Das Spiel
sie auf Rache aus ist, läßt sie es sich nicht anmerken.
»Was befindet sich jetzt auf dem Land?« fragt sie nur.
»Staub ... Kaninchen ... nur so gute Sachen. Sie wollen die Goldmine, die darunter liegt.«
»Akzeptieren sie die Auflagen des Umweltschutzes?«
»Bedingungslos. Da sie das Land kaufen, bekommen wir sogar noch Geld dafür. Es ist ein gutes Geschäft.«
Ihr ist klar, daß ich recht habe. Nach geltendem Bergbaurecht braucht eine Bergwerksgesellschaft nur einen Claim abzustecken und Unterlagen auszufüllen, wenn sie auf öffentlichem Land nach Gold oder Silber graben will. Danach kann sich die Firma kostenlos alles nehmen, was sie will. Dank der Bergwerkslobby, die es geschafft hat, dieses Gesetz seit 1872 unangetastet zu lassen, muß eine Firma Uncle Sam keinen einzigen Nugget Lizenzgebühren zahlen, selbst wenn sie Millionen in Gold aus Regierungsland herauszieht. Kaufen sie das Land noch zu den alten Bedingungen, können sie es sogar behalten, wenn sie fertig sind.
»Was sagt das Amt?« will Trish wissen. Sie meint das Amt für Landverwaltung.
»Sie haben bereits zugestimmt. Der Verkauf ist nur in einem Berg von Formularen und Vorschriften steckengeblieben. Sie wollen es in den Haushalt bringen, um es voranzutreiben.«
Trish steht hinter dem ovalen Konferenztisch und kaut auf der Innenseite ihrer Wange, während sie meine Bitte in Dollar umrechnet. Ezra und Georgia beobachten uns gespannt.
»Ich muß mein Büro anrufen«, verkündet Trish schließlich.
»Im Sitzungssaal steht ein Telefon.« Ich schicke sie und Georgia nach nebenan.
Als die Nebentür hinter ihnen zufällt, räumt Ezra seine Notizbücher zusammen. »Glauben Sie, daß sie einwilligen?«
»Das hängt davon ab, wie scharf sie auf diese Abwasserkanäle sind, stimmt's?«
Ezra nickt, und ich drehe mich wieder zu dem Schwarzweißfoto vom Yosemite um. Ezra schaut ebenfalls hin. Wir starren es eine halbe Minute lang schweigend an.
»Ich kapiere es einfach nicht«, meint Ezra schließlich.
»Was kapieren Sie nicht?«
»Ansei Adams. Ich meine, der Kerl hat doch nur ein paar Schwarzweißfotos von einer Landschaft geschossen. Was daran ist so großartig?«
»Es geht nicht um das Foto«, erkläre ich. »Es ist die Idee.« Ich beschreibe mit meiner Handfläche einen Kreis um den schneebedeckten Gipfel. »Das bloße Abbild eines vollkommen offenen Raumes ... Es gibt nur einen Ort, wo man ein solches Foto hat machen können. In Amerika. Die Idee, riesige Landstriche vor der Erschließung zu schützen, damit Menschen sie anschauen und sich daran freuen können, ist ein amerikanisches Ideal. Wir haben es erfunden. Frankreich, England ... ganz Europa, sie haben Schlösser und Städte in ihre Landschaften gebaut. Hier drüben erschließen wir zwar auch Land, aber wir bewahren auch große Gebiete und nennen sie Nationalparks. Die Europäer behaupten immer, die einzige originär amerikanische Kunstform wäre Jazz. Das stimmt nicht. Diese Erhabenheit der roten Berge, das ist der John Coltrane der Landschaft.«
Ezra legt den Kopf schief. »Ich sehe das immer noch nicht.«
Ich warte darauf, daß sich die Tür öffnet, aber sie bleibt geschlossen. Ich kann schon fühlen, wie die Schweißtropfen aus meinen Achselhöhlen an meiner Seite herunterlaufen. Trish ist viel zu lange drin.
»Läuft alles gut?« Ezra sieht meine Miene.
»Ja ... mir ist nur warm.« Ich knöpfe mein Hemd auf. Sollte Trish ebenfalls das Spiel spielen, stecken wir in ernsten ...
Noch bevor ich den Gedanken beenden kann, wird die Nebentür geöffnet. Als Trish hereinkommt, versuche ich ihre Miene zu enträtseln. Genausogut könnte ich versuchen, Harris zu durchschauen. Sie umklammert ihren Ringordner wie eine Mädchen in der Highschool und verlagert ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Ich beiße mir auf die Zunge und versuche die Zahlen zu ignorieren, die mir durch den Kopf schießen. Zwölftausend Dollar. Jeder einzelne Cent, den ich in den letzten Jahren zusammengespart habe. Dazu die fünfundzwanzigtausend Dollar Gewinn. Alles hängt von diesem Moment ab.
»Abgemacht. Abwasserkanäle gegen Goldmine«, meint Trish.
»Abgemacht«, erwidere ich.
Wir schließen den Handel mit einem kurzen Nicken ab. Trish marschiert zum Lunch. Ich marschiere in mein Büro.
Damit stehen wir im Kreis des Siegers.
***
»Das war's?« höre ich Harris' Stimme in meiner Hörmuschel.
»Das war es«, wiederhole ich. Mein Büro ist beinahe leer. Alle sind essen, bis auf Dinah. Sie ist
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