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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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regnen begonnen, die Tropfen waren leicht und kühl auf ihrer fiebrigen Stirn, süß wie Tränen in ihren Augen. Beiderseits der Straße wuchs kaum etwas, nicht einmal die merkwürdigen andiischen Pflanzen, die in den ummauerten Dachgärten zu finden waren. Der sterbende Mond hatte diesen Ort mit Salzwasser überschüttet, und die Überreste dieses Niederschlags waren als weiße Kruste zurückgeblieben, wirkten wie aufgerissene Haut auf der kahlen Erde.
    Sie konnte das Meer riechen, das sich um sie herum erhob, während sie weitertaumelte.
    Und dann stolperte sie plötzlich ins Tageslicht; die Sonnenstrahlen fielen schräg von Osten ein, wohingegen eine einzelne graue Wolke genau über ihr hing, und der Regen bildete ein glitzerndes filigranes Muster aus schrägen Streifen.
    Auch wenn sie mit ihren nackten Füßen immer wieder auf dem Straßenpflaster ausrutschte, ging Salind weiter. Sie konnte den Grabhügel ein Stück weiter vorn sehen, glänzend und frisch gewaschen, während der Schlamm dick und aufgewühlt um seinen Fuß lag. Es waren keine Pilger zu sehen – vielleicht war es zu früh. Vielleicht sind sie alle fort. Aber nein, sie konnte Rauch von Kochfeuern im Lager aufsteigen sehen. Sind sie vom Weg abgekommen? Aber ist das überraschend? Habe ich nicht meine eigene Glaubenskrise erlebt?
    Sie ging näher, den Blick jetzt fest auf den Grabhügel gerichtet.
    Erlöser! Du wirst mich anhören. Du musst mich anhören!
    Sie fiel im Schlamm auf die Knie, und seine Kälte fuhr durch sie hindurch. Der Regen war vorüber, und überall ringsum stieg nun Dampf auf. Kleine Rinnsale liefen an unzähligen Stellen den Grabhügel hinunter, hunderttausend Tränen, die sich schlängelnd ihren Weg durch all die Opfergaben suchten.
    Erlöser …
    Eine Faust schloss sich um die kurzen Haare in ihrem Nacken. Sie wurde brutal hochgezogen, ihr Kopf herumgerissen. Sie starrte in Gradithans grinsendes Gesicht.
    »Du hättest niemals zurückkommen sollen«, sagte der Mann. Sein Atem stank nach Kelyk, und sie sah die braunen Flecken auf seinen Lippen. Seine Augen wirkten eigenartig glatt, wie von den Wellen polierte Steine. »Ich bin versucht, dich meinen Urdomen zu geben, Priesterin – nicht, dass sie dich haben wollten.«
    Urdomen. Er war ein Urdo, ein Kommandant der fanatischen Elitekrieger. Jetzt fange ich an zu versteh…
    »Aber Mönchratt will dich vielleicht.«
    Sie runzelte die Stirn. Was hatte er gesagt? »Lass mich«, sagte sie und war schockiert, wie dünn und schwach ihre Stimme klang. »Ich will beten.«
    Er packte sie fester, drehte sie mit Gewalt zu sich herum, so dass sie ihm nun gegenüberstand, nah genug, dass sie hätten Liebende sein können. »Mönchratt!«
    Jemand trat von der Seite zu ihnen.
    »Hol ein bisschen Saemenkelyk. Ich würde gern sehen, wie gut sie tanzt.«
    Sie konnte seine harten Knöchel in ihrem Nacken spüren, konnte spüren, wie er ihr Haare mitsamt der Wurzel ausriss, gegen die blauen Flecken drückte, die er ihr bereits zugefügt hatte.
    »Ich kann dir nichts geben«, sagte sie.
    »Oh, aber du wirst«, antwortete er. »Du wirst uns einen Pfad geben«, und er drehte sie wieder um, so dass sie den Grabhügel ansehen musste, »der direkt zu ihm führt.«
    Sie verstand nicht, und dennoch stieg Furcht in ihr auf, und als sie jemand herbeieilen hörte – und hörte, wie Flüssigkeit in einer Flasche hin und her schwappte –, wurde ihre Furcht zu Entsetzen.
    Gradithan zerrte ihren Kopf weiter nach hinten. »Du wirst trinken, Frau. Und wenn du auch nur einen Tropfen vergeudest, wirst du bezahlen.«
    Mönchratt kam heran, hob die Flasche mit der fleckigen Öffnung an ihre Lippen.
    Sie versuchte, ihr Gesicht wegzudrehen, aber der Urdo hatte sie zu fest gepackt. Er nahm die andere Hand und hielt ihr die Nase zu.
    »Trink, dann kannst du wieder atmen.«
    Salind trank.
    Als Spinnock Durav feststellte, dass sie nicht in ihrem Zimmer war, stand er einen langen Augenblick da, starrte die zerwühlte Matratze des Feldbetts an, bemerkte, dass eine Decke fehlte, und sah, dass sie den größten Teil ihrer Kleidung hiergelassen hatte, einschließlich ihrer Mokassins. Er sagte sich, dass er nicht überrascht sein sollte. Sie hatte seine Aufmerksamkeit nicht gerade willkommen geheißen.
    Dennoch fühlte er sich, als wenn ein kalter, grinsender Bastard ihm ein klaffendes Loch in die Brust geschlagen hätte. Es war absurd, dass er so sorglos, so selbstgefällig gewesen sein konnte, dass er jetzt eine solche

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