Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
stehst, mit der Hand am Schwert. Mir gefällt das alles nicht.«
»Niemand hier kann uns etwas tun«, verkündete Nenanda, aber sein Tonfall machte deutlich, dass ihm Skinticks Worte gefielen. »Hört zu«, sagte er, »so lange Clip gerade nicht bei uns ist … Er verachtet uns alle.«
Nimander drehte sich langsam um, während Skintick sagte: »Das haben wir bemerkt. Was hältst du davon, Bruder?«
»Er sieht, was er sehen will.«
Nimander sah, dass auch Kedeviss und Aranatha zuhörten; normalerweise wirkte Letztere immer irgendwie schwach und schaute mit unschuldigen Rehaugen in die Welt, doch das alles war plötzlich verschwunden und wurde von einer Leere ersetzt – einer Leere, die ihn frösteln machte und die er gut kannte. »Es spielt keine Rolle«, sagte er, während er spürte, wie ihm am ganzen Körper der Schweiß ausbrach. »Hör auf damit, Nenanda. Es spielt keine Rolle.«
»Doch, das tut es«, entgegnete Nenanda. »Er muss es wissen. Warum wir unsere Kämpfe überlebt haben, während all die anderen gefallen sind. Er muss es verstehen .«
»Das ist jetzt vorbei«, beharrte Nimander.
»Nein«, sagte Skintick. »Dieses Mal hat Nenanda recht, Nimander. Er hat recht. Schließlich will Clip uns zu diesem sterbenden Gott bringen. Was immer er auch vorhat – er beachtet uns dabei überhaupt nicht, als würden wir nicht existieren. Als hätten wir keinerlei Mitspracherecht …«
»Als wären wir nutzlos«, unterbrach ihn Nenanda.
Nimander sah weg. Mehr Dorfbewohner brachen zusammen, und die auf dem Fußboden hatten angefangen zu zucken, wanden sich in Pfützen ihrer eigenen Exkremente. Augen, die nichts sahen, verdrehten sich ekstatisch in ihren Höhlen. »Wenn ich dafür gesorgt habe, dass wir … kein Mitspracherecht haben, tut es mir leid.«
»Schluss mit diesem Unsinn«, sagte Skintick im lässigen Plauderton.
»Ich stimme ihm zu«, sagte Nenanda. »Früher habe ich das nicht getan – ich war wütend auf dich, Nimander, weil du diesem sogenannten Todbringenden Schwert der Dunkelheit nichts gesagt hast. Ihm nichts von uns gesagt hast, davon, wer wir sind. Was wir durchgemacht haben. Deshalb habe ich es selbst versucht, aber es ist sinnlos. Clip hört nicht zu. Er hört niemandem zu – nur sich selbst.«
»Was ist mit Desra?«, fragte Nimander.
Nenanda schnaubte. »Sie ist auf ihr eigenes Geheimnis versessen.«
Das war eine scharfsinnige Bemerkung von Nenanda, die Nimander überraschte. Aber es war nicht die Antwort auf das, was er mit seiner Frage gemeint hatte.
Skintick hingegen hatte ihn verstanden. »Sie ist immer noch eine von uns, Nimander. Wenn es notwendig werden sollte, brauchst du nicht an ihrer Loyalität zu zweifeln.«
Kedeviss mischte sich ein, in einem Tonfall trockener Verachtung. »Loyalität gehört nicht zu Desras Tugenden, Brüder. Verlasst euch nicht darauf.«
Skintick klang erheitert, als er fragte: »Auf welche von Desras Tugenden sollten wir uns denn dann verlassen, Kedeviss?«
»Wenn es um Fragen der Selbsterhaltung geht«, antwortete sie, »fällt Desras Urteil sehr präzise aus. Sie liegt tatsächlich niemals falsch. Bei ihr ist das Überleben ein Ergebnis tiefer Klarheit – Desra sieht besser und schärfer als sonst jemand von uns. Das ist ihre Tugend.«
Clip war auf dem Weg zurück zu ihnen. Desra hing förmlich an seinem linken Arm, klammerte sich an ihn, als müsste sie gegen etwas Entsetzliches ankämpfen.
»Der Sterbende Gott wird in Kürze eintreffen«, sagte Clip. Er hatte die Kette mit den Ringen weggesteckt, und aus seinem spürbaren Unbehagen stieg jetzt das Versprechen von Gewalttätigkeit wie eine dunkle Wolke auf. »Ihr solltet alle gehen. Ich will mich nicht um euren Schutz kümmern müssen, wenn das hier eine üble Wendung nimmt. Ich werde keine Zeit dafür haben, und ich werde mir auch nicht die Schuld geben lassen, wenn ihr anfangt zu sterben. Also, um eurer selbst willen, verschwindet von hier.«
Das war, wie Nimander sich später erinnern würde, der Augenblick, in dem er hätte vortreten und Clip in die Augen schauen können, unerschütterlich, den eigenen Ungehorsam und das damit einhergehende Versprechen offenbarend. Stattdessen drehte er sich zu den anderen um. »Gehen wir«, sagte er.
Nenandas Augen weiteten sich, und in seiner Wange zuckte ein Muskel. Dann wirbelte er herum und stapfte aus der Schenke.
Mit einem Gesichtsausdruck, der möglicherweise seine Scham verriet, streckte Skintick die Arme aus, nahm Clip Desra ab und führte
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