Das Spiel
sich.
»Eigentlich dachte ich eher an Pasternak.«
Harris schweigt, und ich grinse. Pasternak mag zwar so etwas wie ein Mentor für Harris sein, aber Harris und ich kennen uns seit meinem ersten Jahr am College. Einen alten Freund kannst du nicht anlügen.
»Ich gebe damit gar nichts zu«, beginnt er. »Trotzdem wird mein Mann nicht einsteigen. Schon gar nicht so spät. Selbst wenn wir annehmen, daß 189 zusammen mit seinem Mentor bietet, ist das immer noch eine ziemlicher Haufen Geld.«
»Es sind zwei Haufen, wenn wir gewinnen. Im Topf warten über fünfundzwanzigtausend Dollar. Denk nur an den Scheck, den du nach Hause schicken kannst.«
Dagegen kann selbst Harris nichts einwenden.
Es knackt in der Leitung. Er hat den Lautsprecher abgeschaltet. »Matthew, kannst du das wirklich durchziehen?«
Ich schweige und gehe alle Möglichkeiten durch. Er wartet ebenso stumm ab und geht seinerseits die Konsequenzen durch. Diesmal ist unser üblicher Tanz umgekehrt. Jetzt bin ich zuversichtlich, und er mahnt zur Vorsicht.
»Wie sieht's aus, kriegst du das hin?« wiederholt er.
»Ich glaube schon«, erwidere ich.
»Nein, von wegen ich glaube . Ich frage dich als Freund, ganz ehrlich, kein Unsinn. Kriegst du das hin?«
Zum ersten Mal höre ich so etwas wie Panik in seiner Stimme. Er hat keine Angst, von der Klippe zu springen, aber wie jeder gute Politiker will er vorher wissen, was ihn im Fluß erwartet.
»Das Baby gehört mir«, erwidere ich. »Der einzige, der noch dichter dran ist, ist Cordeil selbst.«
Sein Schweigen verrät mir, daß er noch nicht überzeugt ist.
»Du hast recht«, fahre ich sarkastisch fort. »Es ist zu riskant. Wir sollten lieber die Finger davon lassen.«
Er schweigt.
»Ich schwöre dir, Harris, Cordell kümmert sich nicht um die Krumen. Dafür beschäftigt er mich. Wir können nicht verlieren.«
»Kannst du das versprechen?«
Ich starre aus dem Fenster auf die Kuppel des Capitols. »Bei meinem Leben.«
»Komm mir jetzt nicht melodramatisch.«
»Gut, dann kriegst du eine pragmatische Antwort. Kennst du die goldene Regel des Bewilligungsprozesses? Wer das Gold hat, macht die Regeln.«
»Und wir haben das Gold?«
»Wir haben das Gold.«
»Bist du sicher?«
»Das werden wir sehr bald erfahren«, erwidere ich lachend. »Also, bist du dabei?«
»Du hast die Quittung doch schon ausgefüllt, oder?«
»Du mußt sie weiterschicken.«
Es knackt. Ich bin wieder auf Lautsprecher gestellt.
»Cheese, du mußt ein Päckchen für mich ausliefern!« ruft er seinem Assistenten zu.
Auf geht's. Wir sind im Geschäft.
***
Um halb acht klopft jemand leise an meine Bürotür. »Alles klar?« Harris steckt den Kopf herein.
»Komm rein.« Ich winke ihn zu mir. Die anderen sind weg, also können wir die Dinge auch etwas beschleunigen.
Als er das Büro betritt, senkt er das Kinn und lächelt mir schmallippig zu. Diesen Ausdruck kenne ich an ihm nicht. Signalisiert er neu gewonnenes Vertrauen? Oder gar Respekt?
»Es steht dir ins Gesicht geschrieben«, erklärt er.
»Was ... ?«
Er lächelt und tippt mit dem Finger auf seine Wange.
Ich lecke meinen Finger an und reibe mir die Tinte vom Gesicht.
»Ich habe übrigens deinen Boß Cordeil im Aufzug getroffen.«
»Hat er was gesagt?«
»Nicht viel«, spöttelt Harris. »Er hat ein schlechtes Gewissen, weil du vor all den Jahren bei seiner Wahlkampagne unterschrieben und ihn zu all den Wahlveranstaltungen gefahren hast, ohne zu ahnen, daß er sich am Ende zu einem Arschloch entwickeln würde. Außerdem täte es ihm leid, daß er sein Umweltprogramm für jeden noch so kleinen Fernsehauftritt verraten habe.«
»Das ist nett. Wenigstens hat er genug Größe, es zuzugeben.« Ich lächle, aber Harris durchschaut mich. Als wir hierhergekommen sind, hat Harris an Themen geglaubt. Ich habe auf eine Person gesetzt. Letzteres ist weit riskanter.
Harris hockt sich auf eine Ecke meines Schreibtisches, und ich folge seinem Blick zum Fernsehgerät. Es ist wie immer auf C-SPAN eingestellt. Solange eine Sitzung stattfindet, stehen die Pagen abrufbereit. Soeben hat die Kongreßabgeordnete Thelma Lewis aus Wyoming das Podium erklommen und plappert drauflos. Wir haben noch Zeit. In Casper ist es jetzt siebzehn Uhr dreißig, die Hauptnachrichtenzeit im Fernsehen. Deshalb hat Lewis auch bis zum frühen Abend gewartet, um ihr großes Palaver zu halten. Aus demselben Grund stehen die Abgeordneten aus New Mexico, North Dakota und Utah alle brav hinter ihr an. Warum soll
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