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Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Titel: Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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Superhirn gewesen, aber ich weiß, dass es Hitler war. Hinter allem stand Hitler. Ich dokumentierte jeden Schritt seines Weges für den Beobachter . Ich sah, wie er mit dem Flugzeug von Stadt zu Stadt reiste, sich an einem Tag überall im Land sehen ließ und die Bevölkerung davon überzeugte, dass er ein Übermensch war, fähig, überall zur gleichen Zeit zu sein. Ich bewunderte seine Furchtlosigkeit, als er bewusst Zusammenkünfte mitten in von Kommunisten kontrollierten Wohnvierteln organisierte und seinen Sturmtruppen befahl, die Bolschewisten auf den Straßen zu bekämpfen. Ich sah, wie er meinen Rat ausschlug und 1932 gegen Hindenburg antrat. Er erhielt nur siebenunddreißig Prozent der Stimmen, aber er zeigte mir, dass es richtig gewesen war, sich aufstellen zu lassen: Er wusste, dass niemand Hindenburg hätte schlagen können, aber die Wahl machte seinen Namen überall bekannt. Ein paar Monate später stimmte er einer Koalition einer Hitler/Papen-Regierung zu und war bald Kanzler. Ich verfolgte jeden einzelnen politischen Schritt und weiß immer noch nicht, wie er das angestellt hat.
    Und der Reichstagsbrand. Ich erinnere mich, wie er um fünf Uhr früh mit wildem Blick in meinem Büro erschien: »Wo sind alle?«, brüllte und verlangte, in großer Aufmachung davon zu berichten, dass die Kommunisten den Reichstag in Brand gesetzt hätten. Ich glaube noch immer nicht, dass die Kommunisten etwas mit dem Brand zu tun hatten, aber egal – er nutzte den Brand als Geniestreich, um die Kommunistische Partei zu verbieten und selbst die absolute Macht zu ergreifen. Er erhielt nie die Stimmenmehrheit, nie mehr als achtunddreißig Prozent, und trotzdem hat er es geschafft – er ist der absolute Herrscher. Wie hat er das angestellt? Ich weiß es immer noch nicht!
    Alfred wurde in seinen Tagträumen gestört, als es an der Tür klopfte und Dr. Gebhardt, gefolgt von Friedrich Pfister, eintrat. »Ich habe eine Überraschung für Sie, Reichsleiter Rosenberg. Ich bringe Ihnen einen alten Freund, der sich bei der Behandlung Ihres Zustandes vielleicht als nützlich erweisen könnte. Ich lasse Sie beide nun allein, damit Sie sich ungestört unterhalten können.«
    Alfred starrte Friedrich lange an und sagte dann: »Du hast mich verraten. Du hast deinen Geheimhaltungsschwur gebrochen. Woher sonst hätte er wissen können, dass du und ich …«
    Friedrich fuhr augenblicklich auf dem Absatz herum und verließ das Zimmer wortlos und ohne Alfred eines Blickes zu würdigen.
    In Panik warf sich Alfred auf das Bett zurück, schloss die Augen und bemühte sich, seine Atmung zu kontrollieren.
    Ein paar Minuten später kam Friedrich mit Dr. Gebhardt zurück, der sagte: »Dr. Pfister bat mich, Ihnen zu sagen, wie ich dazu kam, ihn auszuwählen. Erinnern Sie sich nicht mehr an unsere Unterhaltung vor drei oder vier Wochen, Herr Reichsleiter Rosenberg, in der ich Sie gefragt habe, ob Sie sich jemals einem Menschen voll und ganz anvertraut hätten? Darauf antworteten Sie mir wörtlich: ›Einem Freund aus Estland, der hier lebt, Dr. Friedrich Pfister!‹«
    Alfred wiegte den Kopf hin und her. »Ich erinnere mich vage an unser Gespräch, weiß aber nicht mehr, ob ich seinen Namen genannt habe.«
    »Doch, das haben Sie. Woher sonst hätte ich es wissen sollen? Oder woher hätte ich wissen können, dass er in Deutschland lebt? Letzte Woche, als Ihre Depression sich verschlimmerte und Sie nicht mehr mit mir sprechen wollten, beschloss ich, Ihren Freund ausfindig zu machen, da ich vermutete, dass ein Besuch vielleicht heilsam sein könnte. Als ich erfuhr, dass er bei der Wehrmacht ist, bat ich den Führer, ihn in die Hohenlychen-Klinik überstellen zu lassen.«
    »Macht es Ihnen etwas aus«, fragte Friedrich, »Herrn Reichsleiter Rosenberg meine Antwort wiederzugeben?«
    »Sie sagten nur, dass Sie ihn aus Estland kannten, als Sie dort aufwuchsen.«
    »Und …«, drängte Friedrich.
    »Sonst war eigentlich nichts mehr … außer, dass es Ihnen leid täte, Ihre vielen Patienten im Stich lassen zu müssen, die von Ihnen abhängig seien, aber dass nichts wichtiger sei, als den Befehlen des Führers zu gehorchen.«
    »Darf ich mich kurz mit Herrn Reichsleiter Rosenberg allein unterhalten, bevor Sie gleich die Station verlassen?«
    »Natürlich. Ich werde im Schwesternzimmer auf Sie warten.«
    Als die Tür ins Schloss fiel, sagte Friedrich: »Sonst noch Fragen, Herr Reichsleiter Rosenberg?«
    »Alfred bitte, Friedrich. Ich bin Alfred. Nenne mich

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