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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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die Tiere werden uns jagen, und diejenigen von uns, die übrig bleiben, nun ja, die werden einander jagen.
    Reisender sprach endlich. »Ich mag Städte nicht«, sagte er.
    »Barbaren, alle beide«, murmelte sie leise vor sich hin.
    Keiner der beiden Männer antwortete. Vielleicht hatten sie es nicht gehört. Sie warf ihnen jeweils einen schnellen Seitenblick zu – erst nach rechts, dann nach links – und sah, dass sie beide grinsten.
    Sie ritten weiter, und der Tag raschelte in Wogen aus rotem Gras vorbei.
    Bis Reisender erneut zu sprechen begann. »Das erste Gesetz der Menge ist Gleichförmigkeit. Zivilisation ist der Mechanismus, diese Menge zu kontrollieren und zu bewahren. Je zivilisierter eine Nation ist, umso gleichförmiger ist ihre Bevölkerung, bis die letzte Epoche dieser Zivilisation kommt, in der die Vielfalt Krieg gegen die Gleichförmigkeit führt. Erstere wird immer wilder, immer gestörter an ihren äußersten Enden; während Letztere versucht, ihr Maß an Kontrolle zu erhöhen, bis sich diese Anstrengungen zu einer entsetzlichen Tyrannei entwickeln.«
    »Mehr von Kellanved?«, fragte Samar Dev.
    Reisender schnaubte. »Kaum. Das war Duiker, der Imperiale Historiker.«
    Im Verlauf der gerade zu Ende gegangenen Nacht hatte Nimander Golit seine dürftige Truppe durch Bastion geführt. Als Kinder der Dunkelheit und von Aranathas stiller Macht umschlungen hatten sie sich schweigend bewegt, unentdeckt, soweit sie das sagen konnten, denn es war kein Alarm gegeben worden. Die Stadt war ein anscheinend totes Etwas, wie eine geschlossene Blume.
    In der Abenddämmerung, kurz bevor sie aufgebrochen waren, hatten sie draußen auf der Hauptstraße Geratter und Getöse gehört; sie waren zum Tor gegangen und hatten gesehen, dass Dutzende von gewaltigen Wagen in der Stadt angekommen waren. Gelenkt von Kutschern mit schlaffen Gesichtern, erschöpft, mit gehetzten Blicken über braun befleckten Mündern. Beladen mit Handelsgütern – Ballen mit unverarbeiteten Lebensmitteln, Fässer mit Feigen und Ölen, in Salz eingelegte Aale, geräucherter Bhederin, gewürzter Hammel und unzählige andere Vorräte, die man ihnen im Tausch für die Fässer mit Kelyk förmlich aufgedrängt hatte.
    Das schäbige Desinteresse, das die Einheimischen angesichts solcher, für den Lebensunterhalt essentieller Dinge zeigten, konnte man als grausame Ironie betrachten – die meisten waren über das Verlangen nach etwas zu essen längst hinaus. Die meisten verhungerten verzückt und berauscht von Saemankelyk, der schwarzen Tinte der Schmerzen eines Gottes.
    Die Tiste Andii trugen ihre Rüstungen. Sie trugen ihre Ausrüstung für den Kampf, für das Töten. Nimander musste nicht nach hinten schauen; er wusste auch so, wie sie sich verwandelt hatten und wie sich das – mit einer Ausnahme – in den Gesichtern all derjenigen spiegelte, die hinter ihm hergingen. Skinticks Lächeln war verschwunden, aber seine Augen glitzerten hell, als hätte er Fieber. Kedeviss, die immer so vernünftig war, trug nun eine Maske aus Wahnsinn – Schönheit, die zu etwas Schrecklichem verzerrt worden war. Nenanda, der so gerne seine Wildheit zur Schau stellte, war jetzt aschen, farblos, als würde die Tatsache, dass sein Wunsch wahr geworden war, ihn mit Gift übersäuern. Desras Wangen waren rot von so etwas wie Aufregung. Nur Aranatha war unverändert. Gelassen, die Augen etwas glasig vor Konzentration, waren ihre Gesichtszüge irgendwie weicher, leicht verschwommen.
    Skintick und Kedeviss trugen Clip. Nenanda hatte sich die Waffen des Mannes – den Bogen und den Köcher, das Schwert und den Messergürtel – über eine Schulter gehängt, alles an einem einzigen Lederriemen, den er im Notfall binnen eines Augenblicks loswerden konnte.
    Sie waren an Gebäuden vorbeigeschlüpft, in denen Gläubige getanzt hatten, die mit den dürren Gliedmaßen gewedelt und die geblähten Bäuche geschwungen hatten – die Türen waren offen gelassen worden, die Läden zurückgeschlagen. Gestöhne und Gejammere bildeten einen zusammenhanglosen Chor. Selbst in den Gesichtern, die sich zufällig in Richtung der Tiste Andii drehten, während sie sich geisterhaft vorbeibewegten, erwachte keine Erkenntnis, die Augen blieben stumpf, leer, nichts sehend.
    Die Luft war warm. Es roch nach ranzigem Salz vom sterbenden See, und in den Geruch mischte sich der strengere Gestank nach verfaulenden Körpern.
    Sie erreichten den Rand des zentralen Platzes, schauten über die leere Fläche. Der

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