein.”
“Darüber macht man keine Witze, Annalisa. Wie soll ich ohne dich unsere Verhandlungen weiterführen?”
“Ich bin in den letzten zwei Wochen auch gut allein ausgekommen.” Atemlos wartete sie, wie er darauf reagieren würde.
“Ich habe mich für meine Abwesenheit schon entschuldigt.”
“Stimmt.”
“Anscheinend bist du damit noch nicht zufrieden.”
“Nein.”
“Also gut, ich mache dir einen Vorschlag: Morgen Abend lade ich dich zum Essen ein – als Entschädigung sozusagen.”
“Und wenn ich ablehne?”
“Das wirst du nicht.”
Ihr Herz begann, schneller zu klopfen. Das klang alles so verheißungsvoll, und doch war da Margarita … Er war ein verheirateter Mann, das durfte sie nie vergessen. “Also gut, aber nur, wenn es nicht zu spät wird.”
“Das lässt sich machen.”
“Ich freue mich schon.”
“Ich mich auch”, antwortete Ramon leise. “Gute Nacht, Annalisa. Ich wünsche dir süße Träume.”
Sie verabschiedete sich vom ihm und saß dann noch lange mit dem Hörer in der Hand starr da.
4. KAPITEL
A nnalisa schreckte aus einem traumlosen Schlaf hoch. Und sie wusste auch gleich, warum: Ein zweites, lautes Krähen ertönte. Sie blickte auf den Wecker. Es war kurz vor fünf Uhr morgens. “Verdammter Hahn”, sagte sie seufzend. Der stolze General des Hühnerhofes machte immer früher Radau – ein untrügliches Zeichen, dass der Frühling vor der Tür stand.
Gähnend streckte sie sich und dachte an den Abend, den sie mit Ramon verbringen würde. Dieses Mal durfte sie nicht die Zügel
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