Das Steinbett
bestimmt mit seiner gezeichneten Ehefrau immer noch hier.
Hinter den Fassaden der millionenschweren Häuser ereigneten sich mit Sicherheit auch noch andere Dinge, von denen die Kriminalpolizei nie etwas erfuhr. Lindell begutachtete die Häuser, als sie langsam durch die Straßen fuhr. Schöne Gärten mit Fliederbüschen an den Grundstücksecken, Ligusterhecken, Tannen oder Rosen, teuren Steinplatten, Buchsbaum und Rhododendron in den schattigen Partien.
Hinter diesen Hecken und den schmiedeeisernen oder hölzernen Zäunen lebte die Oberschicht, zum einen die traditionelle, Adlige oder alteingesessene Akademikerfamilien, aber immer öfter auch die neue, die sich aus erfolgreichen Geschäftsleuten aus der Computerbranche und der Pharmaindustrie oder Unternehmensberatern rekrutierte, dazu noch Ärzte, Juristen und Piloten. Kurz und gut, Leute mit Geld. Die Freunde der Polizei, die mit ihren Wahlzetteln Ruhe und Ordnung, mehr Polizisten und ein härteres Vorgehen gegen Kriminelle forderten. Gemeinsam war ihnen allen, daß sie über die hohen Steuern jammerten, obwohl zwei oder drei Autos in den Garagenauffahrten parkten, und es waren wahrlich keine Schrottlauben, die den Kåbovägen, die Rudbecksgatan und den Götavägen befuhren.
In diesen Straßen herrschte wochentags ein reges Treiben von Handwerkern aller Art. Es wurde abgerissen, um- und angebaut. Bagger hoben Gartenteiche aus, Container wurden mit ausrangierten Kücheneinrichtungen gefüllt, während Kleintransporter mit neuem Baumaterial im Rückwärtsgang heranfuhren, Landschaftsgärtner ausschachteten und Mauersteine. Kalksteine, Pflastersteine, Steinmehl und Muttererde herbeischafften. Die Frauen, die man hier zu Gesicht bekam, waren entweder Putzfrauen oder solche, die Vorhänge aufhängten und mit der Dame des Hauses Einrichtungsdetails diskutierten.
Natürlich gab es auch Ausnahmen, Leute, die schon lange in diesem Viertel wohnten und für wenig Geld an eine verfallene Bruchbude gekommen waren, damals, vor dem Boom in den neunziger Jahren, als die Steuern gesenkt wurden und die Immobilienpreise in die Höhe schossen. Ihre Häuser veränderten sich langsamer, und die Eigentümer renovierten sie selber.
Ist es schön, hier zu wohnen, überlegte Lindell, als sie im Schneckentempo den Villavägen hinauffuhr. Zwei Frauen packten gerade ihr Putzzeug in einen Mazda. Die arbeiten bestimmt schwarz, dachte Lindell. Sie hatte von polnischen Putzfrauen gehört, die wie Wanderpokale von einem stattlichen Haus zum nächsten gereicht wurden.
Es ist schon schön hier, aber ich würde mich keine Sekunde wohl fühlen, dachte sie und hielt Ausschau nach der gesuchten Straße. Sie mußte noch um ein paar Straßenecken biegen, ehe Jack Mortensens Villa vor ihr auftauchte.
Das Haus war in einer seltsamen Mischung aus Jugendstil und Funktionalismus erbaut worden. Häßlich, urteilte Lindell, die richtige Spukschlösser mit Holzverzierungen, Winkeln und Ecken vorzog. Ein nicht sonderlich schicker Volvo stand in der Einfahrt. Lindell parkte auf der Straße.
Das erste, was ihr auffiel, war der prachtvolle Garten. Ein schmaler Weg, der von der kiesbedeckten Auffahrt zum Haus hinaufführte, wurde von Rosen gesäumt, die noch nicht in voller Blüte standen, aber zahlreiche Knospen hatten. Ein regelrechtes Pflanzenmeer umgab eine Terrasse, über der sich eine Pergola, die man mit Vitriol bestrichen hatte, damit sie ein altertümliches Aussehen annahm, fast etwas bedrohlich über der Vegetation des Gartens erhob. Aber der erste Eindruck täuschte, denn sie diente verschiedenen Kletterpflanzen als Stützgerüst, unter anderem Jelängerjelieber, das dem Besucher seine wohlduftenden Blütenbüschel entgegenreckte. Die steinerne Treppe am Haupteingang des Hauses war von immergrünen Nadelbäumen eingerahmt, die wie Gardisten in dichten Reihen standen. Vor der Haustür, auf einem Absatz aus schwarzem Schiefer, so groß wie Lindells Schlafzimmer, standen Terrakottakübel mit Sommerblumen, die noch nicht in ihrer vollen Pracht erblüht waren. Dennoch war der Anblick überwältigend. Lindell blieb stehen.
»Schön, nicht wahr?« hörte sie eine Stimme von oben.
Jack Mortensen, der Geschäftsführer von MedForsk, lehnte sich über ein schmiedeeisernes Geländer, das den Balkon umschloß.
»Sehr schön«, erwiderte Lindell. »Sie müssen Jack Mortensen sein.«
»Ich bin sofort bei Ihnen. Nehmen Sie doch bitte im Garten Platz«, sagte er. »Ich habe Kaffee aufgesetzt.«
Mortensen trat
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