Das stählerne Geheimnis
seinen Personalakten kein Abbruch zu geschehen brauchte.
Die Kiste kam freilich durch die Verurteilung von Collins nicht wieder zutage, und Dr. Wegener war auch nicht mehr in der Lage, seinem Freund Waterford eine zweite Probe des merkwürdigen Gesteins zu senden, denn der Stollen in der Tiefenschicht, in dem es vorkam, war nicht mehr zugänglich. Schritt für Schritt hatte man in dem gleichen Maße, in dem die Rohrleitung von unten nach oben hin fertig wurde, alles übrige aus dem Schacht wieder ausgebaut. Verschwunden waren die sechs Förderanlagen und lagen wohlverpackt in einem Frachtschiff. Herausgenommen hatte man auch die Tore der beiden Schleusen, durch welche der ganze Schacht bisher in drei Abschnitte unterteilt war. Zusammenhängend stand eine Luftsäule von fünfzehn Kilometer Länge in dem Schacht, und das hatte zur Folge, daß auf seinem Grunde ein Luftdruck von annähernd fünf Atmosphären herrschte.
Als ein glattes, endloses Riesenrohr von zwei Meilen Länge stellte Roddingtons Schacht sich jetzt dar, in dem ein zweites, dünneres Rohr nach unten lief, das mit vielen Abzweigungen in den Stollen der Tiefenschicht endete. In der Nacht wurde, wie Roddington es zu MacLane sagte, die Montage dieser zweiten Leitung fertig. Als die Sonne des neuen Tages heraufkam, schwebte jenes Gußstück, über dessen Be-stimmung sich Price und Curtis bei ihrem Besuch in Trenton vergeblich den Kopf zerbrochen hatten, an den Haken vier starker Krane über dem Schachtmund. Langsam senkte es sich darauf nieder, bis Flansch auf Flansch lag, und das Finale in dieser Symphonie der Arbeit begann. Auf Loren fuhren die Werkleute die mächtigen Bolzen und Schraubenmuttern heran, um das kuppelförmige Gußstück mit dem Schachtmund zu verbinden. Bolzen um Bolzen senkte sich in die Flanschenlöcher, mit Maschinenkraft wurden die Schrauben angezogen. Als die Sirenen der Werkflotte die Mittagsstunde verkündeten, saß die letzte Schraube. Unverrückbar fest und gasdicht war das Verschlußstück mit dem Schacht verbunden, bereit, den mächtigen Druck aufzunehmen, der sich nach den Plänen Roddingtons und den Berechnungen Dr. Wegeners nun bald in ihm entwickeln sollte.
Vollendet war das Riesenwerk, an dem so viele Hundert Hände ein volles Jahr hindurch geschafft hatten. Nur wenige Stunden noch nahmen die Aufräumungsarbeiten in Anspruch. Die letzten Krane und Maschinen wurden auf die Werkflotte verfrachtet; die große Plattform, welche die Flugzeugträger verband, wurde abgebaut. Noch stand die Sonne über dem Westhorizont, als die Schachtkuppel einsam und verlassen aus der See ragte.
Reges Leben herrschte dagegen auf den Schiffen in den Quartieren der Werkleute und Ingenieure. Ausnahmslos waren sie dabei, das Arbeitsgewand des Alltages mit einer festlichen Kleidung zu vertauschen und sich für die Feier bereit zu machen, zu der Roddington alle auf die »Blue Star« geladen hatte. Ein fröhliches Bankett sollte dort den Abschluß des glücklich vollendeten Werkes bilden. An festlicher Tafel und bei vollem Becher wollte James Roddington seine Helfer nach so langen sauren Arbeitswochen um sich versammeln.
Wie ein roter Feuerball sank die Sonne an der Westkimme in die See, als die ersten Barkassen bei der »Blue Star« anlegten. Schnell folgten ihnen andere, und über das Fallreep empor strömte die Schar der geladenen Gäste und ergoß sich über das von Scheinwerfern hell erleuchtete Deck der Jacht. Lange hufeisenförmige Tafeln waren hier vorbereitet. In hundert Reflexen glänzten Gläser und Teller auf dem weißen Tischzeug, und bald hatte jeder seinen Platz gefunden.
Es kann nicht ganz ruhig zugehen, wo zweihundert Menschen beim Mahle zusammensitzen, aber merkwürdig still war es hier. Nur gedämpft klang die Unterhaltung auf, denn allzu viele wehmütige Gedanken mischten sich in die Freude dieses Festes. Zu Ende war für sie alle die Arbeit hier, die ihnen so lange nicht nur Brot, sondern einen reichen Lohn gegeben hatte. Wenige Tage nur noch, und sie würden sich wieder in alle Winde zerstreuen, würden sich irgendwo anders ihr Brot suchen müssen. Ein härteres, schwereres Brot jedenfalls, wenn sie überhaupt das Glück hatten, es zu finden. Der Gedanke an die Zukunft goß ihnen allen Wermut in den Wein, der rot oder golden in ihren Gläsern schimmerte.
Am Kopfende der mittleren Tafel saß Roddington, Dr. Wegener hatte den Platz an seiner Linken, Frank Dickinson den zur Rechten.
»Höre, James, die Leute machen alle
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