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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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sie.
    »Mein Gott! Du hast keinen Lipgloss?«
    »Wieso? Bin ich dazu verpflichtet?«
    »Das ist nicht lustig!« Debbie schüttelte entschieden den Kopf. »Wir wollen zu einer Party! Die erste Party hier am Grace! Unsere Begrüßungsfeier. Heute werden wir wirklich zu Studentinnen. Das ist ein wichtiges Ereignis! So bedeutend wie die erste Menstruation!«
    »Na ja, es war damals nicht gerade ein erhebendes Gefühl, auf der Schultoilette zu entdecken, dass man ausläuft«, erklang Katies spöttische Stimme von der Tür.
    Tränen stiegen in Debbies Augen auf.
    »Ich kann dich schminken, wenn du willst, Julia«, wechselte Rose hastig das Thema. »Ich habe alles dabei. Es geht ganz schnell.«
    »Aber die anderen warten auf uns«, widersprach Julia, doch es kam nur halbherzig heraus. Vielleicht war es zur Abwechslung mal nicht so schlecht, das ganze Girlieprogramm mitzumachen.
    »Sie sollen ja auch auf uns warten und nicht umgekehrt.« Rose lachte und zog eine Kosmetiktasche hervor. Ihre Finger fühlten sich warm und zart an, als sie routiniert Lidschatten, Wimperntusche und Lippenstift in Julias Gesicht zauberte.
    »Benjamin bewacht das Betreuerbüro unten.« Debbie hatte sich wieder beruhigt. »Er ruft David auf dem Handy an, wenn die Luft rein ist.«
    »Die Luft rein ist …?«
    »Nicht sprechen«, unterbrach sie Rose und fuhr Julias Lippen nach.
    »Das Ganze ist geheim! Ein Geheimnis!«, rief Debbie. »Und ich hab keine Lust, ausgerechnet jetzt Isabel in die Arme zu laufen. Das wird knifflig genug, heute Nacht an ihr vorbei zurück in unsere Zimmer zu kommen. Findet ihr es nicht auch bescheuert, dass wir um elf in den Apartments sein müssen? Elf Uhr, was ist das denn für eine Zeit? Wir sind schließlich erwachsen. Ich frage mich, wann ich endlich in meinem Leben machen kann, was ich will. Erst meine Eltern, dann die Lehrer, und jetzt gibt es zusätzlich zu den Professoren auch noch ein paar Studenten, gerade mal vier Jahre älter, die uns beaufsichtigen. Wo bleiben da die Menschenrechte, frage ich euch.«
    »Genau«, murmelte Rose. »Wir sollten den internationalen Gerichtshof informieren und außerdem Amnesty International.«
    »Obwohl, war Alex bei der Einführungsveranstaltung heute nicht wieder süß?«, ließ Debbie sich nicht aus dem Konzept bringen. »Er ist so ernsthaft, findet ihr nicht? Wisst ihr übrigens, dass nur zwei Leute pro Jahr dieses Vollstipendium in Yale bekommen?« Sie wartete keine Antwort ab. »Ich glaube, ich bin ihm aufgefallen, als ich heute nach den passenden Vorkursen für ein Medizinstudium gefragt habe.« Schwärmerisch sah sie aus dem Fenster.
    Julia schüttelte unwillkürlich den Kopf. »Wohl ein bisschen zu viele Folgen von Grey’s Anatomy gesehen«, murmelte sie zwischen zusammengepressten Zähnen.
    Rose musste lachen. »Nicht bewegen!«, mahnte sie.
    »Fest steht auf jeden Fall, dass Mr Wichtig schon längst weiß, was heute Abend läuft«, meinte Katie.
    »Darum geht es nicht«, widersprach Debbie, »sondern diese Party ist ein …«
    » Geheimnis!«, riefen Debbie, Julia und Rose zur gleichen Zeit und sogar Katie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
    »Schau dich an!« Rose hielt ihr einen Spiegel vors Gesicht. Julia erkannte sich nicht wieder. Sie sah nicht mehr aus wie sie selbst.
    »Perfekt«, murmelte sie und meinte es auch so. Es war die perfekte Tarnung. Und der ultimative Look für das, was sie sich heute vorgenommen hatte.
    »Willst du nicht doch mitkommen, Katie?«, fragte sie und drehte sich zu der schmalen Koreanerin um.
    »Eher springe ich in den See.«
    »Selbst schuld«, meinte Debbie. »Du verpasst etwas!«
    Zu dritt verließen sie das Apartment und gingen nach unten, wo nur David sie gegenüber vom Aufzug im Treppenhaus erwartete. Wie üblich war er auch heute völlig schwarz gekleidet. Seine hellbraunen Haare waren noch feucht vom Duschen und hatten fast einen Schimmer von Gold.
    »Na, wie sehen wir aus?« Debbie drehte sich im Kreis.
    Er antwortete nicht, stattdessen spürte Julia, wie er sie anschaute, als hätte er sie noch nie gesehen.
    Verlegen fragte sie: »Weißt du, wo Robert ist?«
    »Schon am See«, antwortete er, ohne den Blick abzuwenden. »Er hat Ike mitgenommen. Oder Ike ihn, was es vermutlich besser trifft.«
    Julia schüttelte den Kopf. »Mein kleiner Bruder geht freiwillig auf diese Party? Noch dazu, ohne auf uns zu warten?«
    »Geht er nicht. Er geht angeln«, erklärte David grinsend.
    Julia konnte nicht anders, als ebenfalls zu lachen.

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