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Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Titel: Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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Plans war, und Hunderte, vielleicht Tausende von Juden folgten seinem Beispiel und traten ebenfalls zum Islam über.«
    »Und wie ging es dann mit Ihnen und Rabbi Aboab weiter?«
    »Ich konnte nicht mehr an mich halten und drängte meine Gemeinde in aller Öffentlichkeit, sich wieder zu besinnen, aufzuhören, ihre Häuser und Besitztümer zu verkaufen, und mindestens ein Jahr mit ihrer Emigration ins Heilige Land zu warten. Rabbi Aboab war außer sich. Er hat mich nun suspendiert und droht mir mit einem Cherem .«
    »C herem? Cherem? Franco, ich muss eine Beobachtung nach Art von Franco loswerden – das habe ich immerhin von Ihnen gelernt.«
    »Und welche?« Franco sah Bento interessiert an.
    »Ihre Worte und Ihre Melodie passen nicht zusammen.«
    »Meine Worte und meine Melodie?«
    »Sie beschreiben so ungeheuerliche Vorfälle – dass Rabbi Aboab Sie in aller Öffentlichkeit tadelte, Ihnen seine Zuneigung entzog, Beobachter auf Sie ansetzte, Ihre Freiheit beschränkte und nun mit einem Cherem droht. Aber in Ihrem Gesicht erkenne ich keine Verzweiflung, in Ihren Worten keine Furcht. Tatsächlich kommen Sie mir – ja, wie eigentlich vor? Fast beschwingt. Woher nehmen Sie diese Unbeschwertheit?«
    »Sie haben richtig beobachtet, Bento. Obwohl: Hätten wir vor einem Monat miteinander gesprochen, wäre ich wohl nicht so unbeschwert gewesen. Aber erst kürzlich kam mir eine Lösung in den Sinn. Ich bin entschlossen zu emigrieren! Mindestens fünfundzwanzig jüdische Familien, die an meine Art glauben, ein jüdisches Leben zu führen, werden in drei Wochen mit mir aufbrechen und in die Neue Welt auf die holländische Insel Curaçao segeln. Dort werden wir unsere eigene Synagoge errichten und unser eigenes religiöses Leben führen. Gestern besuchte ich zwei Familien in Den Haag, die vor zwei Jahren Rabbi Aboabs Gemeinde verließen, und sie werden uns höchstwahrscheinlich begleiten. Heute Abend hoffe ich, zwei weitere Familien dafür zu gewinnen.«
    »Curaçao? Das ist ja eine halbe Welt entfernt!«
    »Glauben Sie mir, Bento, auch wenn ich voller Hoffnung bin, was unsere Zukunft in der Neuen Welt angeht, so schmerzt es mich gleichzeitig sehr, wenn ich daran denke, Sie vielleicht niemals wiederzusehen. Gestern auf der Fahrt mit der Trekschuit gab ich mich Tagträumen hin, und das nicht zum ersten Mal, dass Sie uns in der Neuen Welt besuchen kämen und sich dann vielleicht entschlössen, als unser Weiser und Gelehrter bei uns zu bleiben. Aber ich weiß, dass das nur ein Traum ist. Sie husten, und Ihre allgemeine Verfassung sagt mir, dass Sie die Reise nicht antreten können, und Ihre Zufriedenheit mit Ihrem Leben sagt mir, dass Sie sie nicht antreten werden.«
    Bento stand auf und wanderte im Zimmer herum. »Ich bin zu betrübt, um stillsitzen zu können. Auch wenn wir uns gezwungenermaßen nur selten treffen, so ist Ihre Anwesenheit in meinem Leben doch essenziell. Der Gedanke an einen Abschied für immer erschüttert mich so sehr, es ist ein solcher Verlust für mich, dass ich keine Worte finde, darüber zu sprechen. Und gleichzeitig ergeben sich aus meiner Zuneigung zu Ihnen andere Gedanken. Die Gefahren! Wie werden Sie leben? Gibt es nicht schon Juden und eine Synagoge in Curaçao? Wie werden sie Sie aufnehmen?«
    »Die Juden haben seit jeher mit der Gefahr gelebt. Wir wurden schon immer unterdrückt – wenn nicht von Christen oder Muslimen, dann von unseren eigenen Ältesten. Amsterdam ist der einzige Ort in der Alten Welt, der uns einen gewissen Grad an Freiheit bietet, aber viele sehen das Ende dieser Freiheit nahen. Eine Vielzahl von Feinden gewinnt an Stärke: Der Krieg mit den Engländern ist vorüber, aber höchstwahrscheinlich nur für kurze Zeit. Ludwig der Vierzehnte bedroht uns, und unsere eigene liberale Regierung wird den holländischen Oraniern, die eine Monarchie gründen wollen, nicht mehr lange widerstehen können. Teilen Sie diese Sorgen denn nicht auch, Bento?«
    »Ja! Sogar so sehr, dass ich meine Arbeit an der Ethik unterbrochen habe und nun ein Buch über meine theologischen und politischen Ansichten schreibe. Religiöse Autoritäten haben einen Einfluss auf die regierenden Instanzen und mischen sich inzwischen so sehr in die Politik ein, dass ihnen Einhalt geboten werden muss. Wir müssen zusehen, dass Religion und Politik getrennt bleiben.«
    »Erzählen Sie mir mehr von Ihrem neuen Projekt, Bento.«
    »Vieles davon ist ein altes Projekt. Erinnern Sie sich an die biblische Kritik, die ich

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