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Das Steinbett

Das Steinbett

Titel: Das Steinbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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leider die Zeit nicht. Ich muß gleich weg. Vielleicht schauen Sie ja noch einmal vorbei? Ich könnte mir denken, daß die präkolumbianischen Stücke Ihnen gefallen werden. Es sind wunderschöne Arbeiten, die jahrhundertelang bewahrt worden sind. Ich könnte meine Mutter bitten, dann auch vorbeizukommen. Wenn sie jemanden hat, der ihr zuhört, kann sie stundenlange Vorträge halten.«
    »Mal sehen.«
    »Machen Sie das ruhig. Ich habe auch noch mehr von der Marmelade.«
    Mortensen lächelte, und jetzt wirkte sein Lächeln herzlicher. Lindell war drauf und dran, ihm über die Wange zu streicheln. Seine Einsamkeit war so offensichtlich.
    »Ich melde mich bei Ihnen, wenn mir noch etwas einfällt. Habe ich Ihre Telefonnummer?«
    Lindell gab ihm ihre Karte und ergänzte sie um ihre Privatnummer. Er studierte sie.
    »Sind Sie nicht etwas jung, um die Ermittlungen in einem Mordfall zu leiten?« fragte er, als ließe sich der Karte entnehmen, wie alt sie war.
    »Sie leiten doch auch eine Art Ermittlungen, und wir sind ungefähr gleichaltrig.«
    Er sah sie an.
    »Schön, daß Sie vorbeigeschaut haben«, sagte er, und das klang so absurd und dabei so nett, daß es Lindell schwerfiel, ernst zu bleiben.
    Lindell wußte, daß er ihr nachsah, als sie den Gartenweg hinunter- und an seinem Auto vorbeiging, anschließend um den massiven Torpfosten aus Granit bog und auf die Straße trat.
    Ihr Gesicht bekam Farbe, und sie spürte, daß der Sommer jetzt richtig begonnen hatte. Das stimmte sie jedoch nicht fröhlicher, sondern machte ihr vielmehr Sorgen. Zum ersten Mal seit Jahren hatte sie keine konkreten Pläne für die Urlaubswochen.
    Letztes Jahr war sie mit Edvard in Dänemark gewesen, wo sie durch Fünen und Jütland gefahren waren, manchmal ihr Zelt aufgeschlagen und dann wieder in einem der kleinen Wirtshäuser am Wege übernachtet hatten. Sie hatten gebadet, Ausstellungen besucht und gegessen, und Lindell hatte in den zwei Wochen drei Kilo zugenommen. Nichts hatte sie beunruhigt, das Handy blieb die meiste Zeit abgestellt; sie hatte nur ein paarmal daheim in Ödeshög angerufen, und auch Edvard war für seine Verhältnisse ungewöhnlich entspannt gewesen. Sie erinnerte sich an sein Lachen und seine verspielte Laune, wenn sie sich platschend in die kalten Wellen der Nordsee warfen. Glück, lautete das Wort, das ihr in den Sinn kam, als sie die Autoschlüssel herausholte.
    Was aber sollte sie diesen Sommer unternehmen? Ihre Eltern besuchen, soviel stand fest, aber sie konnte natürlich nicht vier Wochen in Ödeshög bleiben, höchstens drei oder vier Tage. Ihr fiel auf, daß niemand sie danach gefragt hatte, was sie in diesem Sommer vorhabe.
    Als sie sich ans Steuer setzte, war sie bedrückt. Die Begegnung mit Jack Mortensen hatte etwas in ihr geweckt, das sie um alles in der Welt nicht hochkommen lassen wollte, vor allem nicht während der Arbeitszeit. Abends, am Küchentisch und vor dem Fernseher, oder wenn sie zu Bett ging, konnte sie damit umgehen. Dann konnte sie es mit einem Glas Wein lindern oder sich mit aller Kraft dazu zwingen, die Arbeit des nächsten Tages zu planen, um den Gedanken daran zu verdrängen. Mortensen war der Inbegriff eines einsamen Menschen gewesen. Er hatte seinen Garten, seine erfolgreiche Firma, seine Textilsammlung und seine Mutter, aber seine Einsamkeit ließ sich dennoch nicht vertuschen. Er war davon durchdrungen. Das hatte sie am Gartentisch gespürt.
    Sie glaubte, daß er sie anrufen würde, davon war sie beinahe überzeugt, und wußte nicht recht, was sie bei dem Gedanken empfinden sollte. Zwei einsame Seelen, die völlig in ihrer Arbeit versanken, was sollten sie einander zu sagen haben? Oder irrte sie sich, und er hatte nur für den Fall nach ihrer Telefonnummer gefragt, daß ihm tatsächlich noch etwas von Interesse einfiel? Warum hatte sie ihm bloß ihre Privatnummer gegeben?
    Sie sah passabel aus, das wußte sie, die Männer sahen sich nach ihr um. Mortensen hatte einen prüfenden Blick auf ihre linke Hand geworfen, um festzustellen, ob sie einen Ring trug. Das war völlig normal, sie machte es genauso, dennoch ärgerte es sie jetzt. Was bildete er sich eigentlich ein?
    Sie drehte den Zündschlüssel und war für einen Moment fest davon überzeugt, daß der Wagen nicht anspringen würde.

9
    Gabriella Mark wußte fast alles über Pilze, jedenfalls über die Pilze, die ihren Gemüsegarten attackierten, trotzdem zögerte sie. Der Pilzbefall, den sie entdeckt hatte, würde irreparable Folgen

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