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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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leise.
    »Lasst bloß den Herrn weg, sonst werde ich noch großspurig. Aber ja, ich spreche morgen mit Hardo darüber.«
    »Noch großspuriger?«, stichelte Dietrich.
    »Och, ich hab noch Möglichkeiten.«
    »Dann wird es Zeit, dich mal wieder in die kleine Spur zu bringen!«
    »Willst du raufen?«
    »Nicht vor den Damen.«
    »Gut, dann morgen. Das passt mir. Ich habe nämlich die Erlaubnis, dir ein paar faule Tricks beizubringen.«
    »Ach, wer sagt das?«
    »Der Herr Ulrich von der Arken. Nur will er sie dir nicht selbst beibringen und nie sehen, dass du sie anwendest.«
    »Ja, aber, warum …?«
    »Weil sie dir das Leben retten können, du Tropf.«
    »Oh«, sagte Dietrich, und Puckl fügte mit einem Grinsen hinzu: »Damit, dass ihm etwas an deinem Leben liegt, hat er also deine bedingungslose Loyalität gekauft.«

    »Meine Loyalität, Puckl, hatte er schon immer. Bedingungslos.«
    »Ja, den Eindruck besaß ich auch«, bestätigte Ismael.
    Und damit langte er in den Korb und zog ein Stück Braten und einen Brotfladen heraus und schlug die Zähne hinein.
    Die Unterhaltung wandte sich leichteren Dingen zu, und als das Feuer heruntergebrannt war, tat Ismael endlich das, was er sich beim ersten Anblick des süß duftenden Lindenwäldchens vorgestellt hatte.
    Ännchen half ihm willig dabei.

Pfingsten
    Ave, Allerschönste du,
heil dem Edelsteine,
ave, aller Jungfraun Zier,
Jungfrau, herrlich reine,
ave, Rose du der Welt! 25
Die Macht der Liebe
    Der Pfingstmorgen weckte Engelin und Casta mit blendendem Sonnenschein, und Ännchen, die vor den anderen erwacht war, brachte die Botschaft, der Herr Ulrich habe befohlen, dass man geschlossen die Dorfkirche aufsuchen würde, um der Messe beizuwohnen.
    »Na, das wird den Leuten aber ein Schauspiel bieten«, meinte Engelin und goss Wasser in die Waschschüssel. Dann halfen sich die jungen Frauen gegenseitig, die Haare zu bürsten und die Gewänder und Haarkränze anzulegen. Die Truhen der Burgherrin hatten sich als wahre Schatzkästen erwiesen. Casta hatte einen Surkot aus eierschalenfarbenem Damast für sich herrichten lassen, an dessen Säumen feine Goldstickereien schimmerten. Engelin aber hatte ein rosenrotes Gewand gewählt und es mit weißen Seidenbändern geschmückt.
    Sie gingen gemeinsam die Wendeltreppe nach unten und dann über die Arkaden in den Hof. Hier warteten bereits der Ritter - ganz in Schwarz -, Hardo, der wieder sein enges
Wams mit den Fuchspelzen trug, der Domgraf und der Stiftsherr im bodenlangen Talar, die Äbtissin in ihrer Kutte, den Schleier streng gebunden, die Novizin in schlichtem Grau, Ännchen in leuchtendem Rot, van Dyke in seiner prachtvollen Heuke, der Höfling selten schlicht gekleidet, Jonata und Ida in dunkelblauen, zierlich bestickten Kleidern, Loretta ganz ohne Putz - na ja, in ihren Augen … Der Ritter drehte sich nach den beiden Jungfern um, über sein vernarbtes Gesicht glitt ein Freudenschein, und er reichte Casta den Arm. Engelin sah zu Hardo hin, aber da hatte ihr Vater sich schon gebieterisch neben sie gedrängt. Sie legte also ihre Hand auf die seine und ließ sich von ihm aus der Burg und durch das Dorf führen. Die Mannen begleiteten die Gruppe der Herrschaften, und mit mildem Vergnügen genoss sie das Aufsehen, das sie bei den Dörflern erregten. Natürlich war die Kirche zu klein für all die Gläubigen, doch den Bewohnern der Burg wurde respektvoll Platz gemacht. Der arme Priester aber, der so viel Glanz und Aufmerksamkeit nicht erwartet hatte, verhaspelte sich mehrfach bei der Messe.
    »Den haben wir so durcheinandergebracht, dass er das Paternoster noch rückwärts aufsagen wird«, flüsterte es hinter Engelin. Sie unterdrückte ein Glucksen und lehnte sich vorsichtig zurück. Eine Hand streichelte ihren Nacken, wurde aber rasch fortgenommen, als ihr Vater den Blick von seinen andächtig zum Gebet zusammengelegten Händen hob.
    Sie senkte keusch die Lider, aber ihre Hände suchten nach dem harten Gegenstand, der sich in dem Beutel an ihrem Gürtel befand. Als Hardo gestern den Obstgarten verlassen hatte, hatte sie den Stern an sich genommen, den er achtlos auf der Mauer hatte liegen lassen. Ihm bedeutete er nichts mehr, aber sie war sich nicht ganz sicher, ob er nicht doch einen Zauber barg. Keinen bösen, nein - aber konnte es nicht sein, dass Hardo unter einem Glücksstern geboren war? Man sollte achtsam mit derartigen Dingen sein.
    Sie lächelte in sich hinein und betete dann mit den anderen zusammen.

    Das Paternoster

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