Das spanische Medaillon
Jahrhundert hinter den Mauern der Feste Spandau statt. Wo die Henker der Nazis im Einzelnen gewirkt haben, wird wohl nie ganz umfassend zu dokumentieren sein – Plötzensee und der Bendlerblock seien nur stellvertretend erwähnt. In Westberlin wurde am 11. Mai 1949 das letzte Todesurteil gegen den 24-jährigen Raubmörder Berthold Wehmeyer vollstreckt. Noch im selben Monat, am 23. Mai 1949, wurde mit der Verkündung des Grundgesetzes die Todesstrafe in ganz Westdeutschland abgeschafft. Unter amerikanischem Befehl wurde dennoch auf westdeutschem Boden weiter hingerichtet. NS-Henker Johann Reichhart, der in seinem Leben mehr als 3 000 Menschen hingerichtet hat, arbeitete für die Amerikaner weiter und henkte zwischen 1946 und 1951 im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg 285 von insgesamt 308 zum Tode verurteilten Kriegsverbrechern; die letzten sieben am 7. Juni 1951. Da das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sich nicht auf West-Berlin erstreckte, bedurfte es hier eines eigenen Gesetzes zur Abschaffung der Todesstrafe, das am 20. Januar 1951 in Kraft trat. In der Deutschen Demokratischen Republik wurde bis zum 26. Juni 1981 weiter hingerichtet; an diesem Tag wurde in der Hinrichtungsstätte im Gefängnis an der Alfred-Kästner-Straße in Leipzig der 39-jährige Stasi-Hauptmann Werner Teske wegen des Plans staatsfeindlicher Aktivitäten auf Befehl Erich Mielkes durch einen »unerwarteten Nahschuss« hingerichtet. Der Staatsanwalt verkündete dem völlig Ahnungslosen die beiden Sätze: »Das Gnadengesuch ist abgelehnt. Ihre Hinrichtung steht unmittelbar bevor.« Der letzte deutsche Henker, Hermann Lorenz, trat unbemerkt von hinten an Teske heran und schoss ihm mit einer Armeepistole in den Hinterkopf. Lorenz hat auf diese Weise etwa zwanzig Hinrichtungen vollstreckt und wurde später zum Major befördert.
King’s German Legion
Die am 5. Juli 1803 unterzeichnete Konvention von Artlenburg besiegelte das Schicksal der kurhannoverschen Armee im Koalitionskrieg der absolutistischen Herrscher Europas gegen die französische Republik. Viele Soldaten gingen nach England, um dort Dienst zu leisten. Am 19. Dezember 1803 rief König Georg III. die King’s German Legion ins Leben – einen aus leichter Infanterie, Linieninfanterie, Artillerie, leichter und schwerer Kavallerie bestehenden Truppenverband, der an der Südküste Englands stationiert und ausgebildet wurde und ab 1805 im Feld zu operieren begann. Die Legion, die zu ihren stärksten Zeiten um 1812 ca. 18 000 Mann umfasste, war die einzige deutsche Truppe, die in der napoleonischen Zeit durchweg im Kampf gegen Frankreich stand. 1808 und 1809 operierte sie auf der Pyrenäenhalbinsel.
Heiner von Kleist
Der historische Kleist heißt Heinrich. In der dritten Fassung lautete das Kleist’sche Gedicht an die Königin Luise wie folgt (er hatte umdisponieren müssen, da er zunächst davon ausgegangen war, dass die Königin am 10. März in der Kirche wäre, und die zweite Fassung zu wenig lyrisch geriet; vgl. Heinrich von Kleist. Sämtliche Werke und Briefe in 4 Bänden, Bd. I, München 1982, S. 34 ff.): »Erwäg ich, wie in jenen Schreckenstagen, / Still deine Brust verschlossen, was sie litt, / Wie du das Unglück, mit der Grazie Tritt, / Auf jungen Schultern herrlich hast getragen, // Wie von des Krieges zerrißnem Schlachtenwagen / Selbst oft die Schar der Männer zu dir schritt, / Wie, trotz der Wunde, die dein Herz durchschnitt, / Du stets der Hoffnung Fahn uns vorgetragen: // O Herscherin, die Zeit dann möcht ich segnen! / Wir sahn dich Anmut endlos niederregnen, / Wie groß du warst, das ahndeten wir nicht! // Dein Haupt scheint wie von Strahlen mir umschimmert; / Du bist der Stern, der voller Pracht erst flimmert, / Wenn er durch finstre Wetterwolken bricht!«
Trotz dieses Präsentes und trotz ergreifender Bemühungen seiner Tante, Marie von Kleist, genoss Heinrich von Kleist zeitlebens keine Unterstützung vonseiten des Königshauses. Die Ablehnung seines Theaterschaffens durch Friedrich Wilhelm III. und durch den Berliner Theatergott August Wilhelm Iffland zwang ihn, Erzählungen zu schreiben. Doch das brachte ihm nicht das erforderliche Existenzminimum ein. Nachdem auch die Berliner Abendblätter , die v. a. wegen der Rubrik Polizeirapport gern gelesen worden waren, wegen verschärfter Zensur im Frühjahr 1811 eingestellt werden mussten, nutzte Kleist die Gelegenheit der Bekanntschaft mit der krebskranken Henriette Vogel, um sich am 21. November 1811 am
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