Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
Spaziergang.«
»Und das soll ich ihnen sagen?«, fragte Daniel skeptisch.
Julian nickte knapp. »Sie sollen wissen, worauf sie sich einlassen.« Er trug Daniel nicht auf, an die Königstreue der Bauern zu appellieren. Er wusste, dass er das eigentlich hätte tun müssen, doch er konnte nicht einfordern, was er selbst nur unter so großer Mühe aufzubringen vermochte: Loyalität für Henry of Lancaster.
Er wandte sich an die Ritter in der Halle: »Das gilt auch für jeden von euch. Entscheidet euch und dann trefft eure Vorbereitungen. Wir marschieren bei Tagesanbruch.«
Alle Männer erhoben sich von den Bänken, auch Alexander. Doch Julian und Simon sagten wie aus einem Munde zu ihm: »Du bleibst hier.«
Der junge Mann presste die Lippen zusammen und ballte die Fäuste. »Das kann nicht euer Ernst sein …«
»Wir werden nicht darüber debattieren«, beschied Julian. Er wies auf Frederic, der ebenso wie die anderen aus der Halle strebte, um seine Rüstung zusammenzusuchen. »Du musst hier nach dem Rechten sehen, während der Steward und ich fort sind, Alexander.«
»Aber das kann der Reeve ebenso gut!«
Julian wandte sich ab. »Dafür habe ich jetzt wirklich keine Zeit, Bübchen«, knurrte er. »Geh und schärf mein Schwert, wenn du dem Hause Lancaster einen Dienst erweisen willst.«
Kate, die auf ihrem Platz geblieben war, sah die Tränen der Enttäuschung, die ihr Sohn so verbissen wegzublinzeln suchte, und sie bedauerte ihn. Trotzdem war sie dankbar für JuliansEntscheidung. Sie blickte ihrem Mann und ihrem Bruder nach, die in großer Eile zusammen die Halle verließen, und wusste, dass ihr schlaflose Nächte bevorstanden. Es war ein Trost, dass sie wenigstens um ihren Sohn nicht würde bangen müssen.
Towton, März 1461
»Also dann, Mylords«,
sagte die Königin. »Ihr wisst, was Ihr zu tun habt. Gott wird mit Euch sein, ich weiß es.«
Marguerite war ein erhebender Anblick, fand Julian. Sie trug einen Mantel aus einem silbrigen Pelz, der wie eingefangenes Mondlicht schimmerte. Der hochgestellte Kragen umspielte ihr schönes Gesicht, und der neumodisch kegelförmige Hut mit dem langen schleierartigen Tuch, welches von der Spitze herabflatterte, verlieh ihr eine besondere Grazie. Julian dachte bei sich, dass es nicht einfach sein konnte, ein solches Gebilde wie diesen Hut unbeschadet in ein Feldlager mitten im Nirgendwo zu schaffen, und er fragte sich, ob Marguerite sich die Mühe gemacht hatte, um die Moral ihrer Truppe zu heben.
Der Duke of Somerset hatte trotz seiner Jugend das Oberkommando. Er wandte sich an Lord Clifford. »Nehmt Eure Männer, reitet zum Fluss hinab und bewacht die Brücke.«
»Was denn, jetzt?«, fragte Clifford entsetzt. Es war dunkel, und es schneite so heftig, dass man draußen die Hand vor Augen nicht sehen konnte. »Aber wir haben die Brücke doch zerstört, wozu sie bewachen?«
»Weil die Yorkisten versuchen könnten, sie zu reparieren, und ich will nicht, dass Edward den Fluss bei Ferrybridge überquert«, antwortete Somerset.
»Aber bei diesem Schneegestöber …«, wandte Clifford skeptisch ein.
»Es wird aufhören zu schneien«, unterbrach Julians Cousin, der Earl of Burton, der nicht weit von hier in Lancashire lebte und die Kapriolen des Winters in dieser Gegend darum genauestenskannte. »In ein oder zwei Stunden. Aber morgen gibt es neuen Schnee.«
Somerset nahm diese Prognose mit gerunzelter Stirn auf. Die Aussicht auf Schnee während der Schlacht schien ihm nicht zu behagen. Aber er sagte lediglich: »Nun, das Wetter liegt nicht in unserer Macht. Unsere Taktik hingegen schon. Also, Clifford, die Brücke.«
Der Angesprochene nickte grimmig. »Seid ganz beruhigt, Mylord. Kein Yorkist wird einen Fuß auf die Brücke setzen.«
»Gut«, beschied die Königin. »Ich denke, damit wäre alles gesagt.« Sie breitete die Arme aus. Die Lords verstanden den Hinweis und begaben sich zum Ausgang ihres Zeltes. Marguerite war souveräner geworden, stellte Julian fest. Allmählich hatte sie sich an ihre eigentümliche Feldherrenrolle gewöhnt. Sie beherrschte den Jargon und die Gesten eines Kommandanten, und obwohl viele der Lords ihr misstrauten, schien niemand mehr ihren Führungsanspruch in Frage zu stellen.
Julian legte die Hand auf die Brust und verneigte sich zum Abschied vor ihr. »Gute Nacht, meine Königin.«
Sie nickte huldvoll. Zwei ihrer vertrautesten Damen und ihre Leibwache – ein halbes Dutzend Schwanengardisten – machten sich im Zelt zu schaffen. Zu
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