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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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mit einer Invasion der Seesoldaten des Autarchen sowohl auf der landwärts gelegenen Seite des Fingers als auch hier an Vashs Landestelle begonnen hatte, war so gut wie beendet. Die hierosolinischen Verteidigungsbastionen, die unterbemannt waren, weil Drakava (entgegen den Empfehlungen seiner obersten Ratgeber) in Vorbereitung auf die Belagerung so viele Männer abgezogen hatte, hatten tapfer Widerstand geleistet, aber die kleinen Vorfestungen erwiesen sich als anfällig für die Geschosse aus brennendem Schwefel und Stroh, die die Katapulte des Autarchen zu Hunderten über die Mauern schleuderten, noch ehe die Morgensonne über den Horizont stieg. Die Verteidiger, hustend und geblendet — viele erstickten auch an dem giftigen Qualm —, schafften es nicht, die Seesoldaten des Autarchen zurückzuschlagen, die, von Masken aus feuchter sanischer Baumwolle geschützt, ihre Sturmleitern aufrichten und nahezu ungehindert über die Mauern klettern konnten, als sich der schlimmste Rauch erst einmal verzogen hatte. Die Verteidiger hatten ihr Letztes gegeben, waren aber, am Ende ihrer Kräfte, vor den Seesoldaten gefallen wie tapfere Kinder im Kampf mit erwachsenen Männern.
    Wenn wir diese Taktik auch auf Hierosol selbst anwenden könnten,
dachte Vash,
wäre der Krieg in ein paar Tagen vorbei.
Doch dafür gab es in ganz Xand nicht genug Schwefel, geschweige denn genügend Katapulte, um ihn zu schleudern, nicht einmal in der gewaltigen Armee des Autarchen. Dennoch konnte er nicht umhin, Ikelis Johar und die anderen Polemarchen dafür zu bewundern, wie gut sie die Belagerung geplant hatten. Die Kanonen, die aus den Befestigungsmauern entlang des Fingers ragten, mochten zwar nicht bis zu den Mauern Hierosols reichen, wären aber für die Hierosoliner eine unschätzbare Verteidigungshilfe gewesen, da sie jedes Schiff auf der Wasserstraße unter Beschuss nehmen oder aber den größeren Geschützen auf den Stadtmauern zutreiben konnten.
    Das Zelt des Autarchen stand bereits auf der Uferhöhe neben dem Landungssteg seines Flaggschiffs, der
Flamme des Nushash,
einer gewaltigen Viermastbark, die (jeder Tarnung ihres halbgöttlichen Passagiers spottend) in grellen Feuerrot-, Gold- und Purpurtönen bemalt war, mit dem großen, flammenden Gottesauge zu beiden Seiten des Bugs und dem goldenen Falken des Autarchen auf den roten Segeln. Das eben erst errichtete Zelt war auch nicht dezenter, ein gestreifter Kegel, fast fünfzig Schritt im Durchmesser und geschmückt mit zwei Dutzend Falkenbannern. Vash humpelte darauf zu, wobei er die Hilfsangebote seiner Wachen ärgerlich zurückwies. Der Goldene hatte bereits deutlich zu erkennen gegeben, dass er an der Loyalität seines Obersten Ministers zweifelte: Das Letzte, was Vash jetzt brauchen konnte, war, dass ihn der jugendliche Autarch am Arm von Soldaten hereinwanken sah. Da hätte er ebenso gut gleich verkünden können, er sei alt und nutzlos.
    Der Autarch saß, in seiner phantastischen Kampfaufmachung aus goldener Rüstung und flammenzüngiger Schlachtenkrone, auf seinem erhöhten Kriegsthron in der Mitte des Zelts und sprach mit Johar, dem obersten Heerführer. Natürlich umgaben ihn Dutzende von Sklaven und Priestern sowie ein ganzer Trupp seiner Leopardenwachen in voller Rüstung, mit Musketen und Augen, so erbarmungslos glimmend wie die ihrer Namenspatrone.
    »Vash, seid willkommen!« Der Autarch spreizte die Finger wie Klauen und kratzte sich dann mit der ziselierten Fingerspitze seines goldenen Panzerhandschuhs unterm Kinn. »Ihr hättet noch ein wenig auf dem Schiff bleiben und Euch erholen sollen, da wir ohnehin gleich zur Landestelle zurückkehren.«
    »Verzeihung, o Goldener?«
    Der Autarch lächelte und sah Ikelis Johar an, der nickte, aber seine übliche steinerne Miene beibehielt. »Die Königlichen Krokodile kommen an Land.«
    Einen Augenblick war Vash völlig verwirrt und fragte sich, welch bizarren neuen Plan sein impulsiver Herr ersonnen hatte. Wollte er einige der gewaltigen Reptilien aus den Kanälen von Xis in der Straße von Kulloan aussetzen oder gar irgendwie in die Wasserwege hinter den hierosolinischen Mauern schleusen? Die großen Bestien waren ja zweifellos furchterregend, schon die kaum erwachsenen Exemplare länger als ein Fischerboot und gepanzert wie Belagerungsmaschinen, aber wer könnte sie dazu bringen, irgendetwas Nützliches zu tun?
    Es war ein Beweis dafür, wie seltsam und sprunghaft der Autarch und wie unvorhersagbar das Leben in seinen Diensten war,

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