Das Spiel
Geldgeber in South Dakota sprechen. Deshalb habe er mich gebeten, anzurufen. Persönlich.
Jetzt sind wir hier. Die ethischen Grundsätze erlauben einem Senator, den Jet einer privaten Firma zu nutzen, falls er der Firma den Preis für ein gewöhnliches Erste-Klasse-Ticket ersetzt. Was wir später noch tun können. Es ist ein geniales Hintertürchen, durch das Viv und ich kopfüber gehechtet sind. Eine automatische Tür läßt uns in das Gebäude. Das Foyer dahinter erinnert mich an ein elegantes Hotel. Gepolsterte Lehnstühle, viktoria-nische Bronzelampen, burgunderrot und grau gemusterte Teppiche.
»Kann ich Ihnen behilflich sein?« Eine junge Schwarze in einem Kostüm richtet sich hinter dem Empfangstresen auf.
Viv lächelt, verzieht jedoch das Gesicht, als ihr klar wird, daß diese Hilfsbereitschaft mir gilt.
»Die Maschine für Senator Stevens«, sage ich.
»Bin schon da!« ruft eine tiefe Stimme hinter dem Tresen. Ein Pilot mit blondem, zurückgekämmtem Haar nickt uns zu.
»Tom Heidenberger«, stellt er sich vor. Er hat einen kräftigen Händedruck. Offenbar war er beim Militär. Er schüttelt auch Viv die Hand. Viv genießt diese Aufmerksamkeit sichtlich.
»Ist der Senator noch unterwegs?« erkundigt sich der Pilot.
»Er schafft es nicht. Ich spreche an seiner Stelle.«
»Sie Glückspilz.« Er grinst.
»Das ist Catherine, unsere neue juristische Assistentin.« Ich stelle Viv vor. Dank ihres Anzuges und ihrer überdurchschnittlichen Größe geht sie anstandslos durch.
»Startbereit, Senator?« witzelt der Pilot.
»Sofort«, erwidere ich. »Allerdings würde ich vorher gern noch einmal telefonieren.«
»Selbstverständlich«, erwidert Heidenberger. »Dienstgespräch oder privat?«
»Privat«, sagen Viv und ich aus einem Mund.
Der Pilot lacht. »Sie rufen wohl den Senator an, was?« Wir lachen, als er um die Ecke deutet. »Erste Tür rechts.«
Der winzige Konferenzraum ist kaum größer als eine Teeküche. In ihm drängen sich ein Schreibtisch, ein Ledersessel und an der Wand ein inspirierendes Poster, das einen Bergsteiger zeigt. Auf dem Tisch steht ein schwarzglänzendes Telefon. Viv nimmt ab, ich drücke den Lautsprecherknopf.
»Was soll das?« fragt sie, als das Freizeichen ertönt.
»Falls du Hilfe brauchst...«
»Ich schaffe das schon«, schießt sie zurück. Es ärgert sie, daß ich sie kontrollieren will. Sie drückt auf den Lautsprecherknopf, und das Freizeichen verstummt.
Ich nehme es ihr nicht übel. Selbst wenn sie verdrängt, daß ich sie in diesen Schlamassel hineingeritten habe, was unwahrscheinlich ist, ist das hier ihre Show. Es sind die einzigen beiden Anrufe, die sie machen kann.
Sie tippt die Nummer ein, und ich höre das Klingeln in der Hörmuschel. Eine weibliche Stimme meldet sich.
»Hi, Adrienne, ich bin's, Viv.« Sie bemüht sich, ihre Stimme aufgeregt klingen zu lassen. Die Show hat angefangen. »Nein ... Ja ... Na, wirklich? Das hat sie gesagt?« Viv spielt wirklich gut mit. »Deshalb rufe ich an«, erklärt sie. »Nein, hör einfach zu ...«
Die Frau am anderen Ende ist Adrienne Kaye, eine von Vivs zwei Zimmergenossinnen aus dem Schlafsaal der Pagen. Wie mir Viv auf der Fahrt erzählt hat, müssen sich die Pagen jeden Abend, wenn sie Feierabend machen, auf der Aufenthaltsliste abmelden, auf der alle geführt werden. Das System ist einfach und funktioniert sehr gut. Doch letzte Woche hatte Adrienne die Idee, das Ausgehverbot zu umgehen und mit einigen Assistenten aus Indiana zu feiern. Sie kam nur deshalb damit durch, weil Viv ihren Namen ausgetragen und den Aufsehern erzählt hat, Adrienne wäre noch auf der Toilette. Jetzt fordert Viv ihren Gefallen ein.
Dreißig Sekunden später ist es geschafft. »Großartig ... Ja. Sag ihnen einfach, daß es mal wieder diese Zeit im Monat ist. Das wird sie beschwichtigen«, sagt Viv und hebt den Daumen. Adrienne ist dabei. »Nein ... es ist niemand, den du kennst«, fügt sie hinzu und schaut in meine Richtung. Sie lächelt nicht.
»Jason? Nie im Leben!« Viv lacht. »Bist du übergeschnappt? Es interessiert mich nicht, ob er süß ist. Von mir aus kann er sich mit der Zunge die Nase kraulen ...«
Sie unterhält sich genau so lange, daß es glaubwürdig wirkt. »Cool. Und noch mal danke, Adrienne.« Endlich legt sie auf.
»Gut gemacht«, sage ich. Sie bleibt am Schreibtisch stehen und wählt die nächste Nummer.
Sie nickt, sichtlich ein bißchen stolz. Die Verfolgungsjagd mit Janos hat sie eingeschüchtert, und sie
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