Das Steinbett
mit einem hoffnungslos überladenen Tablett aus dem Haus, auf dem Tassen, Untertassen und eine Kaffeekanne aus Porzellan standen, wie Lindell erstaunt notierte, außerdem zwei gefaltete Servietten, ein Teller mit Scones und ein Glas Marmelade.
»Ich habe mir überlegt, daß Sie vielleicht hungrig sind.«
Die Scones waren goldbraun und noch warm.
»Das ist Kornelkirschenmarmelade. Die bekomme ich von meinem Bruder in Dänemark.«
»Sie stammen aus Dänemark?«
»Ja, aber ich wohne seit meinem zehnten Lebensjahr in Schweden. Meine Eltern haben sich getrennt, und ich bin mit meiner Mutter nach Schweden gezogen. Sie ist Schwedin.«
Die Marmelade war wirklich lecker. Am liebsten hätte Lindell sämtliche Scones auf dem Teller verspeist.
»Haben Sie etwas über Sven-Erik in Erfahrung bringen können?« fragte der Geschäftsführer, und seine honigsüße Stimme, mit der er die Unterhaltung begonnen hatte, war nun einem etwas geschäftsmäßigeren Ton gewichen.
»Nein, leider nicht. Wir versuchen zur Zeit, uns einen Überblick über seinen Bekanntenkreis zu verschaffen«, antwortete Lindell und fragte sich, was sie mit diesen Worten eigentlich meinte.
»Bekanntenkreis?« sagte Mortensen »Ich glaube nicht, daß er einen besonders großen Bekanntenkreis hat. Sven-Erik ist in vieler Hinsicht ein Einzelgänger. Abgesehen vom Golfplatz vielleicht. Dort gibt es eine Liebe, die auf Gegenseitigkeit beruht. Die Grüns werden ganz besonders samtgrün, wenn Sven-Erik das Eisen schwingt. Die Golfbälle fliegen immer genau dahin, wo er sie hinhaben will. Er hat mit anderen Worten ein niedriges Handicap.«
Warum dieser ironische Ton? Lindell fiel es schwer, sich in Mortensens gedrechselten Formulierungen zurechtzufinden.
»Spielen Sie auch Golf?«
»Nein, dafür habe ich meine Angestellten«, erwiderte Mortensen mit einem schiefen Lächeln. »Um ehrlich zu sein, ich habe es einmal versucht, aber es ist nichts für mich.«
»Und was ist dann etwas für Sie?«
Der Mann lächelte. Kann er nicht endlich aufhören zu lächeln, dachte Lindell.
»Mein Hobby ist der Garten«, sagte er und machte eine Geste in Richtung Pflanzenpracht. Lindells Blick folgte seinem Arm, und sie nickte.
»Außerdem sammele ich Textilien. Mutter ist die treibende Kraft, aber wir haben uns in dieser Neigung getroffen.«
»Textilien?«
Falls Mortensen den leicht spöttischen Unterton in Lindells Frage wahrgenommen hatte, ließ er es sich zumindest nicht anmerken.
»Vor allem aus Südamerika und Südostasien.«
Davon verstand Lindell nichts, aber sie versuchte ein interessiertes Gesicht zu machen.
»Was meinen Sie, wo könnte Cederén sich aufhalten?« fragte sie nach einer kurzen Pause.
»Weiß der Himmel.«
»Im Ausland vielleicht?«
»Das kann ich mir kaum vorstellen. Wohin sollte er fahren?«
»Vielleicht in die Dominikanische Republik?«
Mortensen griff nach seiner Kaffeetasse, nippte und setzte die Tasse langsam wieder ab. Er schaute Lindell flüchtig an, ehe er antwortete.
»Sie haben also erfahren, daß Sven-Erik ein Stück karibisches Paradies erworben hat. Ehrlich gesagt, verstehe ich auch nicht, warum er das getan hat.«
»Haben Sie ihn darauf angesprochen?«
»Ja, wir haben die Frage diskutiert, und er konnte keine befriedigende Antwort geben.«
»Golf vielleicht?«
Mortensen legte den Kopf schief, als wolle er sagen: Warum soll jemand so dumm sein, Land zum Golfspielen zu kaufen?
»Die Sache ist mir ein Rätsel«, meinte er. »Nehmen Sie doch noch eins von den Scones.«
Lindell folgte seiner Aufforderung. Die kristallisierte Süße der Marmelade erinnerte sie an den Stachelbeerkuchen ihrer Mutter. Ein schwacher Windhauch trug den Duft von Jelängerjelieber und vielleicht auch falschem Jasmin zu ihr herüber.
»Er hat mit dem Geld der Firma bezahlt«, stellte sie fest.
»Und genau das bereitet mir Kummer.«
»Haben Sie ihn nach dem Grund dafür gefragt?«
»Er hat mir gesagt, daß auf seinem Konto nicht genug Geld gewesen sei, er die Summe aber unverzüglich überweisen werde.«
»Und, hat er das getan?«
»Nein«, antwortete der Geschäftsführer knapp.
»Besorgt?«
»Natürlich. Sven-Erik ist ein erfolgreicher Wissenschaftler und außerdem seit vielen Jahren mein Freund. Wir haben das Unternehmen gemeinsam gegründet, aber in der letzten Zeit scheint er ein wenig den Boden unter den Füßen verloren zu haben. Seinen Landkauf habe ich als ein Zeichen dafür gesehen.«
»Glauben Sie, daß er seine Familie
Weitere Kostenlose Bücher