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Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Titel: Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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Aber unerklärlicherweise kam ihm Einsteins Aussage noch Tage danach immer wieder in den Sinn. War das vielleicht eine Möglichkeit, das Spinoza-Problem zu lösen? Vielleicht waren die »eigenen« Gedanken Spinozas ja gar nicht so eigen gewesen? Vielleicht lag der wahre Ursprung seiner Gedanken irgendwo in den 151 Büchern seiner persönlichen Bibliothek?
    Der ERR , Alfreds plündernder Einsatzstab, war im Februar 1941 bereit, in den Niederlanden zur Tat zu schreiten. Alfred flog nach Amsterdam und nahm an einer Mitarbeiterversammlung teil, die von Werner Schwier organisiert worden war, dem deutschen Funktionär, der für die Liquidation des Freimaurertums und ähnlicher Organisationen in den Niederlanden verantwortlich zeichnete. Die Nationalsozialisten hassten die Freimaurer, egal, ob deren Mitglieder Juden oder Nichtjuden waren. Hitler behauptete in Mein Kampf , dass die Freimaurerei sich von den Juden habe einwickeln lassen und eine der Haupttriebkräfte dafür gewesen sei, dass Deutschland den Ersten Weltkrieg verloren hatte. Anwesend bei der Mitarbeiterversammlung war Schwiers Belegschaft, bestehend aus einem Dutzend »Bezirksliquidatoren«, die alle für ihr eigenes Gebiet zuständig waren. Vor der Versammlung hatte Schwier Alfreds Zustimmung zu den Anweisungen eingeholt, die er an die Liquidatoren verteilen wollte. Alle Gegenstände mit freimaurerischen Emblemen sollten vernichtet werden: Gläser, Büsten, Malereien, Abzeichen, Schmuck, Schwerter, Ringe, Bleie, Kellen, Hämmer, siebenarmige Kandelaber und Sextanten. Alle Holzgegenstände mit nicht entfernbaren Emblemen mussten zerschlagen oder verbrannt werden. Alle freimaurerischen Lederschürzen sollten in vier Teile zerschnitten und konfisziert werden. Während er die Liste durchlas, überzog ein Lächeln Afreds Gesicht, und er nahm nur eine einzige Korrektur vor: Lederschürzen sollten vor der Konfiszierung in sechzehn Teile zerschnitten werden. Mit allem anderen war er einverstanden, und er lobte Schwier für seine Gründlichkeit.
    Dann warf er abermals einen Blick auf die Liste der zu konfiszierenden Objekte und fragte: »Herr Schwier, ich sehe, dass Sie das Spinoza-Haus in Rijnsburg auf der Liste haben. Warum?«
    »Die ganze Spinoza-Gesellschaft wimmelt von Freimaurern.«
    »Halten die Leute denn Freimaurertreffen im Spinoza-Haus ab?«
    »Meines Wissens nicht. Wir haben noch nicht herausgefunden, wo diese Treffen in Rijnsburg stattfinden.«
    »Ich autorisiere Sie mit der Verhaftung aller verdächtigen Freimaurer, aber überlassen Sie das Spinoza-Haus dem ERR . Ich werde dem Spinoza-Haus einen persönlichen Besuch abstatten und die Bibliothek konfiszieren. Falls ich dabei auf irgendwelches Material der Freimaurer stoße, werde ich es Ihnen übergeben.«
    »Sie persönlich , Herr Reichsleiter? Selbstverständlich. Brauchen Sie Hilfe? Ich würde mich glücklich schätzen, ein paar meiner Männer für Sie abzustellen.«
    »Vielen Dank, nein. Meine Männer vom ERR stehen bereit, und wir sind auf alles vorbereitet.«
    »Dürfte ich mir die Frage erlauben, Herr Reichsleiter, weshalb dieses Objekt so wichtig ist, dass Sie persönlich sich darum kümmern?«
    »Spinozas Bibliothek und sein Werk im Allgemeinen dürften für die Hohe Schule von Wichtigkeit sein. Seine Bibliothek erfordert meinen persönlichen Einsatz. Es könnte möglicherweise im Museum einer ausgestorbenen Rasse ausgestellt werden, das der Führer ins Leben rufen will.«
    Zwei Tage später trafen Rosenberg und sein persönlicher Assistent, Oberbereichsleiter Schimmer, mit einer Luxus-Mercedes-Limousine, gefolgt von einer weiteren Limousine und einem Kleinlastwagen mit ERR -Mitarbeitern und leeren Kisten, in Rijnsburg ein. Alfred stellte zwei Mitglieder der Truppe für die Bewachung des Hauses des Museumswärters ab, das an das Museum angrenzte, und zwei weitere Soldaten für die Verhaftung des Vorsitzenden der Spinoza-Gesellschaft, der eine Straße weiter wohnte. Die Tür zum Museum war versperrt, aber in kurzer Zeit wurde Gerard Egmond, der Museumswärter, aufgetrieben, der die Tür aufsperrte und öffnete. Alfred schlenderte durch den Vorraum zum Bücherschrank. Er fand ihn nicht so vor, wie er ihn in Erinnerung hatte – viel spärlicher gefüllt. Schweigend zählte er die Bücher. Achtundsechzig.
    »Wo sind die übrigen Bücher?«, verlangte Alfred zu wissen.
    Erschrocken und ängstlich zuckte der Museumswärter die Schultern.
    »Die übrigen dreiundachtzig Bücher«, präzisierte Alfred und

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