Das Spiel seine Lebens
wir uns nicht verarschen lassen. Und darum machen wir Bolitar auf der Stelle platt.«
Myron sagte: »Das kann ich so nicht gutheißen.«
»Wer hat dich denn gefragt?«
»Ich wollte nur kurz anmerken, was ich davon halte.«
»Bitte, Frank, das bringt uns nicht weiter. Du hast versprochen, mich das machen zu lassen.«
»Was machen? Bring den Wichser um. Fertig.«
»Warte nebenan. Ich verspreche dir, ich kümmere mich darum.«
Frank warf Myron einen finsteren Blick zu. Myron versuchte nicht, ihn zu erwidern. Er wusste, dass das ein Teil der Show war. Er wusste, dass sie ihn auf eine ähnliche Art einschüchtern wollten, wie es Otto Burke und Larry Hanson versucht hatten. Doch im Angesicht des Todes bekam die Mutt-und-Jeff-Nummer irgendwie ganz neuen Schwung.
Win sa ß weiterhin nachdenklich da.
»Komm, Aaron«, knurrte Frank. »Lass uns machen, dass wir hier rauskommen.« Er erhob sich. »Aber das Kopfgeld steht.«
»Schön«, sagte Herman. »Wenn du ihn umbringen willst, werde ich dir nicht in die Quere kommen.«
»Er ist so gut wie tot.«
Frank und Aaron gingen. Frank knallte die T ür zu. Seine Interpretation war etwas überzogen, dachte Myron, aber insgesamt hatte er seine Nebenrolle doch recht eindrucksvoll mit Leben gefüllt.
»Lustiges Kerlchen«, merkte er an.
Herman ging in die Zimmerecke. Er machte einen langsamen Probeschwung mit einem Golfschl äger. »Du solltest dich nicht mit ihm anlegen, Myron. Frank ist echt sauer. Ich hab dich immer gerne gemocht. Schon von Anfang an. Aber ich weiß nicht, ob ich dir bei der Geschichte helfen kann.«
Der »Anfang« war in Myrons zweitem Studienjahr auf Duke gewesen. Er dachte nicht gern daran zurück. Sein Vater hatte gespielt. Und verloren. Als Myron am Tag vor dem Spiel gegen Georgia State in sein Zimmer kam, hatte sein Vater mit zwei von Herman Aches Gangstern auf ihn gewartet. Die beiden Gangster hatten Myron erklärt, dass sie seinem Vater einen Finger abschneiden würden, wenn Georgia mit mehr als zwölf Punkten Unterschied verlöre. Sein Vater hatte geweint. Es war das erste Mal, dass Myron seinen Vater weinen sah. Myron verlor in den letzten 40 Sekunden drei Mal den Ball, sodass Duke am Ende nur zehn Punkte Vorsprung hatte.
Vater und Sohn hatten nie dar über geredet.
»Warum ist dieser Junge, dieser Chaz Landreaux, dir so wichtig?«
»Ich glaube, es lohnt sich, ihn zu retten.«
»Wovor willst du ihn retten?«
»Er ist noch ein Kind, Herman. Frank setzt ihn unter Druck. Er soll damit aufhören.«
Herman l ächelte, nahm einen anderen Golfschläger und machte noch ein paar Trainingsschwünge. Dann ergriff er den Putter. »Immer noch der alte Kämpfer für die Gerechtigkeit, was, Myron?«
»Eher nicht. Ich versuche nur, dem Jungen zu helfen.«
»Und dir selbst.«
»Schön. Und mir selbst.«
Myron sah, dass Herman Ache Spikes unter seinen Golfschuhen hatte. Gott noch mal. Die meisten Menschen halten Golf f ür einen lächerlichen Pseudosport. Andere sind davon besessen und kommen ihr Leben lang nicht mehr davon los. Dazwischen gibt es nichts.
»Ich glaube kaum«, sagte Herman, während er versuchte, die Unebenheiten in seinem Teppich zu lesen, »dass ich Frank aufhalten kann. Er ist wild entschlossen.«
»Du hast hier das Sagen«, sagte Myron. »Das weiß doch jeder.«
»Aber Frank ist mein Bruder, und wenn es nicht absolut unvermeidbar ist, versuche ich, ihm nicht in die Quere zu kommen. Und das ist es hier wohl nicht.«
»Was hat Frank ihm angetan?«
»Bitte?«
»Wie hat er den Jungen unter Druck gesetzt?«
»Oh«, sagte Herman. Wieder nahm er einen anderen Schläger. Diesmal legte er den Putter weg und nahm ein Holz. »Er hat seine Schwester entf ührt. Seine Zwillingsschwester, glaube ich.«
Myron merkte, wie sein Magen sich wieder meldete. Sie hatten Recht gehabt. N ützte ihnen allerdings nicht viel. »Wie geht's ihr?«
»Ach, da würde ich mir keine Sorgen machen«, sagte Her-man, als wäre das eine wirklich dumme Frage. »Sie werden ihr nichts tun. Wenn Landreaux weiterhin tut, was man ihm sagt.«
»Wann lassen sie sie laufen?«
»Übermorgen. Er will sicher sein, dass der Vertrag wirklich gültig ist und Landreaux es sich nicht noch einmal anders überlegt.«
»Was willst du, Herman? Was kostet es, Frank davon abzubringen?«
Herman zog einen Handschuh an, schwang den Schl äger einmal sehr langsam und sorgfältig durch und behielt dabei seine Hände im Auge. »Ich bin ein alter Mann, Myron. Ein reicher alter Mann. Was
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