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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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geradezu unsichtbar gemacht. Dass sein unzüchtiges Verhältnis zu der Äbtissin bekannt geworden war, wusste er sehr wohl, und ich vermutete, dass er es künftighin mit der Keuschheit wohl etwas ernster nehmen würde. Er wurde dann aber doch noch einmal von Ulrich befragt, ob er, der er den Erzbischof von Köln und das kirchliche Recht vertrat, Klage gegen den Selbstmörder Sigmund von Överrich erheben würde.
    Er antwortete mit einem knappen: »Nein.« Offensichtlich hatte Ulrich ihn entsprechend instruiert. Somit war von Jonata und Ida das Schlimmste abgewendet. Denn das Gut eines Mannes, der den Freitod gewählt hatte, wurde nur dann eingezogen, wenn Klage gegen ihn erhoben wurde. Kein Kläger, kein Richter - was immer der Burgvogt besessen hatte, darüber konnten nun seine Erben verfügen.
    Als Ulrich die Versammlung für beendet erklärt hatte, bat ich Ismael, unsere Pferde bereitzumachen.
    »Ich muss für eine Weile aus dieser Burg heraus, Ulrich.«
    »Geht nur. Wenn ich könnte, würde ich das auch tun, aber auf mich wartet noch Arbeit.«

Kemenatengetuschel
    Engelin warf sich mit ausgebreiteten Armen auf ihr Lager und stöhnte.
    »Was ist vorgefallen, Line?«
    Casta, die am offenen Fenster in der Abendsonne noch an dem Chapel stichelte, das sie am morgigen Pfingsttag zu tragen gedachte, legte ihre Handarbeit nieder und betrachtete ihre Freundin sorgenvoll. Die aber lachte leise.

    »Mein Vater - er sollte sich als Henkersknecht verdingen.«
    »Was hat er dir angetan?«
    »Ausgepresst hat er mich, ausgequetscht und ausgewrungen wie ein nasses Bettlaken. Er wollte unbedingt wissen, was es mit dem Geheimgang auf sich hatte.«
    »Und was hast du ihm erzählt?«
    »Die Wahrheit natürlich.«
    »Die ganze?«
    »Aber ja doch.« Sie grinste spitzbübisch. »Obwohl ich manche Feinheiten denn doch ausgelassen habe.« Und sie sang, leise unter dem Atem:
    »Dass er bei mir lag, wüsst’ es wer,
(das walte Gott), so schämt ich mich.
Was er mit mir tat, nimmer jemand
erfahre das, als er und ich
Und ein kleines Vögelein,
tanderadei - das kann wohl verschwiegen sein.«
    »Das Tanderadei«, murmelte Casta dumpf. »Das hast du selbst mir nicht genau geschildert.«
    »Hast du mir die ritterlichen Tugenden des Herrn Ulrich im Einzelnen anvertraut?«
    »Die gehen dich nichts an.«
    »Siehst du?«
    »Ich wollte ja nur meinen Horizont erweitern. Aber nun erzähl schon, was hat dein Vater gesagt?«
    »Viel, und das ziemlich laut. Von Ehre hat er gesprochen, von Sittlichkeit, von Sünden auch. Aber es dämmerte ihm nach einer Weile, dass mir Hardo das Leben gerettet hat. Und dass er eigentlich ein ganz brauchbarer Mann ist. Er hat sich nämlich ziemlich lange mit dem Domgrafen unterhalten und den über Hardos Geschäfte gründlich ausgehorcht.«
    »Aber er ist nicht von Adel, und eine Burg besitzt er auch nicht.«

    »Nein, aber ich auch keine Jungfernehre mehr.«
    »Und nun?«
    »Ich habe meinem Herrn Vater gesagt, dass ich Hardo heiraten würde, wenn er mich fragte.«
    Casta prustete.
    »Dein Herr Vater wird ihn vermutlich mit der Peitsche in der Hand dazu zwingen.«
    »Ich habe das dumme Gefühl, Casta, dass Hardo sich zu nichts, aber auch zu gar nichts zwingen lässt. Und wenn er mich nicht aus freien Stücken nimmt, will ich ihn auch nicht heiraten.«
    »Du willst ihn nicht heiraten?«
    »Dann nicht, nein. Aber das heißt nicht, dass er mich loswird. Wenn er nicht um meine Hand bittet, dann werde ich wieder ausreißen und ihm so lange lästig fallen, bis er mich nach Venedig oder Gott weiß wohin mitnimmt.« Zufrieden lächelte sie. »Lästig fallen kann ich ziemlich gut.«
    »Das glaube ich dir. Aber warten wir erst mal ab, wie Ulrich sich morgen entscheidet.«
    »Liegt es nicht auf der Hand?«
    Casta schüttelte den Kopf.
    »Nicht unbedingt, Line. Mir wird er das Lehen nicht zusprechen, dem Lucas auch nicht, bliebe also nur dein Vater.«
    »Ich verstehe - wenn da nicht noch Hardo wäre. Der heilige Laurentius auf dem Bratrost möge das verhindern.«
    »Tja.«
    »Tja.«
    Sie schwiegen gedankenversunken eine Weile, dann reckte sich Engelin und fragte: »Was ziehst du morgen zur Messe an?«
    »Das Rosenrote. Und du das Elfenbeinfarbene.«
    »Ja, das werde ich wohl tragen. Und darum müssen wir noch ein wenig sticheln.«
    »Sieht so aus. Ännchen scheint ja auf Abwegen zu lustwandeln.«
    Engelin nahm sich des Saumes an, an dem noch eine
Borte befestigt werden sollte, und eine Weile nähten sie in traulichem Schweigen. Dann

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