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Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Titel: Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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lehrten, würden sie uns nur Unsinn lehren, weil wir Frauen deren Komplexität niemals begreifen könnten.«
    »In diesem einen Fall stimme ich dem Rabbiner zu. Glauben Sie tatsächlich, dass Frauen und Männer die gleiche Intelligenz besitzen?«
    »Fragen Sie meinen Gatten. Er steht direkt neben Ihnen. Fragen Sie ihn, ob ich nicht genauso schnell lerne und genauso umfassend verstehe wie er.«
    Bento deutete mit dem Kinn zu Franco, der lächelte und sagte: »Sie spricht die Wahrheit, Bento. Sie lernt und versteht genauso schnell, vielleicht sogar noch schneller als ich. Und Sie kennen noch eine Frau wie sie. Denken Sie an die junge Frau, die Sie in Latein unterrichtete und die Sie selbst als Wunderkind bezeichnet haben. Sarah glaubt sogar, dass Frauen auch zu den Minjan gezählt und aufgerufen werden sollten, um von der Bima zu lesen, und dass sie sogar Rabbiner werden sollten.«
    »Von der Bima lesen? Rabbiner werden? Das ist nicht zu fassen! Wenn Frauen in der Lage wären, die Macht zu teilen, könnten wir uns in der Geschichte umsehen und viele solcher Beispiele finden. Aber es sind keine zu finden, keine Beispiele, dass Frauen auf Augenhöhe mit Männern regiert hätten, und keine Beispiele, dass Frauen über Männer regiert hätten. Wir können daraus nur schließen, dass Frauen eine inhärente Schwäche besitzen.«
    Franco schüttelte den Kopf. »Sarah würde sagen – und da muss ich ihr zustimmen –, dass Ihr Beweis überhaupt kein Beweis ist. Der Grund, dass es keine Teilung der Macht gibt, liegt …«
    Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihre Diskussion, und die Haushälterin trat mit einem Tablett ein, das mit Essen beladen war. »Herr Spinoza, darf ich auftragen?«
    Bento nickte, und sie begann, Geschirr mit dampfenden Speisen auf Bentos Tisch zu stellen. Er wandte sich an Franco. »Sie fragt, ob wir Lust auf einen Imbiss haben. Wir können hier im Zimmer essen.«
    Franco sah Bento verblüfft an und antwortete auf Portugiesisch: »Bento, wie können Sie auch nur im Entferntesten auf die Idee kommen, dass ich diese Speisen mit Ihnen teile? Haben Sie schon vergessen? Ich bin Rabbiner!«

32
    BERLIN/NIEDERLANDE, 1939–1945
    »Er ist »Beinahe-Rosenberg«. Beinahe hätte es bei Rosenberg zum Gelehrten, zum Journalisten, zum Politiker gereicht, aber eben nur beinahe.«
    Joseph Goebbels
    »Warum beweint die Welt mit Krokodilstränen das hundertfach verdiente Schicksal einer kleinen Minderheit? … Ich frage Roosevelt, ich frage das amerikanische Volk: … Seid ihr bereit, diese Brunnenvergifter der deutschen und der christlichen Weltseele bei Euch aufzunehmen? Wir würden jedem einzelnen ein Freibillett und einen Tausendmarkschein als Taschengeld mitgeben, wenn wir sie los werden könnten.«
    Adolf Hitler
    Auch wenn Alfred danach nie mehr unter kräfteraubenden Depressionen litt, fühlte er sich in seiner Haut dennoch niemals wohl, und sein Selbstwertgefühl schlug sein restliches Leben lang ständig Kapriolen: Entweder blies er sich auf, oder er war leergepumpt, je nach seiner subjektiv wahrgenommenen Nähe zu Hitler.
    Hitler war ihm nie zugetan, aber in der Überzeugung, dass Alfreds Fähigkeiten der Partei nützlich seien, bürdete er ihm immer neue Zuständigkeiten auf. Diese Aufgaben musste er zusätzlich zu seiner Haupttätigkeit als Herausgeber der Parteizeitung bewältigen. Der Völkische Beobachter , das Kampfblatt der NSDAP , florierte unter Alfreds Leitung: 1940 hatte das Blatt bereits eine Auflage von mehr als einer Million. Persönlich bevorzugte Hitler allerdings die vulgären, antisemitischen Karikaturen in Streichers Der Stürmer , aber der Völkische Beobachter war die offizielle Parteizeitung, und Hitler oder sein Stellvertreter Rudolf Hess versäumten es nie, sich täglich seiner Lektüre zu widmen.
    Alfred unterhielt eine freundschaftliche Beziehung zu Hess und hatte durch ihn Zugang zu Hitler. Aber das endete am zehnten Mai 1941 abrupt, als Hess nach einem ausgiebigen, gemütlichen Frühstück mit Rosenberg zum Flughafen fuhr und aus Gründen, die unter den Historikern noch immer Verwirrung stiften, mit einer Messerschmitt BF100 nach Schottland flog und dort mit dem Fallschirm absprang, nur um augenblicklich von den Briten gefangengenommen zu werden und den Rest seines Lebens im Gefängnis zu verbringen. Martin Bormann übernahm den Stellvertreterposten von Hess und wurde, wie Alfred es ausdrückte, zum »Alleinherrscher im Vorzimmer«. Mit sehr wenigen Ausnahmen gewährte Bormann nur dem

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