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Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Titel: Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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zwei unterschiedliche Reaktionen. Und die Erklärung für dieses sonderbare Phänomen?«, fragte Bento.
    Jacob beeilte sich mit einer Antwort. »Die Angelegenheit ist nicht so interessant, und die Erklärung liegt auf der Hand. Anders als Franco, der keine jüdische Erziehung genossen hat, bin ich mit den jüdischen Traditionen und der hebräischen Sprache bestens vertraut und …«
    »Gestatten Sie mir, Sie zu unterbrechen«, sagte Bento. »Aber Ihre Erklärung bedarf schon im Ansatz einer Erklärung. Kein Kind, das in Portugal in einer Familie von Marranen aufwuchs, ist mit Hebräisch oder mit jüdischen Ritualen vertraut. Das galt auch für meinen Vater, der erst Hebräisch lernte, nachdem er Portugal verlassen hatte. Er erzählte mir, dass in seiner Kindheit in Portugal gegen jede Familie, die ihre Kinder in der hebräischen Sprache oder in den jüdischen Traditionen unterrichtet hätte, exemplarische Strafen verhängt wurden. Hörte ich übrigens nicht erst gestern von einem geliebten Vater«, und damit wandte Spinoza sich an Franco, »der sterben musste, weil die Inquisition eine vergrabene Thora fand?«
    Franco, der sich nervös mit den Fingern durch die langen Haare fuhr, sagte nichts, nickte aber kaum merklich.
    Bento wandte sich wieder Jacob zu und fuhr fort: »Deshalb meine Frage, Jacob: Woher haben Sie Ihre Kenntnisse des Hebräischen?«
    »Vor drei Generationen konvertierte meine Familie zum neuchristlichen Glauben«, beeilte Jacob sich zu sagen, »doch sie blieben Kryptojuden und fest entschlossen, den Glauben am Leben zu erhalten. Als Jugendlicher von elf Jahren wurde ich von meinem Vater nach Rotterdam geschickt, wo ich in seinem Handelsunternehmen arbeitete, und die folgenden acht Jahre verbrachte ich jeden Abend damit, mit meinem Onkel, einem Rabbiner, Hebräisch zu studieren. Er bereitete mich auf die Bar Mitzwa in der Rotterdamer Synagoge vor und setzte anschließend meine jüdische Erziehung bis zu seinem Tode fort. Die letzten zwölf Jahre lebte ich hauptsächlich in Rotterdam und kehrte kürzlich nur deshalb nach Portugal zurück, um Franco zu retten.«
    »Und Sie«, Bento wandte sich Franco zu, dessen Blick auf den schlecht gefegten Fußboden des Spinoza-Ladens geheftet war, »Sie können kein Hebräisch?«
    Aber Jacob antwortete an seiner Stelle: »Natürlich nicht. Wie Sie selbst gerade sagten, ist Hebräisch in Portugal nicht erlaubt. Wir alle lernen die Heilige Schrift auf Latein zu lesen.«
    »Sie können also kein Hebräisch, Franco?«
    Abermals schaltete Jacob sich ein: »In Portugal wagt es niemand, Hebräisch zu unterrichten. Er müsste nicht nur selbst mit seiner sofortigen Hinrichtung rechnen, sondern die Häscher würden auch auf seine ganze Familie Jagd machen. Während wir hier sitzen und miteinander sprechen, halten sich Francos Mutter und zwei seiner Schwestern in einem Versteck auf.«
    »Franco …«, Bento beugte sich vor und sah ihm direkt in die Augen, »Jacob antwortet immer an Ihrer Stelle. Warum wollen Sie nicht selbst antworten?«
    »Er versucht nur, mir zu helfen«, flüsterte Franco.
    »Und Ihnen ist geholfen, wenn Sie selbst schweigen?«
    »Ich bin zu aufgewühlt, um meinen Worten trauen zu können«, sagte Franco lauter. »Jacob sagt die Wahrheit. Meine Familie ist in Gefahr, und wie er sagt, habe ich abgesehen vom aleph, bet, gimmel , das er mich lehrte, keine jüdische Ausbildung genossen. Er schrieb die Buchstaben immer in den Sand. Und selbst diese musste er anschließend mit den Füßen sorgfältig verwischen.«
    Bento drehte seinen Körper vollends zu Franco und damit bewusst von Jacob fort: »Sind Sie auch der Ansicht, dass der Gottesdienst Sie aufgewühlt hat, während Jacob sich danach erfrischt fühlte?«
    Franco nickte.
    »Und Sie waren weswegen aufgewühlt?«
    »Wegen Zweifeln und Gefühlen.« Franco warf einen verstohlenen Blick zu Jacob. »So starke Gefühle, dass ich Angst habe, sie zu beschreiben. Nicht einmal Ihnen gegenüber.«
    »Vertrauen Sie darauf, dass ich Ihre Gefühle verstehe und nicht beurteilen werde.«
    Franco senkte den Kopf. Er zitterte.
    »Was für eine Furcht«, bemerkte Bento und fuhr dann fort: »Ich will versuchen, Sie zu beruhigen. Zunächst wollen wir überlegen, ob Ihre Angst vernünftig ist.«
    Franco verzog das Gesicht und sah Spinoza verwirrt an.
    »Wir wollen feststellen, ob Ihre Angst begründet ist. Betrachten Sie diese beiden Fakten: Erstens stelle ich keine Bedrohung dar. Ich gebe Ihnen mein Versprechen, Ihre Worte

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