Das Spiel seine Lebens
vorsichtig.
Aber wie sollte er...
»Kathy ist nicht glücklich über Ihr Verhalten«, probierte er es.
» Ich wollte ihr nicht schaden.«
Myron legte eine Hand auf die Brust und hob theatralisch den Kopf: »Du magst in wohltätiger oder schädlicher Absicht gekommen seyn; die Gestalt die du angenommen hast, ist so ehrwürdig.«
»Was soll das heißen?«
Myron zuckte die Achseln. »Wenn sich die Gelegenheit ergibt, verwende ich gerne mal ein Shakespeare-Zitat. Das wirkt einfach gebildet, finden Sie nicht?«
Der Dekan verzog das Gesicht. »Können wir wieder aufs Thema zurückkommen?«
»Klar.«
»Sie sagen, Kathy will kein Geld.«
»Jawohl.«
»Was will sie dann?«
Gute Frage. »Sie will, dass die Wahrheit bekannt wird.« Unverbindlich, vage, nebulös.
»Welche Wahrheit?«
»Stellen Sie sich nicht blöd«, fauchte Myron mit gespieltem Abscheu. »Sie wollten doch keinen Scheck für eine wohltätige Organisation Ihrer Wahl ausstellen oder?«
»Aber ich habe doch nichts getan«, heulte er fast. »Kathy ist in dieser Nacht verschwunden. Seitdem habe ich sie nicht mehr gesehen. Woher hätte ich wissen sollen, was ich denken oder tun soll?«
Myron ma ß ihn mit einem skeptischen Blick. Er tat das, weil er nicht wusste, was er sonst h ätte tun können. Er arbeitete jetzt mit Jakes Technik: still sitzen bleiben und hoffen, dass er sich seine eigene Schlinge knüpft. Bei Politikern funktioniert das besonders gut. Sie werden mit einem fehlerhaften Chromosom geboren, das ihnen ein längeres Schweigen unerträglich macht.
»Sie muss das verstehen«, fuhr der Dekan fort. »Ich habe mein Bestes getan. Sie ist verschwunden. Was sollte ich machen? Zur Polizei gehen? Wollte sie das? Ich war mir nicht sicher. Ich habe an sie gedacht. Vielleicht hatte sie es sich anders überlegt. Woher sollte ich das wissen? Ich habe versucht, in ihrem Interesse zu handeln.«
Nach dem letzten Satz fiel es Myron leichter, Skepsis in sein e n Blick zu legen. Myron w ünschte, er wüsste, w o von zum Teufel der Dekan eigentlich sprach. Sie saßen da und starrten sich gegenseitig an. Dann geschah etwas in Dekan Gordons Gesicht. Myron wusste nicht genau, was es war, doch sein ganzes Benehmen änderte sich. Sein Blick wirkte starr und gequält. Er schüttelte den Kopf.
»Es reicht«, sagte er leise.
»Was reicht?«
Er schlug das Scheckheft zu. »Ich bezahle nicht«, sagte er. »Sagen Sie Kathy, ich tue, was sie will. Ich unterstütze sie um jeden Preis. Das geht jetzt lange genug. Ich kann so nicht leben. Ich bin kein schlechter Mensch. Sie ist ein krankes Mädchen. Sie braucht Hilfe. Ich will ihr helfen.«
Damit hatte Myron nicht gerechnet. »Ist das Ihr Ernst?«
»Ja. Auf jeden Fall.«
»Sie wollen Ihrer früheren Geliebten helfen?«
Sein Kopf schnellte hoch. »Was sagen Sie?«
Myron hatte sich blind auf d ünnes Eis begeben. Offenbar hatte diese Äußerung die Wirkung eines Flammenwerfers.
»Haben Sie »Geliebte« gesagt?«
Oh oh.
»Sie kommen nicht von Kathy «, fuhr der Dekan fort. »Sie haben nichts mit ihr zu tun, stimmt's?«
Myron antwortete nicht.
»Wer sind Sie? Wieheißen Sie wirklich?«
»Myron Bolitar.«
»Wie?«
»Myron Bolitar.«
»Sind Sie von der Polizei?«
»Nein.«
»Was sind Sie dann?«
»Sportagent.«
»Was?«
»Ich vertrete Profisportler.«
»Sie - und was haben Sie mit der Sache zu tun?«
»Ich bin ein Freund von ihr«, sagte Myron. »Ich versuche, Kathy zu finden.«
»Ist sie am Leben?«
»Weiß ich nicht. Aber Sie glauben es offenbar.«
Dekan Gordon öffnete die unterste Schreibtischschublade, nahm eine Zigarette heraus und zündete sie an.
»Schadet Ihrer Gesundheit«, sagte Myron.
»Ich habe vor fünf Jahren aufgehört zu rauchen. Glauben jedenfalls alle.«
»Noch ein kleines Geheimnis?«
Er l ächelte gequält. »Sie haben mir also das Magazin geschickt.«
Myron sch üttelte den Kopf. »Nein.«
»Wer dann?«
»Ich weiß es nicht. Das versuche ich herauszubekommen. Aber ich wusste davon. Und jetzt weiß ich auch, dass Sie etwas über Kathys Verschwinden wissen und verschweigen.«
Der Dekan nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette und stie ß langsam eine Qualmwolke aus. »Ich könnte es abstreiten. Ich könnte alles abstreiten, was hier heute gesagt worden ist.«
»Könnten Sie«, entgegnete Myron. »Aber ich habe natürlich das Magazin. Warum sollte ich lügen? Und außerdem ist Sheriff Jake Courter auf meiner Seite. Aber Sie haben Recht. Im Endeffekt stünde mein Wort gegen
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