Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
Altar selbst war dunkel und wirkte leblos.
Nimander kauerte sich hin, unsicher. Es musste Wächter geben. Es wäre Wahnsinn, von etwas anderem auszugehen. Konnten sie den Altar erreichen, ehe ein verborgener Mob herangerast kam, um sich auf sie zu stürzen? Es schien nicht wahrscheinlich. Kallor hatten sie seit seinem Marsch zum Altar am vorangegangenen Tag nicht mehr gesehen. Nenanda glaubte, dass der alte Mann tot war. Er glaubte, dass sie seinen Leichnam irgendwo im Innern des Gebäudes finden würden, kalt und blass auf dem gefliesten Boden. Aus irgendeinem Grund hielt Nimander das nicht für wahrscheinlich.
Hinter ihm flüsterte Skintick: »Und? Die Morgendämmerung naht, Nimander.«
Was erwartete sie? Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. »Gehen wir.«
Als sie die ersten Schritte hinaus auf den Platz machten, schien die Luft schlagartig dick und schwer zu wirbeln. Nimander stellte fest, dass er sich förmlich dagegenstemmen musste, und in seiner Kehle und dann in seiner Brust entstand ein Gefühl von Enge.
»Sie verbrennen den Dreck«, zischte Skintick. »Kannst du es riechen? Der Kelyk …«
»Still.«
Fünfzehn, zwanzig Schritte jetzt. Ringsum Stille. Nimander richtete den Blick auf den Eingang zum Altar, dessen Stufen von Tau oder etwas noch viel Schlimmerem glänzten. Die schwarzen Glyphen schienen in seinen Augen zu pulsieren, als würde das ganze Bauwerk atmen. Er konnte etwas Dunkles und Unangenehmes in seinen Adern spüren, wie Blasen in seinem Blut oder Samen, die wild darauf waren, Leben hervorzubringen. Er hatte das Gefühl, als stünde er kurz davor, die Kontrolle zu verlieren.
Hinter ihm hörte er harte, keuchende Atemzüge – sie konnten es alle spüren, sie waren alle …
»Hinter uns«, knurrte Nenanda.
Und an den Seiten rückte eine Menge heran, quoll langsam aus allen Straßen und Gassenmündungen – dunkle Gestalten, die sich auf den Platz schoben. Sie sehen wie die Vogelscheuchen aus, losgeschnitten von ihren Stangen – bei Mutters Segen …
Nach vierzig Schritten hatten sie das Zentrum des Platzes erreicht. Jede Straße war ihnen jetzt verschlossen, außer der zu dem Gebäude selbst.
»Sie treiben uns zusammen«, sagte Kedeviss; ihre Stimme klang angespannt. »Sie wollen, dass wir da reingehen.«
Nimander warf einen Blick nach hinten, dann hinunter auf Clips schlaffe Gestalt, der den Kopf hängenließ und dessen Haare über den Boden streiften. Clips Augen waren halb offen. »Lebt er noch?«
»Gerade eben so«, sagte Kedeviss.
Hunderte von Gestalten kamen jetzt näher, mit glänzenden geschwärzten Augen und offenen Mündern. Sie hielten Messer, Beile, Gabeln und Hämmer in den Händen, doch ihre Arme hingen schlaff nach unten. Das einzige Geräusch, das sie machten, kam vom Schlurfen ihrer nackten Füße.
Noch zwanzig Schritt bis zu den Stufen. Rechts und links und hinter ihnen begannen die Gläubigen in den ersten Reihen jetzt die Waffen zu heben, und die weiter hinten taten es ihnen nach.
»Skintick«, sagte Nimander, »trag Clip allein weiter. Aranatha, nimm seine Waffen. Desra, beschütze deine Schwester. Kedeviss, Nenanda, bereitet euch auf ein Rückzugsgefecht vor – haltet sie am Eingang auf, sobald wir drin sind.«
Zwei gegen tausend oder mehr. Gegen furchtlose und unempfindliche Fanatiker – bei den Göttern, wir sind entfesselt.
Er hörte, wie zwei Schwerter aus den Scheiden glitten. Das Geräusch zerschnitt die Luft, und es war, als ob das kalte Eisen seine Stirn berührte, ihn überraschend aufweckte.
Die Menge war jetzt ziemlich nah, und das tierische Knurren, das sie von sich gab, wurde lauter und lauter.
Nimander erreichte die erste Stufe. »Jetzt!«
Sie rasten los. Skintick war direkt hinter Nimander, mit Clip, den er an einem Handgelenk und einem Oberschenkel festhielt, auf seinem gekrümmten Rücken. Dann Aranatha, die wie eine Erscheinung die Stufen hinaufglitt, Desra im Schlepptau. Nenanda und Kedeviss, die mit gezückten Schwertern in die entgegengesetzte Richtung schauten, rückten langsamer nach.
Die vordersten Reihen der Gläubigen stöhnten auf und stürmten dann vor.
Stahl surrte, klirrte, grub sich mit dumpfem Geräusch in Fleisch und Knochen. Nimander stürzte sich in den Eingang. Es gab kein Licht – alle Fackeln in ihren Haltern waren gelöscht worden –, doch seine Blicke konnten die Düsternis durchdringen, rechtzeitig genug, um knapp zwei Dutzend Priester auf sich zustürmen zu sehen.
Nimander rief eine Warnung
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