Das Steinbett
sagen?«
»Er hat niemals Gin getrunken«, wiederholte die Frau, als wäre damit alles erklärt.
Dann erinnerte sich Lindell an die leere Flasche, die sie in dem Auto gefunden hatten. Cederén hatte fast zwei Promille Alkohol im Blut, als er starb.
»Woher wissen Sie, welche Sorte Alkohol im Auto war?«
»Das spielt keine Rolle.«
»Warum hat er nie Gin getrunken?«
»Er hat einmal welchen getrunken, als er fünfzehn oder sechzehn war. Er war zum ersten Mal richtig betrunken, und es ging ihm danach ziemlich schlecht. Ich glaube, sein Vater hat ihm auch noch eine Tracht Prügel verabreicht.«
Lindell dachte an Cederéns Vater, am Boden zerstört und kraftlos. Dieser Mann sollte seinen Sohn geschlagen haben?
»Danach hat er nie wieder einen Tropfen Gin angerührt.«
Lindell spürte, daß die Frau die Wahrheit sagte.
»Ich trinke gerne mal einen Gin-Tonic, konnte das aber nie, wenn Sven-Erik dabei war. Er haßte allein schon den Geruch.«
»Woher wissen Sie, daß wir eine Flasche Gin gefunden haben?« wiederholte Lindell.
»Ich weiß es. Das ist die Hauptsache.«
»Aber wie soll sich das Ganze dann abgespielt haben?«
»Offensichtlich hat man ihn zum Trinken gezwungen. Wenn er sich hätte betrinken wollen, hätte er sich für einen Maltwhisky entschieden.« Die Frau war gereizt. »Sie können jeden fragen, der Sven-Erik gekannt hat.«
»Vielleicht entschied er sich für Gin, um sich selber zu bestrafen?«
Die Frau ignorierte Lindells Frage, so als wäre sie eines Kommentars unwürdig.
»Ich kannte ihn, Sie nicht.«
»Wir müssen uns treffen«, sagte Lindell. »Nur Sie und ich«, fügte sie schnell hinzu. »Ich brauche Ihre Erinnerungen.«
Erneutes Schweigen. Die Atemzüge wurden schneller. Lindell suchte nach den richtigen Worten. Die Frau legte auf.
Ola Haver standen sieben Kollegen zur Seite, um den Teil von Rasbo zu durchforsten, für den sie sich entschieden hatten. Rasbo war eine Gemeinde, die sich durch nichts von anderen abhob. Ola Haver glaubte sich erinnern zu können, daß Strindberg sich einmal über das Kirchspiel ausgelassen und dabei Gift und Galle gespien hatte. Die Kirche lag ein Stück oberhalb der Landstraße, und Haver hatte sie nie gemocht. In diesem Punkt waren er und Strindberg sich einig. Sie leuchtete weiß und bäuerisch feist und war schon recht modern. Er vermutete, daß sie aus dem neunzehnten Jahrhundert stammte. Haver bevorzugte die niedrigen mittelalterlichen Kirchen aus Feldsteinen, die fast mit der Landschaft verschmolzen. Sie erschienen ihm anspruchsloser.
Ein Radius von zwei Kilometern um die Lichtung herum, auf der sie Cederén gefunden hatten, das bedeutete eine ganze Reihe von nicht asphaltierten Straßen und ungefähr hundert Häuser, von Bauernhöfen über moderne Einfamilienhäuser bis hin zu Sommerhäusern.
Frode Nilsson, den sie sich bei der Fahndung ausgeliehen hatten, stammte aus Rasbo und unterhielt Haver auf der Fahrt mit Anekdoten und mehr oder weniger wahren Histörchen. Haver blickte verstohlen zu ihm hinüber. Nilsson fuhr ruckartig, bremste oft und beschleunigte, um dann doch wieder abzubremsen. Haver wünschte sich, der Kollege würde weniger reden und dafür besser fahren.
Sie hatten gerade erst Jälla erreicht, als Nilsson auch schon begann, sich ausführlich über Rasbo auszulassen. Begeistert sprach er von den vielen schönen Stellen, an denen man Beeren pflücken und Pilze sammeln konnte.
»Aber die Kirche ist häßlich«, wandte Haver ein.
Frode Nilsson bremste schnell und heftig und ordnete sich hinter einem Müllauto ein.
»Daß der aber auch kein bißchen zur Seite fährt«, platzte Nilsson heraus und schwenkte nach links, um zu schauen, ob ihnen Fahrzeuge entgegenkamen.
»Hier gilt übrigens Tempo siebzig«, bemerkte Haver.
»Sicher, die Kirche ist vielleicht nichts Besonderes, aber es gibt so viel anderes.«
»Du solltest Botschafter von Rasbo werden.«
»Ich bin Mitglied im Heimatverein«, erläuterte Nilsson und begann ein gewagtes Überholmanöver. »Von Zeit zu Zeit geben wir eine kleine Schrift heraus, die Rasbostreiflichter. «
Haver nickte und fragte nach Stellen, an denen man Pilze sammeln konnte.
Wir sollten ständig jemanden haben, der über so eine Personen- und Ortskenntnis verfügt wie Frode, dachte er, während sie Vallby passierten und das Lebensmittelgeschäft, in dem seine große Hoffnung, die junge Verkäuferin, arbeitete. Er spähte in das Geschäft hinein, um eventuell einen Blick auf sie zu
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