Das Spiel der Dämonen! (German Edition)
für ihre Ängstlichkeit nichts.
Aber alles wirkte so wahrheitsgetreu. Leichte Übelkeit stieg in ihr hoch. Wie lange mochte die schauderhafte Fahrt noch dauern?
Die Bahn stieß gelegentlich gegen die Seiten der engen Wände und schaukelte durch den Tunnel. Chloé sagte sich immer wieder, dass dies nur eine Illusion wäre, eine Geisterbahn auf dem Germeringer Volksfest. Doch ihre Angst wuchs, als die Bahn in einen noch dunkleren Abschnitt hineintauchte. Sie verlor langsam die Orientierung, konnte nur noch schwer atmen. Ein seltsamer, widerlicher Geruch hing in der Luft, als läge irgendwo ein verwesendes Tier.
Chloé versuchte einen klaren Kopf zu bekommen, und schon sah sie einen weiteren Alkoven vor sich. Mit schweißnassen Händen umklammerte sie die Finger von Henri, als sie sich der nachgestellten Szene näherten. Ein Schild mit verschnörkelter Schrift kündigte die „Grabkammer des Hohepriesters“ an.
Auch diese Szene wirkte unglaublich realistisch. Es schien sich um eine enge Gruft zu handeln, denn die Wände bestanden aus quadratischen Steinquadern.
In der Mitte stand ein gewaltiger Sarkophag, daneben ein Korb, aus dem Früchte, Weintrauben und Oliven hervorblickten. Die leicht schrägen Wände waren mit Bildern und Hieroglyphen bedeckt.
Doch schon bald zog der grauenhafteste Teil der Szene ihre Aufmerksamkeit auf sich. Mitten in der Grabkammer stand ein langer, niedriger Holztisch auf dicken, eckigen Beinen, von der Form und Größe eines Operationstisches. Und wie eine Parodie auf einen modernen Arzt stand eine große Gestalt in weißer Robe, die Chloé den Rücken zukehrte, neben dem Tisch. Irgendwie wusste sie, dass es derselbe Mann war, den sie schon in der Folterkammer gesehen hatte. War denn der Folterer aus dem mittelalterlichen Schlosskeller jetzt ein ägyptischer Hohepriester?
Die Gestalt in der weißen Robe beugte sich über ein junges Mädchen, das auf den Tisch festgebunden war. Wie alle anderen Figuren in dieser Geisterbahn bewegte sich die Figur mit Hilfe eines unsichtbaren Mechanismus´. Sie schien sich am Oberkörper des Mädchens zu schaffen zu machen. Von ihrem Blickwinkel aus konnte Chloé den Kopf des Mädchens nicht sehen, doch als die Bahn langsam weiterfuhr, bekam sie schließlich das Gesicht zu sehen.
Das Mädchen hatte lange blauschwarze Haare. Die glänzenden grünen Augen waren weit aufgerissen. Sie trug eine Kette um den Hals, an dem ein gelb gestreifter Kristallstein hing. Chloé hätte schwören können, dass sie die Augenlider zucken sah. Und als sie das Mädchen in grauenvoller Faszination betrachtete, machte sie eine furchtbare Entdeckung!
Die Gefesselte drehte langsam ihren Kopf und blickte direkt in die Augen von Chloé, die entsetzt erkannte, dass es ihr eigenes Gesicht war!
Sie unterdrückte einen Schrei, als sie das Messer auf dem Oberkörper des Mädchens sah. In diesem Augenblick verlor Chloé vollends den Bezug zur Wirklichkeit. Ihr war, als befände sie sich nicht in einer Geisterbahn auf dem Germeringer Volksfest, sondern im wirklichen Leben. Und vor ihren Augen spielte sich etwas Furchtbares ab!
Mit wild klopfendem Herzen sah sie, wie sich die Gestalt in der weißen Robe über das Mädchen beugte. Die Bewegungen waren flüssig wie die eines lebendigen Menschen. Chloé fragte sich flüchtig, ob in dieser Geisterbahn vielleicht Schauspieler beschäftigt waren, die diese makabren Szenen darstellten. Doch ihr blieb keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn plötzlich stand die Bahn still.
Mit großen Augen schaute sich Chloé um. Was ging hier vor? War der Strom ausgefallen? Verzweifelt wartete sie darauf, dass die Fahrt weiterging, aber nichts rührte sich. Chloé schaute nach vorn.
Die Gestalt in der weißen Robe drehte sich zu ihr um! Sie wollte schreien, brachte keinen Ton hervor und krallte sich in der Hand von Henri fest. Warum sagte ihr Freund nichts! Er saß völlig still und gleichgültig neben ihr. War mit ihm etwas geschehen? Warum bemerkte er ihre furchtbare Angst denn nicht?
Das Gesicht der Gestalt lag noch im Dunkeln. Trotzdem erkannte sie das höhnische Grinsen auf den halb verborgenen Zügen.
Nein, dachte sie, er sieht aus, als wäre er lebendig! Im düsteren roten Dämmerlicht kam die Gestalt auf Chloé zu. Sie krallte sich noch fester an Henri fest, wollte etwas zu ihm sagen, ihn anschreien, aber sie brachte keinen Ton hervor.
Chloé konnte sich vor Angst nicht rühren. Sie war wie gelähmt und brachte keinen klaren Gedanken
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