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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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Rückschlägen hatte ich den Ausdruck, der sich jetzt auf Vivs Gesicht zeigt. Ihr Blick verrät es mir. Wann auch immer es passiert, Idealismus stirbt nie leicht.
    »Das reicht ... ich steige aus«, verkündet sie, schiebt mich zur Seite und stürmt an mir vorbei.
    »Wohin willst du?«
    »Ich trage die Post von irgendwelchen Senatoren aus, plaudere mit Freunden und überprüfe unsere Besorgungsliste für Senatoren mit Haarausfall und schlaffen Hintern. Davon gibt es mehr, als du glaubst.«
    »Viv, warte!« Ich haste hinter ihr her. Als ich ihr die Hand auf die Schulter lege, versucht sie sich loszureißen. Ich halte sie fest, aber im Unterschied zu vorhin kann es sie nicht aufhalten.
    »Laß mich los!« Sie schlägt meine Hand beiseite. Sie ist kein kleines Mädchen. Ich vergesse immer wieder, wie stark sie ist.
    »Viv, sei nicht dumm ...!« rufe ich, während sie durch die Ausstellung stürmt.
    »Das war ich bereits. Meine Quote für diesen Monat ist erfüllt!«
    »Warte doch ...!«
    Sie wartet nicht. Statt dessen marschiert sie durch die Hauptausstellung an einem Pärchen vorbei, das versucht, sein Foto vor Archie Bunkers Stuhl aufzunehmen.
    »Viv, bitte ...!« Ich laufe hinter ihr her. »Das kannst du nicht machen!«
    Bei diesem Ultimatum bleibt sie wie angewurzelt stehen. »Was hast du gesagt?«
    »Du hörst mir nicht zu ...«
    »Sag du mir nie wieder, was ich machen soll.«
    »Aber ich ...«
    »Hast du nicht gehört?« Sie hebt drohend den Finger.
    »Viv, sie werden dich umbringen.«
    Sie erstarrt mitten in der Bewegung. »Was?«
    »Sie bringen dich um. Sie brechen dir das Genick und lassen es wie einen Unfall aussehen. Wie bei Matthew.« Sie hört schweigend zu, während ich rede. »Du weißt, daß ich recht habe. Janos weiß, wer du bist ... Du hast ihn erlebt. Ihm ist es gleich, ob du siebzehn oder siebzig bist. Glaubst du, er läßt dich einfach laufen und sieht zu, wie du Senatoren Wasser bringst?«
    Sie will antworten, bringt aber kein Wort über die Lippen. Ihre Hände zittern, und sie zupft nervös an ihrem Ausweis. »Ich muß telefonieren«, erklärt sie nachdrücklich und geht hastig zu dem öffentlichen Fernsprecher in der Eisdiele. Ich bleibe einen Schritt hinter ihr. Sie würde es nie zugeben, doch ich erkenne es daran, wie sie ihren Ausweis umklammert. Sie braucht ihre Mom.
    »Viv, ruf sie nicht an ...«
    »Es geht hier nicht um dich, Harris.«
    Sie glaubt, ich hätte nur Angst um mich selbst. Da irrt sie sich. Die Schuldgefühle setzen mir zu, seit ich sie um diesen kleinen Gefallen gebeten habe. Schon da habe ich befürchtet, daß es so weit kommen könnte.
    »Ich wünschte, ich könnte es ungeschehen machen, wirklich«, sage ich. »Wenn du nicht vorsichtig bist...«
    »Ich war vorsichtig! Schon vergessen? Nicht ich bin für diesen Schlamassel verantwortlich!«
    »Bitte, hör mir eine Minute zu«, bitte ich sie, als sie weitergeht. »Janos nimmt vermutlich gerade dein Leben unter die Lupe.«
    »Und wenn nicht? Hast du schon mal daran gedacht?«
    Sie ist zu aufgewühlt. Es bricht mir fast das Herz, doch nur so kann ich sie schützen. Als sie in die Eisdiele stürmen will, blockiere ich ihren Weg. »Viv, mit diesem Anrufbringst du deine ganze Familie in Gefahr.«
    »Das weißt du doch gar nicht!«
    »Nein? Du bist unter dreißig Pagen das einzige schwarze Mädchen. Deinen Namen findet er in zwei Sekunden heraus. Davon lebt er. Du haßt mich und hast auch allen Grund dazu, aber hör mir bitte zu. Wenn du da reingehst und deine Eltern anrufst, sind das zwei Leute mehr, die Janos beseitigen muß, um diese Angelegenheit wieder in den Griff zu bekommen.«
    Viv hebt die Schultern und richtet sich zu ihrer vollen Größe auf. Die Tränen in ihren Augen verraten ihr wahres Alter. Man kann leicht vergessen, wie jung sie noch ist.
    Ich sehe unser Spiegelbild in dem Glas einer Ausstellungsvitrine, ich in meinem schwarzen Anzug, Viv in ihrem blauen. Professionell und effektiv. Viv folgt meinem Blick und starrt auf das Krümelmonster in der Vitrine, dessen leere schwarzweiße Augen unheimlich zurückstarren.
    »Es tut mir leid, Viv«, sage ich wieder.
    »Ich ... ich habe dir doch nur einen Gefallen getan.« Ihre Stimme klingt brüchig.
    »Ich hätte dich nicht darum bitten sollen, Viv. Ich habe niemals erwartet...«
    »Meine Mom ... wenn sie ....« Sie unterbricht sich und versucht, nicht daran zu denken. »Was ist mit meiner Tante in Philly? Vielleicht kann sie ...«
    »Bring deine Familie nicht in

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