Das Spektakel des Schreckens - Labyrinth der Geheimnisse ; 4
nein!“, wimmerte Kresse. „Die ganze Brücke ist voller Leute! Und wir sitzen mittendrin! Wie kann man das abschalten?“
Die Blicke der Freunde huschten über die Zeichnung. Abschalten kam darauf nicht vor.
Obwohl das Wasser so kalt war, wurde Phil immer wärmer. „Was tun wir denn jetzt?“, fragte er.
„Was auch immer, wir sollten es schnell tun“, sagte Jago angespannt. „Seht ihr die Sanduhr da unten? Und was daneben steht? Achtung, hast du hier gedrückt, fliehe rasch, das Uhrwerk tickt! “
Das klang nach einem Countdown. Offenbar lief er verzögert an, wie alle anderen Effekte auch. Wie viel Zeit hatten sie noch, bevor die Brücke in die Luft flog?
„Wir müssen erst mal hier raus. So schnell wie möglich“, drängte Jago. „Es kann jederzeit zu spät sein. Lasst uns lostauchen. Jetzt!“
Phil begann vor Aufregung zu hecheln. Mit klammen Fingern steckte er das Pergament zurück in die Hosentasche.
„Ruhig atmen“, wies Jago ihn an. „Du musst tief einatmen, damit es für den ganzen Tauchgang reicht. Okay?“
„Okay“, antwortete Phil mechanisch. Das war alles zu viel für ihn. Dabei hatte der Tag so harmlos angefangen. Und jetzt drohte eine ausgewachsene Katastrophe!
Phil schaute nach unten. Schlängelte sich da etwas auf dem Boden? Oder war das seine Kutte? Er versuchte, seine Panik zu unterdrücken.
Jago fragte: „Seid ihr bereit?“
Phil wollte Nein sagen, doch Jago zählte schon bis drei. Da sog Phil so viel Luft in seine Lunge, dass sie fast platzte. Und dann tauchten sie los.
Jago tauchte unter einem Brückenbogen auf.
Die Sonne stand tief und beleuchtete die Brücke von unten. Von oben drang der Festlärm zu ihm herunter.
Wenig später kam Kresse hoch und atmete kräftig durch. Sie schwammen zu einem Pfeiler und hielten sich an einem hervorspringenden Mauerstein fest, damit der Fluss sie nicht abtrieb.
Hier warteten sie auf Phil. Wo blieb der nur? Hatte er sich doch nicht getraut, durch den engen Spalt zu tauchen? War er umgekehrt? Jago blickte ins trübe Wasser. Er sah Umrisse von Steinen mit grünlichem Bewuchs, der in der Strömung trieb.
Halt mal! War das da rechts Flussgras? Es sah so hell aus, fast blond …
Kresse fiel es auch auf. „Phil ist da unten! Wieso kommt er denn nicht hoch?“ Energisch rief sie nach ihm, obwohl er sie unter Wasser doch nicht hören konnte.
Jago verlor keine Sekunde. Noch einmal Luft holen, noch einmal abwärts. Der Fluss war an dieser Stelle tiefer, als es aussah. Bestimmt fünf Meter. Der Pfeiler ragte wie ein geisterhafter Turm in die trübe Unterwasserwelt. Ein Stück unter der Oberfläche klaffte der Spalt wie eine Narbe im Mauerwerk. Daneben, etwas tiefer, zappelte Phil. Es sah aus, als würde Phil im Wasser schweben. Warum schwamm er nicht nach oben?
Jago tauchte näher an ihn heran. Jetzt sah er, was los war: Phils linker Fuß hing fest. Er hatte sich zwischen den Ästen einer großen Pflanze verfangen.
Phils Augen waren angstvoll aufgerissen und sein Mund zusammengepresst.
Jago reckte den Daumen. Er wollte, dass Phil sich beruhigte. Bloß nicht ohnmächtig wurde.
Als Jago bei Phil ankam, zerrte er an den Ästen, zwischen denen der Fuß festklemmte. Sie waren weich und so glitschig, dass sie Jago immer wieder aus den Fingern rutschten.
Plötzlich streifte ihn etwas: ein potthässlicher grauer Fisch mit fleischigen Tentakeln um das breite Maul. Schon war er wieder weg. Doch die kurze Ablenkung hatte Jago ein Stück abtreiben lassen.
Phils Gesichtszüge erschlafften und er schloss die Augen. Die Kräfte schienen ihn allmählich zu verlassen.
Aber doch nicht ausgerechnet jetzt!, dachte Jago verzweifelt. Mit kräftigen Schwimmzügen kämpfte er sich zu Phil zurück.
Dann fiel ihm etwas ein. Er zog den Keil aus seinem Gürtel. Ob die Spitze scharf genug war?
Konzentriert säbelte er an dem Grünzeug über Phils Knöchel. Und es funktionierte: In null Komma nichts hatte der Keil die Äste durchschnitten.
Jago packte seinen Freund an der Taille und zog ihn mit sich nach oben.
Endlich durchbrachen sie die Wasseroberfläche.
Phil atmete so tief ein, als wollte er die ganze Luft von Witterstein in sich hineinsaugen. Dann krächzte er heiser: „Das … das ist der schlimmste Tag meines Lebens!“
[ Lösung ]
Doch die drei wussten: Der Tag konnte noch viel schlimmer werden. Und sie hatten keine Ahnung, wie viel Zeit ihnen noch blieb, um das drohende Unheil abzuwenden.
Hastig schwammen sie unter der Brücke hervor. An
Weitere Kostenlose Bücher