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Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Titel: Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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Geburtstag:
    »Heil, mein Führer:
    In dem Wunsche, Ihnen, mein Führer, zu Ihrem Geburtstage eine Freude zu bereiten, gestatte ich mir, Ihnen eine Mappe mit Fotos einiger der wertvollsten Bilder zu überreichen, die mein Einsatzstab im Vollzuge Ihres Befehls in den besetzten westlichen Gebieten aus herrenlosem jüdischen Kunstbesitz sichergestellt hat. Diese Bildermappe stellt eine Ergänzung zu den aus dieser Aktion Ihrer Sammlung bereits seinerzeit zugeführten 53 wertvollsten Kunstwerken dar …
    Ich bitte Sie, mein Führer, mir bei meinem nächsten Vortrag Gelegenheit zu geben, Ihnen über den gesamten Umfang und den Stand dieser Kunsterfassungsaktion mündlich Bericht erstatten zu dürfen. Ich bitte Sie, als Grundlage dieses späteren mündlichen Berichts einen kurzen schriftlichen Zwischenbericht über Verlauf und Umfang der Kunsterfassungsaktion sowie drei Bände des vorläufigen Bilderkatalogs, der auch erst einen Teil der zu Ihrer Verfügung stehenden Sammlung umfaßt, entgegenzunehmen … Ich werde mir erlauben, bei dem erbetenen Vortrag weitere 20 Bildermappen Ihnen, mein Führer, zu übergeben in der Hoffnung, daß durch diese kurze Beschäftigung mit den schönen Dingen der Ihnen so am Herzen liegenden Kunst ein Strahl von Schönheit und Freude in die Schwere und Größe Ihres gegenwärtigen Lebens fallen möge.«
    1940 informierte Hitler die gesamte NSDAP formell von der Gründung des ERR -Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg, dessen Mission es war, alle europäischen Kunstwerke und Bücher im Eigentum von Juden für das Reich zu konfiszieren. Rosenberg fand sich am Kopf einer riesigen Organisation, die gemeinsam mit dem Militär in besetztes Gebiet einfiel, um »herrenloses« jüdisches Eigentum, das Deutschland für wertvoll erachtete, sicherzustellen und zu konfiszieren.
    Alfred war begeistert. Das war seine dankbarste Aufgabe. Wenn er zusammen mit seinen Leuten vom ERR über die Straßen Prags und Warschaus stolzierte, sinnierte er: Macht! Endlich Macht! Die Entscheidung über Leben und Tod von jüdischen Bibliotheken und Galerien in ganz Europa zu besitzen. Und auch ein Druckmittel gegen Göring zu haben, der plötzlich so nett zu mir ist. Seine gierigen Hände greifen überall in Europa nach erbeuteten Kunstwerken. Aber nun komme ich an erster Stelle. Ich kann Kunstwerke für den Führer zuerst auswählen, bevor Göring sie mir für seine eigene Sammlung wegschnappen kann. Was für eine Habgier! Göring hätte man schon vor langer Zeit beseitigen sollen. Warum duldet der Führer einen solchen Verrat an arischer Tradition und Ideologie?
    Die Beschlagnahme der jüdischen Bibliotheken in Polen und der Tschechoslowakei steigerte auch Alfreds Verlangen nach dem größten Schatz von allen – der Bibliothek im Museum von Rijnsburg. Mit festem Blick auf Spinozas Bibliothek schrieb Alfred eifrig Schlagzeile um triumphierende Schlagzeile über die Fortschritte der Nazis an der Westfront. »Nichts kann unseren Blitzkrieg aufhalten«, tönte der Völkische Beobachter . Ein Land nach dem anderen beugte sich Hitlers Übermacht, und schon bald waren die Niederlande an der Reihe. Obwohl dieses kleine Land im Ersten Weltkrieg neutral geblieben war und sich für den neuen Krieg das Gleiche erhoffte, hatte Hitler andere Pläne. Am zehnten Mai 1940 fielen die Nazitruppen mit voller Wucht in die Niederlande ein. Vier Tage später legte die Luftwaffe einen Bombenteppich über die Industriestadt Rotterdam und zerstörte eine ganze Quadratmeile in der Innenstadt, und am folgenden Tag kapitulierten die holländischen Streitkräfte. Alfred jubilierte, als er die Schlagzeilen und den Artikel über den fünftägigen Krieg gegen die Niederlande für die Titelseite des Völkischen Beobachters vorbereitete und einen Leitartikel über die Unbesiegbarkeit des Blitzkrieges der Nationalsozialisten verfasste. Alfreds Verhalten verblüffte seine Mitarbeiter – nie zuvor hatten sie ihn so übers ganze Gesicht grinsen sehen. War das tatsächlich Alfred Rosenberg, der im Büro Champagnerflaschen entkorkte, Gläser für alle vollschenkte und lautstark Trinksprüche ausbrachte, zuerst auf den Führer und dann zum Gedenken Dietrich Eckarts?
    Ein paar Wochen zuvor war Alfred durch Zufall über ein Zitat von Alfred Einstein gestolpert: »Das Geheimnis der Kreativität ist es, seine Quellen zu verstecken zu wissen.« Zuerst schnaubte er – »dreiste Verlogenheit, typisch jüdische Heuchelei« – und kümmerte sich nicht weiter darum.

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