Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens
Ehrfurcht? Nicht junge Krieger wie Nimander Golit. Nicht die boshafte Phaed und ihre schmutzigen Ziele. Anomander Rake, der fortgegangen ist. Andarist, der das nicht getan hat. Silchas Ruin - oh, was für eine Familie! Ganz offensichtlich einzigartig inmitten der Brut ihrer Mutter. Sie hatten aber auch ein größeres Leben geführt, voll gewaltiger Dramatik. Ein gespanntes Leben, surrend wie eine Bogensehne, voll grausamer Wahrheit in jedem Wort und harten, unbarmherzigen Wortwechseln, die sie schließlich auseinandergetrieben hatten - was sonst nichts geschafft hätte. Nicht einmal, dass Mutter Dunkel sich abgewandt hatte. Ihre frühen Leben waren Gedichte von epischer Grandiosität. Und wir? Wir sind nichts. Verweichlicht, abgestumpft, verwirrt bis zur Unklarheit. Wir haben unsere Einfachheit - ihre Reinheit - verloren. Wir sind die Dunklen ohne Geheimnis.
Sandalath Drukorlat - die in jenen alten Zeiten gelebt hatte und in ihrem Innern um die tief gesunkenen Tiste Andii trauern musste - drehte sich jetzt um und bedeutete dem zusammengewürfelten Haufen der Überlebenden von Drift Avaiii mit einer Geste, ihr zu folgen. An Deck - »deine Haare haben die Farbe von Sternenlicht, Nimander« -, um diesen verkommenen Hafen anzusehen, der für die nächste kleine Ewigkeit ihre Heimat sein würde, um es mit Phaeds gezischten Worten zu sagen.
»Diese Insel, die war mal ein Gefängnis. Voller Vergewaltiger und Mörder. « Ein kurzer Blick in seine Augen, als würde sie nach irgendetwas suchen, dann schenkte sie ihm ein flüchtiges Lächeln, wenig mehr als ein Zähnezeigen, und sagte: »Das ist ein guter Ort, um jemanden zu töten.«
Worte, die vor Zehntausenden von Jahren einen Bürgerkrieg hätten auslösen können - oder, schlimmer noch, die Wut von Mutter Dunkel. Worte, die nun kaum imstande waren, die ruhige Gelassenheit von Nimanders Gleichgültigkeit aufzuwühlen.
»Deine Haare haben die Farbe von …« Aber die Vergangenheit war tot. Drift Avaiii. Unsere ureigene Gefängnisinsel, wo wir etwas über das Sterben gelernt haben.
Und über den schrecklichen Preis des Folgens.
Wo wir gelernt haben, dass Liebe nicht in diese Welt gehört.
Kapitel zwei
Ich nahm die Steinschale
In beide Hände
Und ließ meine Zeit
Auf den Boden strömen
Ertränkte hilflose Insekten
Nährte das Unkraut
Bis die Sonne von oben
Herunterschaute
Und den Flecken stahl.
Als ich in dem Gefäß
Zahllose Sprünge fand
Blickte ich den Weg zurück
Den ich gekommen war
Und sah eine grüne Spur
Aus verlorenen Erinnerungen.
Wer auch immer diese Schale gemacht hatte
War ein Narr, aber viel mehr noch war es der
Der sie trug.
Steinschale
Fisher kel Tath
D ie schräge Eisfläche war mehrmals angetaut und wieder gefroren, bis ihre Oberfläche pockennarbig geworden war und nun der farblosen Rinde eines riesigen, umgestürzten Baums ähnelte. Der Wind - mal warm, mal kalt - strich einem Chor verlorener Stimmen gleich über diese stachelige Oberfläche, und Igel schien es, als würde mit jedem knirschenden Schritt, den er machte, ein einsamer Schrei für immer zum Verstummen gebracht. Der Gedanke ließ ihn mürrisch werden, und die kreuz und quer verstreuten Abfälle aller Art, die diese Ebene aus Eis und verharschtem Schnee sprenkelten, machten die Dinge nur noch schlimmer.
Die Überbleibsel von Jaghut-Leben, die langsam wie Steine aus einem Acker aufstiegen. Irdisches, das Zeugnis über ein ganzes Volk ablegte - könnte er nur einen Sinn darin erkennen, könnte er nur all die verschiedenen Stückchen zusammensetzen. Mittlerweile glaubte er, dass Geister in einem ständig verwirrten Zustand existierten, und dass das, was vor ihnen lag, sich endlos in die Länge zog, gesprenkelt mit bedeutungslosem Zeug - die Wahrheiten des Lebens waren Geheimnisse, der körperliche Aspekt von Tatsachen für immer vor ihnen verborgen. Ein Geist konnte die Hand nach etwas ausstrecken, aber er konnte es nicht berühren, er konnte dies und das bewegen, aber konnte niemals von den Dingen bewegt werden. Irgendeine Essenz der Empathie war verschwunden - aber nein, Empathie war nicht das richtige Wort. Schließlich konnte er sehr wohl fühlen. Genauso wie früher, als er noch lebendig gewesen war. Gefühle schwammen in flachen Gewässern ebenso wie in tiefen. Vielleicht kam sinnliche Empathie der Bedeutung, nach der er suchte, noch am nächsten. Der Trost, der in beiderseitigem Widerstand lag.
Er hatte sich diese Gestalt, diesen Körper, in dem er
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