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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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argwöhnisch Abstand, das Gesinde ebenso wie die Ritter und ihre Familien. Julian konnte es ihnen nicht verübeln. Der Fremde hatte etwas unbestimmt Finsteres an sich.
    »Mein Steward sagt, du hast eine Nachricht von Sir Lucas Durham für mich?«, fragte er.
    Der Mann sah mit mäßigem Interesse hoch. »Seid Ihr Lord Waringham?«
    Julian nickte.
    Der Geselle förderte einen gefalteten, versiegelten Bogenunter dem Mantel hervor, doch als Julian danach greifen wollte, zog er die Hand zurück. »Erst gebt mir einen Schilling dafür!«
    Empörtes Gemurmel erhob sich in der Halle.
    Verblüfft schaute Julian auf den unverschämten Boten hinab, streckte dann blitzschnell die Linke aus, packte ihn am Kragen und zog ihn mit einem Ruck von der Bank hoch, ehe er ihm den Brief aus den Fingern riss. »Wärmsten Dank.« Dann wandte er sich an den Steward. »Lass ihn nicht aus den Augen.«
    Frederic nickte und stellte sich mit verschränkten Armen hinter den Boten, der sich auf seinem Platz zusammenkauerte und beinah verstohlen weiteraß.
    Julian erbrach das Siegel, welches keine Prägung trug und nur aus ein paar Tropfen Kerzenwachs zu bestehen schien.
    Das offenbar hastig gekritzelte Schreiben begann mit der ungewöhnlichen Begrüßung: Ehe du meinen Boten gehen lässt, vergewissere dich, dass du deine Börse noch hast, denn er ist ein Dieb.
    Darunter ging es förmlicher weiter:
    Lucas Durham of Sevenelms an Julian, Earl of Waringham, Grüße. Du glaubst nicht, wie peinlich es mir ist, dies zu schreiben, aber ich bin eingesperrt, Julian. Schuldlos, wie ich betonen möchte, aber dazu später mehr. Das Wichtigste und Schlimmste zuerst: Die Yorkisten sind in London einmarschiert.
    »Oh, mein Gott …«, murmelte Julian. Er sank ein gutes Stück von dem Boten entfernt auf die Bank nieder und schaute in Frederics besorgtes Gesicht. »Anscheinend geht es ihm gut«, erklärte er. »Aber irgendwer hat ihn eingesperrt. Die Yorkisten sind in London, schreibt er.«
    Mit einem Mal war es still in der Halle. Jeder hatte seine letzten Worte gehört, und alle schauten ihn verständnislos an, manche auch vorwurfsvoll. Und das war kein Wunder. Er war es gewesen, der den Menschen hier gesagt hatte, Marguerite und Henry stünden vor London und es könne nichts mehr schiefgehen.
    Die Londoner haben sich einfach über die Befehle des LordMayor und des Stadtrats hinweggesetzt und der Königin die Stadttore vor der Nase zugeschlagen. Zu groß war die Angst vor Marguerites Truppen. Die Leute trauten ihrem Plünderungsverbot nicht. Na ja, du weißt ja – die Londoner haben unsere Königin nie ins Herz geschlossen. Ganz im Gegensatz zu Edward of March. Der vereinte sich mit Warwick in Chipping Norton – einem gottverlassenen Nest in den Cotswolds –, marschierte auf London und zog mitsamt seiner Armee am 27. im Triumph in die Stadt ein. Die Londoner säumten die Straßen und jubelten dem jungen March zu. Es gab einfach nichts, was der Lord Mayor und die Aldermen hätten tun können – die ganze Stadt befand sich in einem gottlosen Rausch, wie es gelegentlich vorkommt, wenn sie sich ihrer Macht bewusst wird. Um aber sicherzugehen, dass der Stadtrat keine Gegenmaßnahmen ergreift, sperrten die Rädelsführer der Yorkisten unter der Stadtbevölkerung ein paar Verwandte der mächtigsten Stadtväter in die Londoner Gefängnisse. Darunter auch mich, um die Duldung meines Onkels Philip zu erpressen. So kommt es, dass ich meine Tage mit Dieben und Halsabschneidern im Fleet-Gefängnis verbringe, was nicht weiter schlimm ist, denn aufgrund eines uralten Familiengeheimnisses, auf welches ich hier nicht näher eingehen kann, stehen die Durham mit diesem Gelichter auf gutem Fuße (nur deswegen kann ich dir diesen Brief schreiben und einen langfingrigen Boten schicken). Mach dir um mich also keine Gedanken – sie werden mich schon laufen lassen, ehe das Ungeziefer oder der Kummer über den beklagenswerten Zustand meiner Garderobe mich umbringen.
    Viel schlimmer ist dies, Julian: Edward of March hat alle Masken fallen lassen und erhebt Anspruch auf die Krone …
    Julian hatte einen eigentümlichen, metallischen Geschmack im Mund und plötzlich Mühe, die Lektüre fortzusetzen. Die Tinte auf dem Papierbogen schien vor seinen Augen zu zerfließen.
    Kate setzte sich neben ihn, ihr Ausdruck besorgt. »Julian, was ist passiert? Ist dein Ritter in Schwierigkeiten?«
    »Nicht schlimmer als sonst«, antwortete er abwesend.
    Frederic stieß ihn unsanft an die Schulter, und

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