Das Spiel
spielen?«
»Zweifellos — also warum nicht Tim die Rolle geben?« Teodorus deutete mit beiden Armen auf Briony wie ein Gesandter, der einem übersättigten Herrscher ein Geschenk präsentiert. »Er ist noch jünger als du und auf seine Art durchaus hübsch genug, um ein Mädchen abgeben zu können, wenn man nicht zu genau hinschaut.« Er betrachtete Briony mit einem wohlgefälligen Lächeln, für das sie ihm am liebsten einen Stock übergezogen hätte.
»Seid Ihr verrückt?«, fuhr ihn Makswell an. »Der Junge hat doch keinerlei Ausbildung, keinerlei Fertigkeiten. Kennt er vielleicht die sieben Posen der Weiblichkeit? Nur weil er schon einen Speer gehalten hat, wenn wir in irgendwelchen Kuhdörfern den
Xarpedon
gegeben haben, kann er noch lange nicht vor den Tessiern als Frau bestehen — und noch dazu als Göttin! Seid Ihr wirklich so versessen darauf, einen weiteren Anteil zu kassieren, Teodorus, dass Ihr diesen Jungen als billige Strohpuppe vorschieben wollt?«
»Unter anderen Umständen würdet Ihr mir das büßen, Makswell«, sagte der Stückeschreiber kalt. »Doch mir ist klar, dass das für Euch etwas überraschend kommt.«
»Ich glaube, er könnte es«, sagte Birk. »Er ist ein fixer Junge, unser Tim.«
»Danke, Dowan«, sagte Briony. »Aber ich
will
gar kein Schauspieler sein und schon gar nicht auf die Bühne gehen und meine geliebte heilige Zoria spielen, die mir das nie vergeben würde.«
»Wie? Unser Handwerk ist dir wohl zu gering?«, sagte Kennit. »Wurden wir getäuscht? Haben wir schon die ganze Zeit eine Herzogin unter uns, die unerkannt zu reisen wünscht?«
Briony konnte ihn nur anstarren. Natürlich machte er sich nur über sie lustig, aber er kam der Wahrheit beunruhigend nahe.
»Schau nicht so verschreckt«, sagte Feival lachend. »Inzwischen weiß doch jeder hier, dass du ein Mädchen bist.«
»Was?« Dowan Birk schüttelte den Kopf. »Wer ist ein Mädchen?«
Feival Ulian flüsterte ihm etwas ins Ohr. Die Augen des Riesen wurden kullerrund.
»Dass er kein Junge sein kann, war mir klar, als er freiwillig bei Euch im Wagen wohnen wollte, Teodorus«, sagte Pedder Makswell schnippisch. »Kein hübscher Jüngling würde sich dem aussetzen.«
»Und Euren Reizen habe ich bisher nur beschränkte Bauernburschen erliegen sehen, werter Pedder«, gab Teodorus zurück. »Aber das führt vom Thema ab.«
»Ihr wisst es
alle?«
Briony konnte es nicht fassen. Und sie hatte sich für so clever gehalten!
»Du reist schließlich schon über zwei Tagzehnte mit uns«, erklärte Teodorus sanft.
»Ich wusste es nicht«, sagte Birk, noch immer verdutzt. »Seid ihr sicher?«
»Genug geschwatzt«, sagte Feival. »Wenn jemand etwas dagegen haben könnte, dass unser Tim — sollen wir dich weiter so nennen? — die Göttin Zoria spielt, dann wäre ich es, weil es meine vertragliche Aufgabe ist, die weibliche Hauptrolle zu spielen. Aber wenn mir dieses Biest von Zuriyal gefällt, das Finn mir zugedacht hat, erhebe ich keine Einwände.« Er lächelte. »Ich bin ganz Dowans Meinung. Ich glaube, du hast viele verborgene Talente.«
»Überleg's dir, Tim«, sagte Teodorus. »Und ja, wir werden sie ... ihn weiter so nennen, weil ihr euch vielleicht erinnert, dass Frauen auf der Bühne verboten sind. Wenn du einverstanden bist, Tim, haben wir ein neues Stück für die Tessier, und zwar eins, das ich in aller Bescheidenheit als mein bestes bezeichnen möchte. Die Inspiration dazu habe ich großenteils aus unseren Gesprächen gezogen.«
»Gesprächen, ja?« Makswell schüttelte den Kopf und schnalzte tadelnd mit der Zunge. »Heißt das, in diesem neuen Werk gibt es jede Menge Szenen, in denen ein fetter alter Stückeschreiber unzüchtige Dinge mit einem verkleideten jungen Ding treibt? Ich dachte, Euer Wind weht nur in eine Richtung, Finn.«
»Nur keinen Neid, Pedder«, sagte Teodorus gelassen. »Ich versichre Euch, mein Verhältnis zu Jung-Tim ist so keusch, als wäre er Zoria in Person. Aber, Tim, Meister Makswells Vulgaritäten einmal beiseite gelassen, was sagst du? Du könntest uns eine große Hilfe sein und dir einen Schauspieleranteil verdienen, der in Tessis wahrhaft üppig ausfallen kann, weil die Syanesen das Theater lieben wie die Hierosoliner fromme Umzüge.«
»Ich fühle mich geschmeichelt«, sagte Briony vorsichtig — sie würde noch Tage, vielleicht sogar Monate mit diesen Leuten unterwegs sein und wollte sie nicht kränken. »Aber die Antwort lautet nein. Auf gar keinen Fall. Nicht in dieser
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