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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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fährt sich mit der Hand über seinen kahlrasierten Kopf. »Spielen Sie nicht den Armleuchter, und lassen Sie den armen Kerl ausruhen.« Dan ist ein alter Freund aus meinen Tagen an der Georgetown Law School. Er ist halb Jude, halb Italiener. Nach seinem Abschluß ist er im Gegensatz zu den meisten anderen von uns nicht in eine Kanzlei auf dem Hügel eingetreten, sondern in seinem alten Viertel in Baltimore geblieben. Er hat ein mickriges Schild rausgehängt und nimmt die Fälle an, über welche die anderen Anwälte nur lachen. Dan kann seinen Familienstammbaum stolz bis auf Meyer Lansky zurückführen, und für einen ordentlichen Kampf ist er immer zu haben. Nach seinen eigenen Worten unterhält er keinerlei Beziehungen mehr in Washington. Deshalb habe ich ihn angerufen.
    »Harris, wir sollten allmählich gehen«, meint Dan. »Du brichst gleich zusammen, Bruder.«
    »Mir geht's gut«, erwidere ich.
    »Schwindler.«
    »Mir geht's gut«, wiederhole ich.
    »Komm schon, spiel nicht den Trottel. Du hast ein fünfeinhalbstündiges Verhör hinter dir. Selbst die Agenten haben dir geraten, eine Pause zu machen. Sieh dich an, du kannst ja nicht mal mehr stehen.«
    »Du weißt, was sie da drin treiben.« Ich deute auf die geschlossenen Türen.
    »Das spielt keine Rolle.«
    »Für mich schon! Gib mir noch fünf Minuten.«
    »Harris, wir warten jetzt schon zwei Stunden hier draußen. Es ist fast Mitternacht, du mußt deine Nase richten lassen und brauchst außerdem eine Schiene für deinen Arm.«
    »Meinem Arm geht es gut«, sage ich und zupfe an der Schlinge, die mir die Sanitäter angelegt haben.
    »Wenn du ...«
    »Dan, ich weiß, daß du es gut meinst, aber jetzt übe dich einmal in Bescheidenheit und nimm hin, daß du dieses Problem nicht lösen kannst.«
    »Bescheidenheit?« Er verzieht sein Gesicht. »Ich hasse Bescheidenheit.«
    Ich schaue zwischen meinen Knien hindurch und betrachte mein Spiegelbild in dem glänzenden Marmorboden. »Manchmal ist ein bißchen Demut gar nicht so schlimm, wie du glaubst.«
    Er sagt noch etwas, aber ich höre nicht zu. Ich werfe einen Blick auf die geschlossenen Türen. Nach allem, was ich durchgemacht habe, ist das jetzt das einzige, was mir noch wichtig ist.
    Vierzig Minuten später fühle ich den Pulsschlag im ganzen Arm. Doch als sich die Türen des Lesesaals öffnen, vergesse ich den Schmerz. Dafür durchzuckt mich ein neuer.
    Viv kommt heraus. Ihre Augenbrauen sind bandagiert, ihre Unterlippe ist geschwollen und aufgeplatzt, und sie hält sich einen Eisbeutel über ein Auge.
    Ich rapple mich hoch und versuche sie anzusprechen, aber ein Mann in einem Nadelstreifenanzug tritt rasch zwischen uns.
    »Lassen Sie das Mädchen eine Weile in Ruhe.« Der Anwalt legt mir die Handfläche gegen meine Brust. Er ist ein hochgewachsener Afro-Amerikaner mit einem buschigen Schnauzbart. Als wir hergebracht wurden, habe ich Viv angeboten, daß sie Dan als Anwalt nehmen könnte. Ihre Eltern haben jedoch ihren eigenen Anwalt angeschleppt. Das kann ich ihnen nicht verübeln. Seitdem sorgten das FBI und die Anwälte dafür, daß Viv und ich uns weder sehen noch hören noch miteinander sprechen konnten. Das kann ich ebenfalls niemandem vorwerfen. Es ist ein kluger Schachzug. Trenne deine Klienten. Ich habe diesen Anwalt noch nie zuvor gesehen, doch der Anzug allein verrät mir, daß er den Job gut bewältigen kann. Ich weiß zwar nicht, wie sich Vivs Familie seine Dienste leisten kann, aber wenn ich mir die Presse vorstelle, die dieser Fall bekommt, dürfte sich der Anwalt über sein Honorar wohl keine Sorgen machen. »Haben Sie gehört, was ich gesagt habe? Sie hat eine lange Nacht hinter sich.«
    »Ich will mit ihr reden.«
    »Warum? Wollen Sie noch mehr Chaos in ihr Leben bringen, als Sie es schon getan haben?«
    »Sie ist meine Freundin.« So schnell gebe ich nicht klein bei.
    »Es ist in Ordnung, Mr. Thorneil.« Viv schiebt ihn beiseite. »Ich schaffe das schon.«
    Thorneil sieht sie kurz an und lenkt dann ein. Er tritt einen halben Meter zurück. Viv wirft ihm noch einen Blick zu, und er geht zu den Vitrinen, wo Dan und der FBI-Agent warten. Für einen kurzen Moment sind wir ungestört.
    Ich schaue Viv an. Sie weicht meinem Blick allerdings aus und schaut zu Boden. Das letzte Mal haben wir vor acht Stunden miteinander geredet. Die letzten drei habe ich mir den Kopf zerbrochen, was ich ihr sagen will. Ich kann mich an kein einziges Wort mehr erinnern.
    »Wie geht es deinem Auge?«
    »Wie geht es

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