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Das stählerne Geheimnis

Titel: Das stählerne Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Gesichter, als ob sie von einem Begräbnis kämen«, sagte Dickinson, »warte mit deiner Mitteilung nicht bis zum Nachtisch. Sage ihnen gleich jetzt, was du zu sagen hast. Der Braten wird ihnen danach besser schmecken.«
    Roddington warf einen Blick über die langen Tafeln.
    »Du kannst recht haben, Frank«, erwiderte er, erhob sich und schlug an sein Glas.
    »Pst! Ruhe! Still! Der Chef will reden«, raunte es durch die Reihen, und alle Gesichter wandten sich ihm erwartungsvoll zu, als er zu sprechen begann.
    Mit einem Dank für geleistete Arbeit und bewährte Treue hub er seine Rede an. Die Größe der technischen Leistung, die unübertroffen, ja unerhört dastehe, malte er weiter aus, und Stolz begann sich in den Herzen der Zuhörer darüber zu regen, daß sie bei solchem Werk mittun durften.
    Aber größer und immer größer wurden die Augen, als Roddington auf den letzten Zweck des Unternehmens einging und seinen Zuhörern Dinge offenbarte, von denen sie bisher nichts gewußt, die sie kaum dunkel geahnt hatten. In höchster Spannung lauschten sie seinen Worten, begierig darauf, was jeder nächste Satz bringen könne. Und dann kam der Schluß, der allen die größte Überraschung brachte.
    »Das Werk ist noch nicht beendet. Die Werkflotte wird vorläufig nach Davao gehen. Sie alle bleiben dort zu den bisherigen Bedingungen in Ihren Stellungen, bis ich neue Anordnungen gebe …«
    Er konnte seine Rede nicht zu Ende bringen, brausende Hochrufe aus zweihundert Kehlen übertönten die letzten Worte. Im Augenblick war die volle Festesfreude da, kräftiger wurde dem Wein zugesprochen, lauter klang an allen Tafeln das Gespräch auf. Nur bisweilen wurde es unterbrochen, wenn irgendwo in den langen Reihen ein Ingenieur oder Werkmann sich mühsam Ruhe verschaffte, um seinerseits eine Rede zu halten und ein Hoch auf den Boß, auf James Roddington, auszubringen.
    Die Stunden verstrichen darüber. In der allgemeinen Fröhlichkeit fiel es kaum auf, daß Roddington und Dr. Wegener sich von der Tafel entfernten. In der Barkasse der »Blue Star« fuhren sie zu dem Schacht. Sie waren allein in dem Boot, das von Dr. Wegener gesteuert wurde. Von fern her drang der Lärm ihrer Gäste über die stille See, als die Barkasse den Schacht erreichte.
    Leise plätscherten die Wellen gegen den mächtigen Holzzylinder, der das stählerne Schachtrohr umschloß. Sie machten die Barkasse fest und mußten an einer steilen eisernen Stiege zwanzig Meter in die Höhe steigen, bevor sie die kleine Plattform erreichten, die der Zylinder oben bildete. Der Zugang war jetzt nicht mehr so mühelos wie vor einigen Stunden, als hier noch die Werkfiotte lag. Von einem Frachtschiff her schlug die zehnte Abendstunde, als sie neben die Stahlkuppel traten, die jetzt den Schacht abschloß. Eine Anzahl von Manometern war an ihr montiert. Auf Null standen die Zeiger der Druckmesser, noch herrschte in dem abgeschlossenen Schacht hier oben der gleiche Druck wie draußen. Ein großes Handrad befand sich an einer Seite der Stahlkuppel; durch ein Gestänge, das dreißig Meter in die Tiefe führte, war es mit einem Ventil verbunden.
    Als der zehnte Schlag der fernen Uhr verklang, griff Dr. Wegener mit einem fragenden Blick auf Roddington in die Speichen des Rades. In dem vollen Licht des Mondes sah er ein Lächeln auf Roddingtons Zügen.
    »Ich habe es Ihnen versprochen, Doktor Wegener«, sagte er. »Sie sollen der See den Weg in die Tiefe öffnen, der Augenblick ist gekommen.«
    Unter den Händen des Doktors begann sich das Rad zu drehen, weiter und immer weiter, bis das Ventil zehn Meter unter dem Meeresspiegel voll offen stand.
    »Der Weg ist frei«, sagte der Doktor und trat von dem Rade zurück. Eine Weile lauschten sie beide und lauschten vergebens. Nichts Besonderes war zu vernehmen, nur das leise Atmen des Weltmeeres und der ferne Festtrubel von der »Blue Star« drangen an ihr Ohr, kein Rauschen, kein Brausen verriet, daß der Ozean wie ein Sturzbach in den Schacht stürzte, daß Tausende von Litern in jeder Sekunde durch das Stahlrohr in die Tiefe strömten.
    Roddington blickte auf die Uhr und verfolgte den Gang des Minutenzeigers. »Jetzt könnte das Wasser den Schachtgrund erreicht haben, Doktor Wegener.«
    Während seine Worte durch die stille Nacht klangen, sah auch Dr. Wegener auf seine Uhr. Eine lange Pause des Schweigens danach, dann wieder die Stimme Roddingtons.
    »Jetzt strömt es wohl aus der Leitung in den Stollen … jetzt fließt es auf das

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