Das Steinbett
Sprengstoff verfügen, auch wenn ich meine Zweifel am Inhalt der Tasche habe. Jedenfalls sind sie zu militantem Vorgehen bereit. Sammy, du wirst Kontakt zu Frisk halten. Wir wollen sehen, was die Sicherheitspolizei herausfindet. Wir lassen die sieben rund um die Uhr beschatten.« Wieder sah sie Ottosson an, der jedoch keine Regung zeigte. Sie deutete dies als Zustimmung, obwohl sie wußte, wieviel Personal nötig sein würde, um sieben Personen zu überwachen. »Wir leihen uns bei der Fahndung ein paar Leute aus. Wir überprüfen weitere Namen, auf denen Frisk mit Sicherheit noch hockt. Er tut wie immer sehr geheim, sieht aber sicher auch seine Chance, ein wenig zu glänzen.«
Lindell wollte die Besprechung schnellstmöglich zu Ende bringen und drückte die nötigen Beschlüsse durch. Sie sehnte sich danach, allein zu sein. Die anderen glaubten, ihr Verhalten sei ein Zeichen für Enthusiasmus und Entschlossenheit.
Nach einer Viertelstunde brachen sie auf und waren froh, daß sie die anfängliche Passivität überwunden hatten.
In ihrem Büro zwang sich Lindell zum Arbeiten. Sie rief den Staatsanwalt an und unterrichtete ihn von ihren Beschlüssen. Als Leiter des Ermittlungsverfahrens traf formal gesehen er die Entscheidungen, aber das war nie ein Problem gewesen. Ihre Zusammenarbeit verlief in der Regel reibungslos.
Der Staatsanwalt hatte kluge Augen und eine angenehme Stimme. Er überlegte sich stets gut, was er sagte, und schien ein ganzes Wörterbuch durchzugehen, ehe er schließlich ein Anliegen vortrug. Seine Langsamkeit brachte Lindell manchmal auf die Palme, aber gleichzeitig war sie froh über seine Sorgfalt und sein gutes Urteilsvermögen.
Auch diesmal waren sie einer Meinung, als sie das Gespräch beendeten. Lindell zog ihren Block, in dem sie mittlerweile mehr als die Hälfte der Seiten mit Aufzeichnungen und Notizen über MedForsk und Familie Cederén gefüllt hatte, näher zu sich heran. Sie blätterte noch einmal zurück und sah anhand der Fragezeichen, die sie stets riesengroß schrieb, die Punkte durch, die ihr entscheidend vorkamen.
Ihr Problem bestand im Moment darin, daß die alten Fragezeichen geblieben und neue hinzugekommen waren. Sie schlug den Notizblock wieder zu. Nichts darin brachte sie weiter. Danach las sie sich die Protokolle der gestrigen Verhöre durch.
Sie glaubte, in den Antworten der sieben Jugendlichen ganz verschiedene Menschen erkennen zu können. Einige hatten ganz offensichtlich Angst, und die Situation setzte ihnen zu, andere waren eher unbeeindruckt und selbstsicher. Es war schwer zu sagen, was dahintersteckte. Lindell versuchte zu entdecken, was sich hinter den Worten verbarg, fand aber nichts. Alle schienen ein passables Alibi zu haben. Beatrice, Wende und zwei weitere Beamte waren damit beschäftigt, die Angaben der jungen Leute zu überprüfen, aber es würde schon an ein Wunder grenzen, wenn dabei etwas Brauchbares herauskäme, vermutete Lindell.
Sie versuchte sich vorzustellen, was für ein Gefühl es war, nach einer Nacht in der Arrestzelle wieder freigelassen zu werden. Egal, ob sie in den Verhören abgebrüht oder ängstlich gewesen waren, sie würden alle triumphieren. Lindell konnte sich vorstellen, daß es in ihren Kreisen eine Auszeichnung war, verhört und in eine Zelle gesperrt worden zu sein.
Das Telefon klingelte. Edvard, dachte sie, und jenes Ziehen im Bauch, das sie während des Vormittags so erfolgreich verdrängt hatte, war wieder da.
»Ich bin es noch einmal«, hörte sie die Frau sagen.
Lindell schlug sofort den Notizblock wieder auf.
»Gut, daß Sie anrufen. Ich habe darüber nachgedacht, was Sie mir gesagt haben.«
»Glauben Sie mir?«
»Ich habe so wenige Anhaltspunkte. Sie müssen mir mehr erzählen.«
Lange Zeit blieb es still. Lindell konnte die Atemzüge der Frau hören. Außerdem hatte sie das Gefühl, im Hintergrund ein schwaches Rauschen zu hören. Es konnte Verkehrslärm sein oder auch eine Spülmaschine.
»Sven-Erik war mein Freund. Ich habe ihn sehr gut gekannt und weiß, daß er niemanden umbringen könnte.«
»Was macht Sie da so sicher?«
»Sein ganzes Wesen. Sven-Erik war ein weichherziger Mensch.«
Die Stimme der Frau klang jetzt anders.
»Er hat sich nicht umgebracht. Das weiß ich.«
»Aber woher wollen Sie das wissen?«
Lindell spürte, wie die Spannung stieg. Sie zog schnell und kraftvoll ein paar Striche in den Notizblock.
»Sven-Erik verabscheute Gin. Er hat nie welchen getrunken.«
»Was wollen Sie damit
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