Das Steinbett
windig es draußen war, und fürchtete, daß es ein ungemütlicher Tag werden würde.
Sie deckte sich wieder zu, zog die Beine an. Der Traum, der sie so unsanft aus dem Schlaf gerissen hatte, hing wie Nebel in ihrem Bewußtsein. Vergeblich versuchte sie ein klares Bild zu bekommen. Sie erinnerte sich nur noch, daß es in ihrem Traum um Edvard gegangen war. Er war auf der Insel gewesen, aber in einer Umgebung, die sie nicht kannte. Es hatte dort Fischerhütten gegeben und Schilf. Edvard hatte im Schilf gestanden. Sie hatte ihn gerufen, aber seine ganze Aufmerksamkeit war auf das Meer gerichtet gewesen.
Es ärgerte sie, daß sie sich nicht genauer erinnern konnte. Wonach hatte Edvard Ausschau gehalten? Sie erinnerte sich nicht einmal mehr, was sie ihm zugerufen hatte, aber es war etwas Wichtiges gewesen.
Sie blieb im Bett liegen, und die Hand bewegte sich unwillkürlich zu ihrem Bauch. Sachte strich sie darüber, so als wolle sie sich oder das Kind, das in ihr wuchs, beruhigen. Der Wecker klingelte, und sie drückte ihn mit einer schnellen Bewegung aus.
Heute würden sie bei MedForsk alles auf den Kopf stellen. Lindell war unsicher, ob dabei etwas herauskäme. Sie hatten einfach zu wenige Anhaltspunkte. Das einzige, was sie in der Hand hatten, waren ein paar vage, unbestätigte Informationen von einem Tierschützer, zu allem Überfluß auch noch aus zweiter Hand. Das Dokument, auf das Mård sich berufen hatte, war aller Wahrscheinlichkeit nach vernichtet worden. Welchen Stellenwert hatte es? Vor Gericht würde es keinen Pfifferling wert sein, soviel stand fest. Aber als Ausgangspunkt für die Vernehmung der Angestellten von Med Forsk? Sie überlegte.
Einer, der auf jeden Fall Kenntnis davon haben mußte, war Mortensen. Sie sollte sich gemeinsam mit Berglund, der ihn verhören würde, eine Taktik zurechtlegen.
Sie quälte sich aus dem Bett und stellte sich unter die Dusche. Während sie sich einseifte, überlegte sie, ob sich die Wahrnehmung des Körpers durch die Schwangerschaft veränderte. Sie hatte eine ordentliche Figur, war zufrieden mit ihren Brüsten, Hüften und Po waren nicht zu kräftig, aber sie war auch nicht dürr. Edvard hatte sie auf seine unbeholfene Art wissen lassen, wie schön er sie fand. Anfangs hatte sie Probleme damit, dies zuzulassen, aber sie war froh, ja glücklich gewesen, als ihr bewußt wurde, wie liebevoll er sie betrachtete. Mit seinen Händen und seinem Mund hatte er dafür gesorgt, daß sie sich ihrer selbst bewußt wurde.
In Edvards Gegenwart und unter seinen zärtlichen Berührungen hatte sie sich nie wie eine Frau gefühlt, die langsam in die Jahre kam. Im Gegenteil, sie war gereift und hatte begonnen, sich selbst zu entdecken und sich und ihr Aussehen, so wie es war, zu schätzen.
Die Angestellten, die ohne Vorwarnung ihre Arbeitsplätze hatten verlassen müssen, trafen frustriert im Präsidium ein. Staatsanwalt Fritzén war mit den Polizisten bei MedForsk gewesen, so etwas hatte Lindell noch nie zuvor erlebt. Er hatte zwar nicht eingegriffen, aber seine bloße Gegenwart hatte unterstrichen, welche Bedeutung er dem Einsatz zumaß.
Einige Mitarbeiter, unter anderem Jack Mortensen, hatten protestiert, aber die Polizei hatte ihre Beschwerden ignoriert. Als schließlich alle im Pausenraum des Unternehmens versammelt waren, hatten Berglund und Haver geduldig erläutert, warum sie sich gezwungen sahen, so entschieden aufzutreten.
»Es geht um Mord«, hatte Berglund mit Grabesstimme erklärt.
Einer der Wissenschaftler wollte etwas sagen, aber der Kriminalpolizist schnitt ihm sofort das Wort ab.
»Mord«, hatte er wiederholt und den Forscher damit völlig aus dem Konzept gebracht.
Jack Mortensen starrte Lindell an, als sie das Zimmer betrat, in dem er und Berglund saßen. Der Kollege hatte die Vernehmung gerade begonnen, und Lindell blieb eine Weile an der Tür stehen, ehe sie weiterging.
Im nächsten Zimmer saß Beatrice Teresia Wall gegenüber. Lindell grüßte sie mit einem Kopfnicken. Walls Bauch war seit ihrer letzten Begegnung weiter gewachsen. Die Frau schien auffallend nervös zu sein. Lindell blieb ein paar Minuten im Raum. Sie hörte sich an, wie Beatrice ihre besten Seiten hervorkehrte, um der Frau etwas von ihrer Nervosität zu nehmen.
»Ist das Ihr erstes Kind?« fragte Beatrice.
Die Frau nickte.
»Ist das nicht ganz schön anstrengend, in der Sommerhitze schwanger zu sein?«
»Ach, das ist halb so wild«, erwiderte Teresia vorsichtig, so als falle es
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