Das Spiel seine Lebens
Umkleidekabine gegangen, um sich mit jemandem zu treffen. Einem Erpresser, sagte sie. Einen ehemaligen, äh, Verehrer, der gedroht hatte, ihre Vergangenheit zu enthüllen. Sie wollte für sein Schweigen bezahlen.«
Die Barabhebung von dem Treuhandkonto, dachte Myron.
»Aber als sie in den Umkleideraum kam, war der Erpresser nicht allein. Mehrere seiner Mannschaftskameraden waren bei ihm, darunter auch ein weiterer ehemaliger Verehrer. Sie hätten sie nicht geschlagen, sagte sie. Sie hätten ihr nichts getan. Und sie hätte sich nicht gewehrt. Es waren zu viele, und sie waren zu stark. « Er schloss die Augen, flüsterte nur noch. »Sie haben sich abgewechselt.«
Schweigen.
»Wie ich schon sagte, hat Kathy mir das auf eine so distanzierte Art erzählt, wie ich es bei ihr noch nie gesehen hatte. Ihr Blick war ganz klar und entschlossen. Sie sagte zu mir, dass es nur eine Möglichkeit gäbe, ihre Vergangenheit zum Verstummen zu bringen. Ein für alle Mal. Sie würde sich ihr stellen. Sie würde alles ans Tageslicht bringen, damit es dort verdorren und zu Staub zerfallen sollte wie ein mittelalterlicher Vampir. Sie sagte, sie wüsste, was sie zu tun hätte.«
Wieder Schweigen.
»Was?«, fragte Myron.
»Sie wollte die Jungen anzeigen, die sie vergewaltigt hatten. Sich zu ihrer Vergangenheit bekennen und sie hinter sich lassen. Sonst würde sie sie ihr ganzes Leben nicht wieder loswerden.«
»Was haben Sie dazu gesagt?«
Bei der Frage zuckte Dekan Gordon zusammen. Er dr ückte seine Zigarette aus. Er blickte zur untersten Schreibtischschublade, holte jedoch keine weitere Zigarette heraus. »Ich habe gesagt, sie solle sich beruhigen.« Bei dem Gedanken lachte er. »Beruhigen. Das Mädchen war inzwischen so emotionslos, so distanziert, dass sie ebenso gut aus dem Telefonbuch hätte vorlesen können. Und ich sage ihr, sie soll sich beruhigen. Herrgott.«
»Was noch?«
»Ich sagte, sie stünde wohl noch unter Schock. Ich habe das auch geglaubt. Ich sagte zu ihr, dass sie alles bedenken, ihre Möglichkeiten abwägen und keine überhastete Entscheidung treffen soll, die zweifellos Einfluss auf ihr weiteres Leben hätte. Ich riet ihr, darüber nachzudenken, was es bedeuten würde, wenn man ihre Vergangenheit vor allen Leuten ausbreitete - für ihre Familie, ihre Freunde, ihren Verlobten und für sie selbst.«
»Mit anderen Worten«, sagte Myron, »Sie haben versucht, ihr die Anzeige auszureden.«
»Vielleicht. Aber ich habe nicht gesagt, was ich damals gedacht habe: Eine Frau, die sich selbst eine wild rumvögelnde Schlampe nennt, die mit Pornografie und wilden Sexorgien zu tun hatte, behauptet, dass sie von einer Gruppe Collegestudenten vergewaltigt wurde, von denen sie mit zweien zugegebenermaßen vorher eine Affäre hatte. Ich wollte, dass sie darüber nachdenkt, bevor sie sich selbst überstürzt vor vollendete Tatsachen stellt.«
»Machen Sie es sich nicht zu leicht«, sagte Myron. »Sie haben sich nicht die Bohne für Kathy interessiert. Sie hat Sie um Hilfe gebeten, und Sie haben an alles andere gedacht, nur nicht an sie. Sie haben an Ihre erlesene Lehranstalt gedacht. An den Skandal. Sie haben an das Footballteam gedacht, das die Chance hatte, die Meisterschaft zu gewinnen. Sie haben an Ihre eigene Karriere gedacht, wie es aussehen würde, wenn bekannt würde, dass sie für Sie gearbeitet hat, dass sie kein Problem damit hatte, am späten Abend zu Ihnen nach Haus zu kommen. Sie würden mit drin hängen. Jemand könnte Sie mal genauer unter die Lupe nehmen, und womöglich auf eine ungewöhnliche Ehevereinbarung stoßen.«
Er sprang auf. »Was ist mit meiner Ehe?« »Sagt Ihnen die Wendung »alle zwei Monate« etwas?« Er stand mit offenem M und da. » Wieso. . . ?« Er fing sich, lächelte beinah. »Sie sind ein sehr gut informierter junger Mann. « »Allwissend«, korrigiert Myron ihn. »Gottgleich.« »Zu meiner Ehe sage ich nichts, ich wäre aber unehrlich, würde ich nicht zugeben, dass mir all das durch den Kopf gegangen ist. Aber ich habe mir auch Sorgen um Kathy gemacht. Ein Fehler wie dieser -«
»Eine Vergewaltigung, Dekan. Kein Fehler. Kathy wurde ver gewaltigt. Sie hat keinen »Fehler« gemacht. Sie war nicht das Opfer einer Unachtsamkeit. Ein Haufen Footballspieler hat sie in einem Umkleideraum fest gehalten und sich reihum gegen ihren Willen an ihr vergangen.«
»Sie vereinfachen die Situation.«
»Sie waren derjenige, der die Situation vereinfacht hat. Bei Ihnen kam Kathy ganz
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