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Das Steinbett

Das Steinbett

Titel: Das Steinbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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waren Birgittas Stimme und ihr Blick. Sie las vom Blatt ab, nicht vom Teleprompter – das allein war schon seltsam. Zwar hatten alle Nachrichtensprecher lose Blätter vor sich auf dem Tisch liegen, von denen sie angeblich ablasen, doch das geschah vor allem, um etwas Leben in den Nachrichtenblock zu bringen.
    Als dann die nächsten Sätze kamen, lief es ihm eiskalt über den Rücken. Was zum Teufel ist nur los mir ihr, dachte er und stand auf. Er sah sich in den Redaktionsräumen um: er war der letzte. Möglich, daß jemand aus der Marketingabteilung noch arbeitete, aber sie verfolgten die Sendung in der Regel nicht so genau. War sie verrückt geworden?
     
    Als sie das Kommuniqué verlesen hatte, starrte Birgitta Nilsson hilflos in die Kamera. Sie hörte, wie Anders schreiend Anweisung gab, ein Pausenbild zu senden. Der Kameramann sank zu Boden.
    Der Anführer hatte während der letzten Minuten mit jemandem telefoniert, der die Sendung verfolgte. Er beendete das Gespräch und lachte plötzlich.
    Warum bleiben sie? dachte Anders Moss. Begreifen sie denn nicht, daß die Bullen bald hiersein werden?
    »Das habt ihr gut gemacht. Danke für die Hilfe.«
    Wie auf Kommando verließen die Tierschützer die Regie wieder. Im gleichen Moment stürzte Calle Friesman die Wendeltreppe in einem solchen Tempo herunter, daß er einem der maskierten Männer geradewegs in die Arme lief.
    »Was, zum Teufel, treibt ihr hier?« schrie der Journalist.
    Er bekam einen Schlag an den Kopf, taumelte gegen das Geländer und fiel nach hinten. Der Schmerz im Rücken, als er auf einer Treppenstufe aufschlug, war unbeschreiblich. Über ihm stand der Maskierte. Calle Friesman nahm dessen Mundgeruch wahr. Dann verschwanden die Besetzer so lautlos, wie sie zehn Minuten vorher eingedrungen waren.
    Aus dem Schneideraum hörte man die Politikerin schreien.
     
    Der Alarm wurde um 18:15 ausgelöst. Berglund und Haver hatten an diesem Abend Dienst. Haver saß in seinem Büro und bereitete ein Verhör für den nächsten Morgen vor. Olsson in der Telefonzentrale stellte das Gespräch zu ihm durch, und Haver erfaßte sofort den Ernst der Lage. Es gab einen Einsatzplan für den Fall von Terroraktionen, und Haver bat Olsson, augenblicklich Ottosson und Wirén von der Sicherheitspolizei zu informieren.
    Er selber rief von seinem Handy aus Berglund an, während er die Treppe hinunterlief. Die Streifenwagen waren alarmiert, und Haver würde sie im Mannschaftswagen zur Redaktion von TV4 im südlichen Industriegebiet begleiten.
    Als er im Wagen saß, telefonierte er noch mit Ann Lindell. Er hatte gehört, daß es irgendwie auch um MedForsk ging, und war sicher, daß Lindell unter diesen Umständen dabeisein wollte.
    Die Polizei brauchte sechs Minuten, um zu TV4 zu gelangen. Das Personal des Senders hielt sich vor dem Regieraum und auf der Laderampe auf. Einige weinten. Calle Friesman lag noch auf der Treppe und konnte seine Beine nicht bewegen. Durch den Schmerz im Rücken war er für kurze Zeit ohnmächtig geworden, hatte aber mittlerweile das Bewußtsein wiedererlangt.
    Anna Brink beugte sich über ihn. »Bleib einfach still liegen«, sagte sie.
    Das Martinshorn des Krankenwagens war schon zu hören.
     
    Ola Haver blieb ein paar Sekunden bei dem gelähmten Journalisten stehen und sah, wie ihm der kalte Schweiß auf die Stirn trat. Der Mann war leichenblaß. Haver brachte kein Wort über die Lippen. Wenn es etwas gab, wovor er panische Angst hatte, dann davor, in einen solchen Zustand zu geraten.
    Berglund hob die Stimme, damit sich die Angestellten um ihn scharen sollten. »Hat jemand gesehen, wie sie von hier weg sind?«
    Alle starrten den schreienden Polizisten an.
    »Sie sind gelaufen«, antwortete Anna Brink. »Sie sind auf die Rampe gerannt, runtergesprungen und um die Ecke verschwunden.«
    »Sie haben kein Auto gesehen?«
    Sie schüttelte den Kopf. Im gleichen Moment traf der Krankenwagen ein, bremste scharf unterhalb der Rampe, und zwei Sanitäter sprangen heraus. Einen von ihnen kannte Haver von früher.
    »Er scheint gelähmt zu sein«, sagte er leise zu dem Rettungssanitäter.
    »Verdammt!« Der Mann sah seinen Kollegen an, und sie gingen hinein. Haver hoffte inständig, daß der Fernsehjournalist wieder gesund würde.
     
    Er rief Ottosson noch einmal an, der ihm mitteilte, daß das ganze Haus auf den Beinen war. Der Plan für das Vorgehen bei Terrorakten und Geiselnahmen war in Kraft gesetzt worden. Überall in der Stadt wurden an strategischen

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