Das Spiel seine Lebens
Limo.«
»Und was hat dieser Horty mit Christian zu tun?«
»Sie waren unterschiedlicher Auffassung.«
»Inwiefern?«
Danny Clarke überlegte einen Augenblick. »Ich weiß nicht. Hatte wohl was mit diesem Mädel zu tun, das verschwunden ist.«
»Kathy Culver?«
»Genau. Mit der.«
»Was war mit ihr?«
Er drehte sich zum Videorecorder um und wechselte die Cas-sette. Dann tippte er etwas in den Computer. »Ich glaube, bevor sie mit Christian zusammen war, ist sie mit Horty gegangen. Oder sowas in der Art.«
»Und was ist passiert?«
»Horty war von Anfang an ein fauler Apfel. Als er in seinem Abschlussjahr war, hab ich gemerkt, dass er meinen Spielern Drogen verkauft hat: Kokain, Dope und Gott weiß was noch. Also hab ich ihn rausgeschmissen. Später hab ich dann gehört, dass er die Jungs drei Jahre lang mit Anabolika versorgt hat.«
Sp äter, wer's glaubt, dachte Myron. Dieses eine Mal jedoch behielt er den Gedanken f ür sich. »Und was hat das mit Christian zu tun?«
»Es gab Gerüchte, dass Christian Horty aus der Mannschaft werfen lassen hat. Horty hat das noch angeheizt, indem er den Jungs erzählt hat, Christian würde sie alle auffliegen lassen, weil sie Anabolika genommen haben und solches Zeug.«
»Stimmte das?«
»Nein. Zwei meiner besten Spieler sind am Spieltag so breit gewesen, dass sie kaum aus den Augen gucken konnten. Da musste ich was unternehmen. Christian hatte nichts damit zu tun. Aber Sie wissen, wie das ist. Alle meinten, Christian wäre der Star. Und wenn der wollte, dass ihm jemand den Arsch abwischt, würde der Coach nur fragen, ob's das dreilagige oder das feuchte Toilettenpapier sein soll.«
»Haben Sie den Jungs erzählt, dass Christian nichts damit zu tun hat?«
Er verzog das Gesicht. »Glauben Sie, das hätte was genützt? Sie hätten gedacht, dass ich ihn decke, dass ich ihn schützen will. Sie hätten ihn noch mehr gehasst. So lange es ihr Spiel nicht beeinträchtigt hat - und das hat es nicht getan -, war das nicht mein Problem. Ich hab's auf sich beruhen lassen.«
»Wirklich prima Charakterschulung, was Sie da betreiben.«
Er musterte Myron mit seinem besten Neueinsteiger-Einsch üchterungsblick. Die Ader auf der Stirn fing an zu pulsieren. »Sie machen sich unbeliebt, Bolitar.«
»Wäre nicht das erste Mal.«
»Ich pass auf meine Jungs auf.«
»Yeah, das merk ich. Sie lassen Horty machen, so lange er die Jungs mit gefährlichen, aber Leistung steigernden Drogen vollpumpt. Als er dann auf die härteren Sachen umsteigt - auf Zeug, das sich negativ auf die Leistungsfähigkeit auswirkt -, werden Sie plötzlich zum Schrecken der Dealer.«
»Solchen Mist muss ich mir nicht anhören«, wetterte Danny Clarke. »Und von einem üblen, Blut saugenden Vampir schon gar nicht. Machen Sie, dass Sie aus meinem Büro kommen. Sofort.«
Myron sagte: » Wollen wir am Wochenende vielleicht mal zusammen ins Kino gehen? Oder uns eine schöne Show am Broadway ansehen?«
»Raus!«
Myron ging. Ein neuer Tag, ein neuer Freund. Mit ein wenig Charme ging doch alles gleich viel leichter.
Bis zu seinem Termin bei Sheriff Jake war Noch viel Zeit, also entschloss er sich, einen Spaziergang zu machen. Der Campus war verlassen wie eine Geisterstadt - wenn auch kein Gestr üpp durch die Straßen wehte. Die Studenten hatten Sommerferien. Die Gebäude wirkten leblos und düster. Irgendwo lief ein Elvis-Costello-Song. In der Ferne erschienen zwei Studentinnen. Studentinnen in Tops mit Nackenband und engen Shorts. Sie führten einen haarigen kleinen H und spazieren - einen Shih-Tzu. Er sah aus wie Cousin It aus der Addams Family, nachdem man ihn zu lange im Trockner gelassen hatte. Myron lächelte und nickte den Mädels zu, als sie an ihm vorbeikamen. Keine der beiden fiel ihn Ohnmacht oder riss sich die Kleider vom Leib. Erstaunlich. Der kleine Hund hingegen knurrte ihn an. Cujo.
Er war schon fast bei seinem Wagen, als er das Schild sah:
Campus Post Office
Er blieb stehen, sah sich um, entdeckte niemanden. Einen Versuch war es wert.
Das Innere der Post war beh ördengrün gestrichen - die gleiche Farbe wie die Schultoilette. Die Wände des langen V-förmigen Korridors waren mit Postfächern bedeckt. Weiter hinten lief ein Radio. Das St ück konnte er nicht identifizieren, da er nur den lauten, monotonen Bass hörte.
Myron ging zum Postschalter. Der junge Student dahinter hatte die F üße hoch gelegt. Die Musik kam aus seinen Ohren. Er hörte einen dieser Walkman Nachbauten mit
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