Das Steinbett
Richtung.
»Das muß Södergrens altes Haus sein«, meinte Nilsson.
»Es ist umgebaut worden.«
Die Frau, die das Auto mit Sicherheit gehört hatte, wandte den Polizisten den Rücken zu. Sie trug einen grünen Laubkorb, der auf ihrer Hüfte ruhte. Haver hustete. Sie drehte sich um. Haver wußte sofort, daß sie das richtige Haus gefunden hatten.
»Guten Tag, mein Name ist Ola Haver von der Kriminalpolizei. Wir sind wegen des tragischen Vorfalls im Wald da hinten unterwegs«, sagte er und deutete vage die Richtung an.
»Sie haben vielleicht schon davon gehört.«
Die Frau setzte den Korb auf die Erde und rieb sich die Hände an den Hosenbeinen ab. Sie war blond, etwa fünfunddreißig Jahre alt. Sie nickte, verhielt sich zwar nicht direkt abweisend, aber doch reserviert.
»Sie jäten Unkraut«, stellte Nilsson fest und sah sich um.
»Haben Sie vielleicht etwas gesehen?«
»Was soll ich denn gesehen haben?« Sie sprach leise, und ihre Satzmelodie verriet, daß sie aus Südschweden stammte.
»Etwas Ungewöhnliches.«
»Er hat sich doch das Leben genommen.«
»Stimmt«, meinte Nilsson, »aber wir verstehen nicht ganz, warum. Sie haben bestimmt in der Zeitung davon gelesen. Wir mögen keine offenen Fragen.« Sein Ton war jovial, und als er an einem Beet mit keimenden Pflanzen in die Hocke ging, befürchtete Haver, daß er wieder über den Anbau von Gemüse reden würde.
»Vielleicht hat er sich ja doch nicht das Leben genommen«, sagte Nilsson und blickte von den Radieschen auf.
Sie verzog keine Miene, sah aber für einen Moment zur Wiese hinüber, als hätte sie dort etwas gehört.
»Ich weiß nichts«, sagte sie kurz angebunden und mit einem Nachdruck, der in der Regel jede Diskussion beendete.
»Schöne Platterbsen«, sagte Nilsson. »Haben Sie das Spalier selber geflochten?«
Jetzt lächelte sie zum ersten Mal.
»Das ist eine Salix«, sagte sie.
»Ich weiß. Meine Alte hat auch einen Garten.«
Haver mußte über den Kollegen grinsen. »Seine Alte«, Nilssons Frau, war knapp vierzig.
»Möglich, daß er sich gar nicht das Leben genommen hat«, wiederholte Haver.
»Sie meinen, daß ihn jemand umgebracht hat?«
Haver beantwortete ihre Frage nicht, sondern wandte sich an seinen Kollegen. »Was meinst du, sollen wir weiterfahren?«
»Darf man sich vielleicht ein Radieschen nehmen?« fragte Nilsson.
Die Frau nickte.
Als sie vom Grundstück zurücksetzten, verharrte die Frau immer noch in derselben Position, in der die beiden Polizisten sie an den Beeten verlassen hatten. Als sie fast schon aus ihrem Blickfeld verschwunden war, glaubte Haver zu sehen, daß sie eine Hand hob, so als wolle sie die Polizisten aufhalten oder ihnen zum Abschied zuwinken. Einen Moment lang überlegte er, Nilsson zu bitten, wieder zurückzufahren, aber ihm fiel etwas Besseres ein.
»Du glaubst, daß sie es ist?« fragte Nilsson.
»Yes«, erwiderte Haver, schlug seinen Notizblock auf und nahm das Handy. Er tippte eine Nummer ein. Vielleicht war sie noch im Geschäft. Die Öffnungszeiten waren heutzutage ja recht flexibel.
Der Geschäftsinhaber ging an den Apparat. Der Laden war geschlossen, und er war als einziger noch da. Doch, Ulrika Olsson, die Verkäuferin, mit der Haver gesprochen hatte, wohnte in der Nähe. Haver bekam ihre Telefonnummer.
»Weißt du, wo Karby liegt?« fragte er Nilsson, der ihm daraufhin einen amüsierten Blick zuwarf.
Ulrika Olsson fütterte gerade die Hühner, als sie ankamen.
»Sie sind ja schnell da«, sagte sie. »Ich dachte, Sie würden aus der Stadt anrufen.« Sie war gerne bereit, die beiden Polizisten zu dem Haus zu begleiten.
»Ich ziehe mich nur schnell um«, sagte sie und lief leichtfüßig davon.
»Nettes Mädchen«, meinte Nilsson, dessen Laune immer besser zu werden schien, je länger sie in Rasbo blieben.
Sie sprachen ab, daß die Verkäuferin im Wagen bleiben sollte, während Haver und Nilsson sich mit der Frau unterhalten würden. Sie hofften, daß sie sich noch im Freien aufhalten würde, so daß Ulrika Olsson einen Blick auf sie werfen konnte.
Havers Anspannung wurde immer größer, je näher sie dem Haus kamen. Nilsson plauderte weiter munter drauflos und versuchte herauszufinden, wie Ulrika Olsson mit einem anderen Olsson aus Rasbokil verwandt war. Haver drehte sich um; besorgt betrachtete er die kräftigen Baumstämme, die den schmalen Kiesweg säumten und möglicherweise die Sicht versperren könnten.
Die Frau hielt sich noch bei den Gemüsebeeten auf. Es war
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